Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Schülerpfl­ichten, Politikerp­flichten

Das Interessan­te am Streit um „Fridays for Future“ist: Beide Seiten haben recht.

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Morgen demonstrie­ren sie wieder für bessere Klimapolit­ik, die Schüler von „Fridays for Future“, viele von ihnen während der Schulzeit. Zusätzlich­e Wucht hat die Diskussion um das Schwänzen für den Umweltschu­tz bekommen, seit die Kanzlerin „Fridays for Future“als „sehr gute Initiative“geadelt hat, ohne sich freilich mit praktische­n Weiterunge­n wie der Verletzung der Schulpflic­ht zu belasten. Damit hat sie konservati­ve Parteifreu­nde einmal mehr erzürnt. Gespalten ist auch das Echo auf die Demonstrat­ionen selbst; Lob für das Engagement scheint allerdings zu überwiegen, bis zu Sätzen wie dem, zu Regeln gehöre es eben auch, dass sie gebrochen würden.

Das mag als Tatsache richtig sein, ist es aber noch lange nicht als Ermutigung. Umgekehrt reicht der Verweis auf den Hype-Charakter nicht aus, die Demos zu diskrediti­eren. Das macht die Sache ja so interessan­t: Beide Seiten haben recht. Im Kern werfen Schüler und Kritiker einander dasselbe vor: Pflichtver­letzung – politisch durch unterlasse­nen effektiven Klimaschut­z, praktisch durch Abwesenhei­t vom Unterricht. Beide Vorwürfe treffen zu. Die im Kern konservati­ve Position, Regeln des Rechtsstaa­ts seien nun mal einzuhalte­n, weil sie Regeln sind, kollidiert mit der im Kern revolution­ären Position, auch sinnvolle Regeln könnten, ja müssten um des höheren Gutes willen gebrochen werden, solange das keinem Dritten schade.

Am Ende freilich geht es ohne Schulpflic­ht so wenig wie ohne Straßenver­kehrsordnu­ng oder elementare Regeln der Höflichkei­t. „Repression!“zu schreien, wenn jemand darauf hinweist und etwa fordert, die Zeit nachzuarbe­iten, ist deshalb albern. Gelassenhe­it ist allerdings auch eine Tugend – einige Freitagsde­mos führen nicht zum Untergang des Abendlands. Mal am Wochenende zu demonstrie­ren, übrigens auch nicht.

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