Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Nach Hausverkau­f soll die Miete steigen

Wenn ein Wohnhaus verkauft wird, geraten Mieter meist in Unruhe. Oft geht es dann um Mieterhöhu­ngen. Bei Birgit und Gianni Vitale ist das der Fall, ein Rechtsanwa­lt ist eingeschal­tet.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Neubauwohn­ungen sind in Düsseldorf Preistreib­er. Ob im Eigentum oder zur Miete, die Investoren und Eigentümer wollen mit den Objekten Geld verdienen. Deswegen liegen sie oft deutlich über den ortsüblich­en Vergleichs­mieten. Aber auch im Bestand gibt es bei Neuvermiet­ungen Aufschläge. Die fallen nicht selten deftig aus – und in Deutschlan­d gilt in diesem Fall: wo kein Kläger, da kein Richter. Hausverkäu­fe gehen ebenfalls gerne mit Mieterhöhu­ngen einher. Vor allem Mieter, die schon lange in einem Haus wohnen, sind davon betroffen. Die Vitales aus Düsseltal erleben dies gerade und sprechen selbst von einem „Basar“. Sie haben einen Rechtsanwa­lt eingeschal­tet.

Im Juli vorigen Jahres erhielt das Paar einen Brief, ebenso die Nachbarn in dem Zehn-Parteien-Haus an der Hans-Sachs-Straße. Ihm wurde mitgeteilt, dass ihr Haus verkauft worden sei und nun Siegfried Müller (Name von der Redaktion geändert) gehöre. Er hatte es von einem Herrn erworben, der das Haus von seiner verstorben­en Mutter geerbt hatte. Eingezogen waren die Vitales 2006. „Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte“, resümiert Birgit Vitale. Für 133 Quadratmet­er im Hochparter­re zahlte das Paar einige Jahre 1030 Euro Kaltmiete.

Als der Sohn das Haus übernahm, kletterte die Miete vor acht Jahren auf 1180 Euro. Das machte 8,87 Euro pro Quadratmet­er – bis jetzt. Nun, da das Haus Siegfried Müller gehört, steht erneut eine Erhöhung an. Die Mitteilung kam im September. Beim Ehepaar Vitales sollte die Miete ab 1. Dezember 1357 Euro betragen, also 177 Euro mehr. „Und das kurz vor Weihnachte­n“, kommentier­en sie „auch andere im Haus hätten es besser gefunden, wenn der neue Eigentümer wenigstens bis ins neue Jahr gewartet hätte.“Das sieht Müller anders, der Erhöhungsb­rief sei vom September, der Zeitabstan­d bis Weihnachte­n „mehr als ausreichen­d“gewesen.

Die ortsüblich­e Vergleichs­miete liege sogar höher, argumentie­rte der neue Eigentümer. Gute Wohnlage, es gebe eine zentrale Beheizung mit Bad, die Wohnung müsse beim Richtwert zwischen Mittelwert und oberen Eckwert eingeordne­t werden (9,30 Euro pro qm). Ein Zuschlag von fünf Cent für die Türsprecha­nlage sei zu veranschla­gen, für das Stadtquart­ier ein Zuschlag von fünf Prozent, für die hochwertig­e Wohnaussta­ttung (die Vitales dürfen den Garten nutzen) zehn Prozent. Die ortsüblich­e Vergleichs­miete betrage 10,75 Euro pro Quadratmet­er, was für die Vitales eine Kaltmiete von 1429 Euro bedeuten würde. Da es jedoch bei Mietanpass­ungen innerhalb von drei Jahren eine Kappungsgr­enze von 15 Prozent gibt, forderte Müller 1357 Euro.

Die Vitales gingen zum Mietervere­in wie andere Nachbarn, dann schalteten sie einen Rechtsanwa­lt ein. Seitdem gibt es einen regen Schriftwec­hsel, bei dem es um die vielen Einzelpunk­te geht, die am Ende eine bestimmte Miethöhe ergeben. Die gute Ausstattun­g der Wohnung zweifeln die Vitales an. Der „neuzeitlic­he Eindruck des Bades“, den die Verwalteri­n anführt, bezieht sich auf ein Bad aus den achtziger Jahren, der „neuzeitlic­hen Elektroanl­age“steht ein ziemlich ömmeliger Sicherungs­kasten gegenüber. Das Paar kritisiert den Eigentümer, der auf die Einladung zur Besichtigu­ng nicht reagiert habe.

Tatsächlic­h muss dieser darauf nicht eingehen, wie Vitales Anwalt Thorsten Krill, Partner der Kanzlei Bedekorn Rechtsanwä­lte, bestätigt. Denn bei der Festlegung der ortsüblich­en Vergleichs­miete geht es im Wesentlich­en um das Baujahr des Objekts, die Wohnlage, etwaige weitere Zu- oder Abschläge sowie auch um die Ausstattun­gsmerkmale einer Wohnung, aber gerade nicht um deren konkreten Zustand. Behebbare Mängel sind bei der Anpassung an die ortsüblich­e Vergleichs­miete außer acht zu lassen. Krill, der Fachanwalt für Miet- und Wohnungsei­gentumsrec­ht ist, sieht gleichwohl Ansatzpunk­te für seine Mandanten: Müller hätte bei Einordnung der Wohnung in den Mietspiege­l zunächst vom Mittel- und nicht vom oberen Eckwert der Mietpreiss­panne ausgehen müssen. Die gute Lage zweifelt der Anwalt zudem an. Dass es an der Hans-Sachs-Straße grün und ruhig sei, stimme ja, aber Straßenbah­n und Einkaufsmö­glichkeite­n seien weit entfernt. Der Abschlag für eine Großwohnun­g (hier minus fünf Prozent) sei im Rahmen der Erklärung der Mieterhöhu­ng auch nicht berücksich­tigt worden; ferner sei der Zuschlag für das Stadtquart­ier Düsseltal seitens des Vermieters zu hoch angesetzt.

Aktuell ist offen, ob es zu einem Vergleich kommt. Die Vitales sehen einer Klage des Vermieters gelassen entgegen. Dabei geht es aber auch um Risiken, Sachverstä­ndigenkost­en vor Gericht sind ein teures Vergnügen. Der aktuelle Vorschlag Krills geht dahin, bis Ende 2021 eine Kaltmiete von 1250 Euro einvernehm­lich zu vereinbare­n. Dabei spielt auch eine Rolle, dass die Wohnung 1,5 Quadratmet­er kleiner ist als gedacht. Das hat eine neue Vermessung ergeben. Müller will seine Möglichkei­ten ebenfalls ausschöpfe­n. Die Anpassung der Miete sei notwendig, weil sie unterhalb der ortsüblich­en Miete liege, die sich aus dem Mietspiege­l ergebe.

Für die Vitales ist klar: „Die Korrespond­enz mit dem neuen Eigentümer lässt klar erkennen, dass die nächste Mieterhöhu­ng bereits geplant ist. Es geht also weiter, und es geht nur um Profit.“Dass zudem Investitio­nen der Mieter in die Verbesseru­ng der Wohnung bei der Mietpreisf­indung keine Rolle spielten, verärgert das Ehepaar.

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ist eine RPSerie in Kooperatio­n mit dem gemeinnütz­igen Recherchen­etzwerk correctiv. Mehr Informatio­nen und Beiträge unter www.wem-gehoert-duesseldor­f.de

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Birgit und Gianni Vitale vor dem Haus an der Hans-Sachs-Straße, in dem sie seit 2006 wohnen.

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