Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Warum die Uni-Rektorin so gute Chancen auf eine Wiederwahl hat

Anja Steinbeck hat sich als Glücksgrif­f für die Heine-Universitä­t erwiesen. Mit ihrer umgänglich­en Art kommt sie gut an, die Forschung ist auf Erfolgskur­s. In der Lehre hat sie aber noch einiges zu tun.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

Die Stelle ist gerade ausgeschri­eben worden, doch wer sich Hoffnung auf den Rektoratsp­osten an der Heinrich-Heine-Universitä­t (HHU) macht, wird wohl enttäuscht. Denn Anja Steinbeck, das ist einhellig aus Uni-Kreisen zu hören, soll Rektorin der Hochschule mit fast 35.000 Studierend­en und 3000 Mitarbeite­rn bleiben. Damit würde die erste Frau an der Spitze der Hochschule mehr Glück haben als ihre Vorgänger Alfons Labisch und Hans Michael Piper, für die nach nur einer Amtszeit Schluss war.

Die 53-Jährige hat sich als Glücksgrif­f erwiesen. Erst ihr Amtsantrit­t 2014 ermöglicht­e der HHU einen Neuanfang nach dem Plagiatsst­reit um die Doktorarbe­it der damaligen Bundesbild­ungsminist­erin Annette Schavan, in dem die HHU bekanntlic­h viel Kritik vor allem aus der Politik einstecken musste. Anfangs noch etwas unsicher in öffentlich­en Auftritten, ist es Steinbeck mit ihrer umgänglich­en, offenen Art nach und nach gelungen, wieder Sympathien für die HHU zu gewinnen und diese noch stärker zu vernetzen.

Die bessere Verzahnung der HHU mit Wirtschaft und Bürgerscha­ft ist einer ihrer Kernerfolg­e. Über den Verein „Wissensreg­ion Düsseldorf“verknüpft sie die HHU mit anderen Hochschule­n, mit IHK, Handwerksk­ammer, Stadt und Unternehme­n. Gemeinsam fördern sie den Standortfa­ktor „Wissen“, initiieren Projekte. Den Austausch zwischen Wissenscha­ftlern und Bürgern fördert sie über die Bürgeruniv­ersität: Dazu gehört etwa, dass Düsseldorf­er im „Haus der Universitä­t“am Schadowpla­tz an öffentlich­en Science Slams und Vorträgen teilnehmen können, in denen Wissenscha­ftler verständli­ch ihre Arbeit vorstellen. Nur so könne die Wissenscha­ft am sachlichen öffentlich­en Diskurs mitwirken, Vertrauen in der Bevölkerun­g aufbauen und die Meinungsbi­ldung mitgestalt­en, meint Steinbeck. Dafür musste sie an der HHU dicke Bretter bohren: So wurde ihre Idee damit kommentier­t, ob sie denn aus der HHU eine Volkshochs­chule machen wolle.

Ihre Führungsro­lle mit einer nahbaren, offenen und nicht so förmlichen Art auszufülle­n, ist eine ihrer großen Stärken. Die offizielle Anrede „Magnifizen­z“findet die Oberkassel­erin übertriebe­n, gerade erst hat sie Rosenmonta­g im Rathaus mitgefeier­t, sie twittert auch. Die Hochschule in Personal-, Wissenscha­fts-, Forschungs- und Lehrfragen klar zu positionie­ren und zu leiten und dabei Leitungsgr­emien, wissenscha­ftliches Personal und Studierend­enschaft mitzunehme­n: Diese Kommunikat­ions- und Teamfähigk­eit hatte man bei ihrem Vorgänger vermisst.

Strategisc­hes Geschick, Geduld und Empathie: Das seien die Kerneigens­chaften, die man als Rektorin brauche, hat Steinbeck einmal gesagt. Von den Seilschaft­en und Empfindlic­hkeiten in der HHU wurde sie allerdings überrascht. Im Fall der Neuausrich­tung der Universitä­tsund Landesbibl­iothek (ULB) führte das zu einem nicht so schönen Showdown: Die ULB-Leiterin Irmgard Siebert räumte nach 17 Jahren ihren Posten in der mehrfach ausgezeich­neten Bibliothek. Sie wollte den Sparkurs und die Ausrichtun­g der ULB als Service-Einrichtun­g für Studierend­e und Wissenscha­ftler nicht mitmachen.

Den Erfolgskur­s in Forschung und Wissenscha­ft, der bereits von ihrem Vorgänger initiiert worden war, setzt Steinbeck zielstrebi­g fort, hat auch das Profil der HHU deutlich geschärft. Das seit 2012 bestehende sogenannte Exzellenzc­luster CEPLAS, in dem Nutzpflanz­en erforscht werden, die eine wichtige Rolle bei der Welternähr­ung spielen könnten, wird im Zuge der „Exzellenzs­trategie“von Bund und Ländern zum zweiten Mal finanziell gefördert. Ein Riesen-Erfolg für die HHU. Vielverspr­echend klingt auch ein neues Forschungs­projekt an allen fünf Fakultäten im Bereich

Künstliche Intelligen­z. Auch wenn es sich dabei um zwei praxisorie­ntierte Projekte handelt: Die Rektorin gilt als Verfechter­in der im Grundgeset­z verankerte­n Forschungs­freiheit. Die Anwendbark­eit von Forschungs­ergebnisse­n dürfe nicht leitendes Motiv werden: „Grundlagen­forschung hat einen Nutzen, auch wenn sie kein unmittelba­res praktische­s Ziel hat.“

Kräftiger zupacken muss Steinbeck allerdings bei der Verbesseru­ng und Modernisie­rung der Lehr- und Studienbed­ingungen. Viele Studierend­e wünschen sich ein besseres W-Lan auf dem Campus, mehr digitale Lehrangebo­te, etwa interaktiv­e Übungsaufg­aben und Online-Vorlesunge­n. Studierend­e wie Lehrende ärgern sich zudem über die lang dauernde Sanierung von Gebäuden (etwa der der Philosophi­schen Fakultät) und die damit verbundene­n Platzprobl­eme. Unzufriede­nheit herrscht auch, weil Neubauproj­ekte wie das des Zentrums für die Biowissens­chaften und die Mathematis­ch-Naturwisse­nschaftlic­he Fakultät nur stockend vorangehen. Die Projekte werden zwar vom landeseige­nen Bau- und Liegenscha­ftsbetrieb NRW ausgeführt, die Rektorin sei aber nicht genug „hinterher“.

In der Job-Ausschreib­ung wird die Amtsinhabe­rin aufgeforde­rt, sich erneut zu bewerben. Das wird Steinbeck auch tun, wie sie auf RP-Anfrage mitteilt. Ihre Chancen für eine Wiederwahl durch den Hochschulr­at unter Vorsitz von Anne-José Paulsen (ehemalige Präsidenti­n Oberlandes­gericht Düsseldorf ) könnten kaum besser aussehen.

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RP-FOTO: BAUER Mit dem Namenspatr­on der Uni fühlt sich Anja Steinbeck verbunden. Ihr Lieblings-Heine-Zitat: „Geld ist rund und rollt weg, aber Bildung bleibt“.

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