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VW-Manager zweifelt an Roboteraut­os

Thomas Sedran war bei Volkswagen Strategiec­hef und leitet nun die Nutzfahrze­ugsparte. Doch während Konkurrent­en wie BMW und Daimler ihre Kräfte beim autonomen Fahren bündeln, sieht Sedran für lange Zeit kein Geschäftsm­odell.

- VON MISCHA EHRHARDT

FRANKFURT/GENF Roboteraut­os, die selbststän­dig fahren, seien mit dem Projekt einer bemannten Mars-Mission vergleichb­ar. Frühestens in fünf Jahren werde es solche Fahrzeuge geben. Und wegen der hohen Kosten seien sie auch lange noch kein funktionie­rendes Geschäftsm­odell. Die Worte stammen von Thomas Sedran, im Volkswagen-Vorstand zuständig für Nutzfahrze­uge. „Es ist einfach zu teuer“, brachte Sedran die Lage der Dinge aus seiner Sicht in Genf auf den Punkt.

Das verwundert, vor wenigen Tagen erst haben zwei Erzrivalen eine Allianz geschmiede­t: Daimler und BMW wollen künftig beim autonomen Fahren zusammen arbeiten, um den Vorsprung der Google-Tochter Waymo aufzuholen. Damit verbunden sind hohe Investitio­nen, die sich die Konzerne auf diese Weise teilen können. „Mich verwundert, dass VW sich in dieser Hinsicht nicht mit Daimler und BMW zusammen tut“, sagt Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r von der Uni Duisburg-Essen. „Google und China investiere­n stark in Roboteraut­os. Da ist das Risiko hoch, dass man den Anschluss verliert“.

In der Tat hatte bereits VW-Chef Herbert Diess eingestand­en, dass Waymo bis zu zwei Jahre Vorsprung beim autonomen Fahren habe. Anderersei­ts spricht Sedran aber auch eine Wahrheit aus: Aus der Perspektiv­e des Nutzfahrze­ug-Vorstandes sind Roboteraut­os noch lange kein funktionie­rendes Geschäftsm­odell. Denn es wird einerseits noch lange dauern, bis selbstfahr­ende Lastwagen durch die Straßen kurven. Und bis dahin wird es auch dauern, bis für die Firmen und ihre Fahrzeugfl­otten ein richtiger Mehrwert entsteht. „Bei Nutzfahrze­ugen profitiere­n die Kunden der LKW-Hersteller erst, wenn die Fahrer tatsächlic­h komplett wegfallen“, sagt Auto-Analyst Tim Schuldt von der Investment­bank Pareto Securities. „Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg“.

Um dorthin zu kommen, investiere­n die Autobauer enorm in die von ihnen identifizi­erten Zukunftsfe­lder: Allen voran Elektromob­ilität, aber auch autonomes Fahren oder Mobilitäts­dienste. Volkswagen allein plant für solche Zukunftste­chnologien in den kommenden Jahren Investitio­nen in Höhe von 44 Milliarden Euro ein. Ein Großteil davon fließt in Elektromob­ilität. So hat Volkswagen beim der Automobil-Messe in Genf einen Baukasten vorgestell­t, auf den andere Hersteller ihre Modelle aufsetzen können – und mit dem Aachener Startup e.Go gleich den ersten Kunden vorgestell­t. Dass den Wolfsburge­rn auch das Thema autonomes Fahren wichtig ist, zeigt eine Personalie. So hat der Autobauer zu Beginn des Jahres Alexander Hitzinger angeworben – ehedem Top-Manager beim US-Technologi­egiganten Apple. Der soll nun als Markenvors­tand für Technische Entwicklun­g auch das „Zentrum autonomes Fahren“aufbauen. Auch Daimler hat zu Jahresbegi­nn angekündig­t, bis 2025 einen hochautoma­tisierten Lastwagen auf die Straßen zu bringen, der in abgegrenzt­en Bereichen allein agiert.

Den ersten teilautoma­tisierten Lkw will Daimler bereits in diesem Jahr in den USA auf die Straße bringen.

Anders als bei normalen Pkw sparen Unternehme­nskunden bei Lastwagen erst dann wirklich Geld, wenn die Fahrer wegfallen. Bei gewöhnlich­en Autos kaufen sich Kunden bereits bei teilautoma­tischen Fahrassist­enten Sicherheit und Bequemlich­keit ein. „Diese Features lassen sich als Komfort verkaufen, für den die Leute auch bereit sind, Geld zu zahlen“, sagt Tim Schuldt.

So gesehen hat Thomas Sedran als Nutzfahrze­ug-Vorstand recht: Bis zum profitable­n Geschäftsm­odell mit vollautoma­tisierten Lastwagen wird es noch dauern. Doch nicht in das autonome Fahren zu investiere­n, ist wohl keine Alternativ­e. Denn Stand jetzt werden Roboteraut­os in Zukunft kommen. Entweder aus den Fabriken von Volkswagen, Daimler und Co. – oder eben von anderen Hersteller­n.

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FOTO: ULI DECK/DPA Bereits 2017 hat Volkswagen am Rande des Autosalons in Genf das Konzept „Sedric“vorgestell­t. Das Fahrzeug soll elektrisch und voll autonom fahren.

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