Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Doris Dörrie ist zurück in Japan
„Kirschblüten und Dämonen“ist die Fortsetzung des Kino-Hits mit Elmar Wepper.
(dpa) Elf Jahre ist es her, dass ein Film in die Kinos gelangte, der zu einem der größten Erfolge der deutschen Regisseurin Doris Dörrie werden sollte: „Kirschblüten – Hanami“, besetzt mit Hannelore Elsner, Elmar Wepper und Birgit Minichmayr. Der so melancholische wie amüsante Film erzählt von Rudi, der nach dem plötzlichen Tod seiner Frau Trudi nach Japan reist. In einer ganz ähnlichen Tonlage schildert Dörrie nun, wie es im Leben der Kinder nach dem Tod beider Eltern weitergeht – rund zehn Jahre sind im Film vergangen. Sowohl Elsner als auch Wepper sind in dieser Forterzählung zu sehen, wenn auch als Geister, respektive Dämonen. Gedreht wurde sowohl im Allgäu als auch in Japan.
Karl, das Problemkind von Rudi und Trudi, lebt allein in München. Nur ab und zu darf er seine kleine Tochter sehen; auch seinen Job hat Karl verloren. Vom Alkohol abgesehen hat er nichts mehr, was ihm Halt gibt. Da steht plötzlich eine Japanerin vor seiner Tür: „Ich bin Yu!“. Tatsächlich ist es die Yu, die sich einst in Japan um Karls Vater, um Rudi, gekümmert hatte, ihm half, den Fuji zu finden, und die bei ihm war als er starb. Yu möchte gern Rudis Grab sehen, sich noch mal verabschieden. Und so machen sich Karl und Yu schließlich auf zu dem alten, leerstehenden Bauernhaus im Allgäu, das Rudi und Trudi und ihren Kindern einst ein Zuhause war. Das alte Geschirr ist noch da, der ungeliebte Teller, von dem Karl als Kind essen musste. Doch damit nicht genug: Sukzessive kommen sie alle hervorgekrochen, die unliebsamen Erinnerungen, die Geister der Vergangenheit, die Karl doch am liebsten für immer und ewig beerdigen würde.
Der neue „Kirschblüten“ist eine bayerisch-asiatische Geistergeschichte, in der es zwar fast ständig um den Tod geht, die aber nie schwer daherkommt. Dafür sorgt schon die stets stimmige Vermischung von Hochdeutsch, Japanisch, Süddeutsch und Englisch. Behände wechseln die Protagonisten zwischen den Dialekten und Sprachen. Selbst die musikalische Flankierung gerät zu einer japanisch-deutschen Melange: asiatische Leichtigkeit in einem, europäische Schwere im nächsten Moment. Selten hat man zuletzt im Kino ernste Themen derart leicht verhandelt gesehen.
Zuweilen mutet der Film mit seiner, den Protagonisten recht aufdringlich zu Leibe rückenden Handkamera wie ein Experiment an. Teils überfrachtet Dörrie ihn auch ein wenig – etwa mit Seitenhieben auf die Partei AfD. Vieles bleibt Fragment in dieser collageartigen Fortsetzung – ein Epilog jedoch, der im Kontext von Dörries’ Gesamtwerk viel Sinn macht.
Immerhin greift der Film auf poetische, teils versponnene, teils ergreifende Art Themen auf, die fast das komplette Schaffen der gebürtigen Hannoveranerin prägen: die Beschäftigung mit Familie, Liebe, die Auseinandersetzung mit Tod und Vergänglichkeit.
Kirschblüten & Dämonen, Deutschland 2019 – Regie: Doris Dörrie, mit Golo Euler, Aya Irizuki, Hannelore Elsner, 110 Min.