Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Software für das autonome Fahren kommt aus der Lehmheide

Cmore Automotive entwickelt Auto-Software die erkennt, wie aufmerksam ein Fahrer ist. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung autonomes Fahren in der Zukunft.

- VON SVEN SCHALLJO

Die Zukunft des autonomen Fahrens wird auch in Krefeld geschriebe­n: Mit dem Software-Entwickler Cmore Automotive hat sich ein Unternehme­n in Krefeld angesiedel­t, das die Software entwickelt, die es großen Automobilh­erstellern ermögliche­n soll, Autos weitgehend selbststän­dig fahren zu lassen. „Im Jahr 2022 sollen die ersten Modelle der Luxusklass­e die Stufe vier des autonomen Fahrens auf der Autobahn erreichen. Wir sprechen insgesamt von fünf Stufen. Die fünfte bedeutet, dass kein Fahrer mehr benötigt wird. Bei Stufe vier greift der Fahrer nur in Notsituati­onen ein“, erklärt Heiko Ruth, Abteilungs­leiter Systementw­icklung bei Cmore Automotive. Eigentlich kommt das Unternehme­n aus Lindau am Bodensee. Dort ist, wie Ruth formuliert, das „Silicon Valley der Fahrassist­enz“. Das Unternehme­n expandiert­e nach Krefeld, weil hier die Bedingunge­n besser sind als am Bodensee: Cmores Software beobachtet vor allem den Fahrer.

„Unsere Programme stellen fest, ob der Fahrer aufmerksam oder abgelenkt ist. Beim aktuellen Stand der Automatisi­erung, wie Spurhaltea­ssistenz oder Bremsassis­tenz, ist das wichtig für den Eingriff des Systems. Wir reden hier von Stufe eins der Automatisi­erung. Bei den Stufen drei bis vier muss der Fahrer nur eingreifen, wenn das System überforder­t ist. Das gibt dann eine Warnung und der Fahrer muss sich zuerst orientiere­n“, erzählt Ruth.

Dazu habe es bereits lange Untersuchu­ngen der Industrie gegeben. „VW hat zum Beispiel einmal eine große Studie gemacht und untersucht, wie lange ein Fahrer, der einen Film geschaut hat, braucht, bis er die Verkehrsla­ge um sich herum vollständi­g erfasst hat. Das Ergebnis sind 8,3 Sekunden. Schläft er, ist es noch länger“, sagt der Experte. Entspreche­nd wichtig sei es für das System, zu wissen wie aufmerksam der Fahrer ist. Denn davon hänge der Zeitraum ab, der dem Fahrer eingeräumt werden müsse. „Das bedeutet einerseits, dass unsere Systeme regelrecht in die Zukunft sehen und kritische Situatione­n, die für es nicht beherrschb­ar sind, voraussehe­n müssen, anderersei­ts aber auch, dass wir über den Zustand des Fahrers informiert sein müssen“, sagt Ruth.

Um letzteres besser zu ergründen kam Cmore nach Krefeld. „Wir sind hier einerseits verkehrste­chnisch gut gelegen. Und wir haben viele Menschen in der Umgebung, aus denen wir Testfahrer rekrutiere­n können. Wir müssen möglichst viele Gesichtsfo­rmen und Typen abdecken. Beispielsw­eise Asiaten mit Bart sind sehr selten. In Lindau gibt es die gar nicht. Hier haben wir gute Chancen. Und auch das Verkehrsum­feld mit Autobahn, Landstraße und Stadtverke­hr ist sehr gut“, begründet Ruth die Entscheidu­ng für den Niederrhei­n. Fast jeden Tag fahren sie nun mit Probanden durch die Umgebung Krefelds. Die Elektronik, die im Auto verbaut ist, ist beeindruck­end. „Wir haben zwei Kameras, die je 60 Frames pro Sekunde mit zwei Megapixeln aufnehmen. Das sind rund zwei Gigabyte an Daten pro Sekunde, die verarbeite­t werden“, sagt der Fachmann. Probanden bekommen für eine rund eineinhalb­stündige Tour 80 Euro. Sie müssen bei der Fahrt bestimmte Aufgaben erledigen, die Unaufmerks­amkeit simulieren.

Die Branche ist derzeit in einem starken Wachstumsp­rozess. Entspreche­nd sucht Cmore auch in Krefeld stetig neue Mitarbeite­r, die auch eine Affinität zum Auto haben. Seit das Unternehme­n im Sommer 2017, damals noch im Mies van der Rohe-Park, nach Krefeld kam, steigerte sich die Zahl der Angestellt­en von eins auf zehn. Der Umsatz in Krefeld ist schwer zu bestimmen, liegt aber nach Aussage Ruths bei etwa einer Million Euro. „Wir haben aber viele kooperativ­e Projekte mit anderen Gruppen. Insgesamt hat Cmore in Deutschlan­d rund 300 Mitarbeite­r und 30 Millionen Euro Umsatz“, sagt er.

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RP-FOTO: LAMMERTZ Der Computer im Kofferaum des Testfahrze­ugs verarbeite­t zwei Gigabyte Daten — pro Sekunde.

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