Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Jecken stürmen das Osterather Rathaus
Wegen der Sanierung des Büdericher Rathauses wurde Altweiber erstmalig in Osterath gefeiert. Doch nicht nur der Ort war neu, sondern auch die Wehrhaftigkeit der Bürgermeisterin, die sich hartnäckig gegen Prinz Andreas IV. verteidigte.
Es war kurz nach zwölf Uhr, als dem Nierster Karnevalsprinz Andreas IV. die Geduld ausging. „Es wäre schön, wenn die Bude jetzt mal aufgehen würde.“Doch Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage, passend zum Motto „Wir machen Zirkus!“als Zirkusdirektorin verkleidet, war standhaft. „Wir machen nicht auf“, lautete die Ansage vom Balkon des Osterather Rathauses, wo sich das Stadtoberhaupt verschanzt hatte. Da blieb dem Prinzen nur noch ein gewaltsames Eindringen in das Gebäude, um symbolisch die Gewalt über die Stadt während der tollen Tage übernehmen zu können.
Denn zuvor hatten die einzelnen Meerbuscher Karnevalsgesellschaften ihr großes Repertoire präsentiert, um die Bürgermeisterin zum Öffnen der Rathauspforte zu bewegen. Den Anfang machte eine Herren-Tanzgarde der KG Fettnäpke aus Osterath, die zwar nicht immer taktsicher, dafür aber mit viel Leidenschaft auf der Hochstraße tanzte. Im Anschluss folgten die Mädchen der KG Blau Weiss Büderich. Als sich die Damen für ihre Choreographie kurz auf den Boden knieten, konnte sich Mielke-Westerlage eine kleine Spitze vom Balkon nicht verkneifen. „Büdericher, die auf den Straßen in Osterath knien, was für ein besonderer Moment!“Danach zeigten die Tänzerinnen der KG Büdericher Heinzelmännchen und der KG Kött on Kleen aus Nierst ihr Können. Letztere beeindruckten die Bürgermeisterin nicht nur durch ihre Akrobatik, sondern auch mit ihren selbst genähten Kleidern.
Doch irgendwann hat auch der längste Rathaussturm ein Ende. Nachdem sich Prinz Andreas IV. mit seinen Ministern noch einmal selbst die Ehre gab, begann der gewaltsame Sturm. So durchbrachen die Jecken die vom Osterather Künstler gebaute Tür vor dem Rathaus. Zwar gab Bürgermeisterin Mielke-Westerlage mit einem Angriff vom Balkon, bestehend aus Kamellen und Wasserbomben, noch einmal Gegenwehr, doch am Ende stand Prinz Andreas IV. auf dem Rathausbalkon und übernahm symbolisch das Zepter, bevor es zum gemeinsamen Feiern in das Karnevalszelt im Hinterhof des Gebäudes ging.
Auch wenn sich die Bürgermeisterin den Jecken geschlagen geben musste, fiel ihr Fazit der Premiere des Rathaussturms in Osterath positiv aus. War man in der Stadtspitze doch lange unsicher, ob die Meerbuscher der Verwaltung nach Osterath folgen würden. Doch die im Vorfeld organisierte Plakatkampagne hat sich offenbar bezahlt gemacht. „Es war ein großer Erfolg“, resümierte die Bürgermeisterin. Auch die Organisation durch die einzelnen Karnevalsgesellschaften gefiel ihr. „Ich finde es toll, dass sich die einzelnen Vereine miteinander abgesprochen haben.“
Positiv war auch das Fazit des Karnevalsprinzen Andreas IV., der quasi als Pionier das Osterather Rathaus stürmen durfte. Dass die Veranstaltung länger als sonst dauerte, störte ihn nicht. Im Gegenteil: „Ich finde es super, dass sich jeder Verein so lange präsentieren konnte.“Auch den Zuschauern gefiel das Spektakel. „Ich fand nicht, dass der Rathaussturm zu lange dauerte“, sagte beispielsweise Angelika Baumberg. Karneval in Überlänge ist in Meerbusch ohnehin nichts Ungewöhnliches. Schließlich findet am Montag in Nierst der längste Rosenmontagszug der Welt statt.