Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
1. März 1932
Entführung von Charles Lindbergh Jr.
Der Sohn von Charles und Anne Lindbergh schlief seit etwa einer Stunde in seinem Kinderzimmer. Niemand bemerkte, dass jemand eine Leiter an die Wand des Wohnhauses gestellt hatte. Der Entführer stieg ins Kinderzimmer ein, griff sich den Zweijährigen und verschwand wieder. Zurück ließ er eine Lösegeldforderung. Doch obwohl die Familie 50.000 US-Dollar zahlte, sahen die Eltern ihren Sohn nicht wieder. Sechs Wochen nach der Entführung wurde die Leiche gefunden. Der Mord schockierte die Amerikaner. In der Presse wurde die Todesstrafe für den Täter gefordert. Der Kongress erklärte Kindesentführung zum Bundesdelikt und ließ das Bureau of Investigation ermitteln, das spätere FBI. Jeder Amerikaner kannte die betroffenen Eltern. Charles Lindbergh galt als Held, seit er im Alter von 25 Jahren den Atlantik allein im Flugzeug überquert hatte. Zweieinhalb Jahre später verhafteten die Ermittler einen Verdächtigen. Bruno Richard Hauptmann (Foto) hatte an einer Tankstelle mit einem Schein gezahlt, der aus dem Lösegeld stammte. Hauptmann wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet. Doch schon zum Zeitpunkt der Verurteilung bestanden Zweifel an seiner Schuld. Der Prozess beruhte allein auf Indizien und fragwürdigen Zeugenaussagen. Entlastende Indizien wurden nicht vorgetragen oder unterschlagen. Bis heute gilt der Prozess als Beispiel für die Fragwürdigkeit der Todesstrafe – zumindest, wenn sie allein aufgrund eines Indizienprozesses ausgesprochen wird.