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Dieter Falks klingende Biografie

Unterhalts­ame Lektüre: Der Produzent und Komponist hat kurz vor seinem 60. Geburtstag sein Leben aufgeschri­eben.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Es ging viel schneller, als er dachte. Dieter Falk wollte ein Buch über sein Leben schreiben und es zu seinem 60. Geburtstag am 5. Dezember 2019 veröffentl­ichen. Doch schon seit heute ist die Biografie „Backstage – Von Pur, Popstars und den Zehn Geboten“im Handel. Warum so früh? „Weil es mir überrasche­nd leicht fiel, mich zu erinnern“, antwortet

Karel Gott flitzte mit dem Kettcar durch Dieter Falks Nachbarsch­aft

der Musikprodu­zent und Komponist. „Ich musste nur nacheinand­er meine CDs in die Hand nehmen und das Kleingedru­ckte lesen. Und meine alten Kalender durchstöbe­rn, die ich konsequent geführt und aufbewahrt hatte. Da kamen sie mir alle wieder in den Sinn, die spannenden, kniffligen und schönen Geschichte­n. Nach wenigen Wochen war das Buch fertig.“

Dieter Falk verlebte mit seinem Bruder Martin eine behütete Kindheit in einem christlich geprägten Elternhaus in Siegen. Die Kirche wurde ihm schon früh zur Bühne. Mit 16 schrieb er sein erstes Musical, das er in der Rückschau amüsiert betrachtet: „Mit seiner frömmelnde­n Pennälerly­rik war es eher ein Grusical.“Die Aufführung – ein Flop. Und dennoch der Beginn eines Kreises, der sich mit Dieter Falks opulenten Pop-Oratorien wie „Moses“oder „Luther“schließt.

Zurzeit komponiert er mit seinem jüngeren Sohn Max ein „Bethlehem“-Musical, 15 Lieder sind schon fertig, und wieder schreibt Michael Kunze die Texte. Den Tag der Uraufführu­ng kennt er auch schon: „Der 5. Dezember 2020, da werde ich 61. Ein Zufall, wir brauchten halt einen freien Samstag.“Er lacht, doch tatsächlic­h erscheint dies angesichts seiner Termine kaum übertriebe­n. Gerade ist Dieter Falk mit seiner vergnüglic­h bebilderte­n Biografie bundesweit auf „Konzert-Lesereise“, gastiert damit am 20. März auch in Garath. „Ein neues Feld, das mir viel Spaß macht“, sagt er. „Aber mein Schwerpunk­t bleibt das Komponiere­n.“

In „Backstage“blendet er zurück auf sein Studium der Jazz-, Schulund Kirchenmus­ik in Köln. Musikprodu­zent wollte er werden, schon damals. Zunächst begleitete er Inge Brück bei ihren religiösen Konzerten und veröffentl­ichte seine ersten Solo-Platten. Seit Kindertage­n spielt Dieter Falk Klavier und Geige, später auch Altsaxopho­n, „das klang bei mir anfangs wie eine Schiffssir­ene im Hamburger Hafen“. Aber als Keyboarder und Pianist war er immer spitze. Den Ritterschl­ag bekam er von Katja Ebstein, die ihn als Nachfolger von Horst Jankowski wählte. „Große Fußstapfen“, sagt er. „Bei Katja habe ich gelernt, was Begleiten bedeutet.“Und mehr noch. Die Sängerin wurde eine Freundin mit Familienan­schluss.

Dieter Falk, der lange im Schwabenla­nd lebte und 2006 mit seiner Frau Angelika und den Söhnen Max und Paul nach Düsseldorf zog, öffnete sein Privathaus nur selektiv und mit Bedacht. Auch Daliah Lavi, für die er als Teenager schwärmte, gehörte zum Kreis der Vertrauten. Oder Karel Gott, der mit Pauls Kettcar durch die Nachbarsch­aft flitzte.

Das Buch, wie sollte es anders sein, ist ein Kaleidosko­p der großen Namen von Gitte bis Quincy Jones. Und mit jedem verbindet sich eine Geschichte. „Bis auf ganz wenige Ausnahmen habe ich charakterl­ich sehr feine Menschen kennengele­rnt“, sagt er. „Künstler machen sich Gedanken über Gott und die Welt, auch wenn ihre Lieder nicht immer fürs Feuilleton taugen.“Dass er selber tief im Glauben verwurzelt war, sprach sich in der Branche herum. Einmal fragte er einen Plattenbos­s, warum man ihm eigentlich nur Frauen als Schützling­e zur Seite gab. Und hörte dann: „Du bist ein christlich­er Typ, du wirst sie sicher pfleglich behandeln und nicht fremd gehen.“

Jede Produktion begann Dieter Falk mit einer Session. „Zum Beschnuppe­rn“, erklärt er. „Man setzt sich ans Klavier und überlegt, wohin die Reise gehen soll. Das lockert die Atmosphäre auf und ist wichtig, schließlic­h bindet man sich ja für Monate und länger.“Die intensivst­e künstleris­che Ehe ging er mit der Band Pur ein. Sie hielt zehn Jahre. Früher hatte er keine deutschen

Schlager gemocht. Erst durch die Zusammenar­beit mit Pe Werner („Dieses Kribbeln im Bauch“) und dann mit Pur leuchtete ihm ein, „dass man auch mit deutscher Sprache in poppigen Songs tolle Geschichte­n erzählen kann“.

Zwar könnten die meist einfach gestrickte­n Texte und Melodien bisweilen platt erscheinen. „Würde man jedoch englische Hits ins Deutsche übersetzen, käme man zu erstaunlic­hen Erkenntnis­sen“, gibt er zu bedenken. „Deren Texte sind nicht weniger banal.“Den „Eurovision Song Contest“schätzt er nicht. „Ein Synonym für Langeweile. Er zeigt, wie ideenlos die Branche geworden ist. Es entstehen keine Evergreens mehr, bloß noch Kurzzeiter­hitzer.“

Höchst verwundert war er, als 2006 das Angebot kam, die Jury der Casting-Show „Popstars“zu verstärken. „Ich hatte ja nie die Absicht, ein zweiter Dieter Bohlen zu werden, aber diese Aufgabe reizte mich. Nicht zuletzt wegen Nina Hagen. Eine großartige Künstlerin und herzensgut­e Kollegin, längst nicht so spinnert, wie man glaubt.“Der Auftritt hat Juror hat sein Gesicht Millionen Menschen bekanntgem­acht.

Wie fällt sie aus, die Bilanz seines randvoll gepackten Lebens? „Beim Reflektier­en und Schreiben fiel mir eines besonders auf“, sagt er. „Dass ich unheimlich viel Glück hatte.“

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FOTO: OLIVER 2006 wurde Dieter Falk zur Fernseh-Berühmthei­t: Szene aus „Popstars“mit Nina Hagen und Detlef D. Soost.
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FOTO: MATTHIAS DENTE Er gönnt sich keine Pause, Dieter Falk ist immer in Bewegung. Hier im Jahr 1991.

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