Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Sophies Welt – aus Kunst und Trödel

- VON NORBERT STIRKEN

Sophies Welt breitet sich in drei Hallen auf 580 Quadratmet­ern Grundfläch­e in Hüls aus. Die in Frankreich geborene Künstlerin Sophie Voigt-Chadeyron verfolgt dort ihre ganz eigene Philosophi­e von Leben und Arbeiten inmitten eines Kosmos aus Kunst und Trödel. In dieser ganz besonderen Atmosphäre empfängt sie Gäste sowie große und kleine Schüler zu Konzerten und Malkursen.

Sophie Voigt-Chadeyrons Antennen sind immer auf Empfang. 24 Stunden am Tag, so scheint es. Für eine vierfache Mutter ist das keine Seltenheit. Bei der in diesem Monat 50 Jahre jung werdenden, in Bordeaux auf die Welt gekommenen Französin geht die Aufmerksam­keit allerdings weit über die Fürsorge für die ehemals Kleinen hinaus. Sie entdeckt Skurriles, Altes, Schönes, Besonderes, Wertvolles und Buntes, restaurier­t und verändert es, stellt es in einen neuen Kontext, macht daraus Kunst oder belässt es dabei, einfach Trödel zu sein. Ihre drei Hallen in Hüls, in denen einst auf 580 Quadratmet­ern eine Samtwebere­i und später eine Elektrofir­ma untergebra­cht waren, sind heute ein kaum zu definieren­der Ort. Er ist Atelier und Malschule, Ausstellun­gsfläche und Werkstatt gleicherma­ßen, aber auch Museum und Wohlfühloa­se, Cafe-Ersatz und Bed-and-Breakfast-Station.

Die Ausstattun­g bietet den Besuchern ein Feuerwerk an Reizen: Das Auge findet kaum Ruhe, stets gibt es Neues zu entdecken. Nicht immer ist die Rolle der Künstlerin klar, die in Paris zunächst Betriebswi­rtschaftsl­ehre studiert hatte, um sich dann als Gasthöreri­n dem Malen und Zeichnen zu widmen, Privatunte­rricht zu nehmen und ihre Talente zu schulen. Zwischen alten wirkungsvo­ll in Szene gesetzten Industriem­aschinen, Fundstücke­n vom Straßenran­d, historisch­en Lampen, Kohleöfen und Schaufenst­erpuppen hängen ihre Bilder und Collagen sowie individuel­l gefertigte Gebrauchsg­egenstände.

Das Sofa von Rolf Benz ist nicht mehr braun, es ist spacig silbern. Das Treibholz ist nicht mehr naturbelas­sen, sondern farbig und um einen Lampenschi­rm samt Glühbirne und Fassung ergänzt. Aus einer Ecke scheint dem Besucher der bekannte Kurt Schwitters entgegenzu­lachen. Das Materialbi­ld erinnert in seiner Art an den berühmten Mann. An anderer Stelle ist es der legendäre Bildhauer Alberto Giacometti, der freundlich winkt. Seine typischen, schlanken Gestalten tauchen als Negativ in den farbgewalt­igen Kompositio­nen der Krefelder Künstlerin auf.

Das Immobilien­objekt in Hüls ist Sophie Voigt-Chadeyrons Eigentum. Die Wahl-Krefelderi­n, die vor 25 Jahren nach ihrer Heirat ihr Heimatland verlassen hat, ist stolz darauf, dass eine Bank ihr als Künstlerin den Kauf finanziert hat. Ob ihre Kenntnisse der Betriebswi­rtschaftsl­ehre, ihre künstleris­ches Talent oder doch ihre Persönlich­keit den Ausschlag bei der Bank gegeben hat, bleibt offen. Wahrschein­lich von allem etwas. Das Geldinstit­ut aus dem Saarland ist von der Malerei überzeugt, hat Werke von SoF, wie sie sich als Künstlerin nennt, bereits mehrfach in seinen Räumen ausgestell­t.

Ferner waren ihre Arbeiten unter anderem im Düsseldorf­er Oberlandes­gericht, in der Villa Medici, bei Kistermann und im Düsseldorf­er Malkasten zu sehen. Noch in diesem Monat zeigt Neu-Galerist Jörg Dausend in Krefeld an der Marktstraß­e 36 einen besonderen Ausschnitt aus ihrem Schaffen. Am Samstag, 23. März, findet die Vernissage in der Zeit von 18 bis 21 Uhr statt. Dann sind zum Beispiel kleine Formate mit Figuren und Fischen zu sehen. Die Objekte sind aus nicht mehr benötigten Malpalette­n gerissen, geschnitte­n und in Form gesägt. Die Farbgestal­tung ist opulent und zufällig, Größe und Gestalt sind gewollt. SoF benutzt alles, was sie in ihren Schubladen gesammelt hat, um daraus Kunst zu machen. Sie malt mit Acryl, mit Pigmenten, mit Kaffee und Erde. Sie klebt und tackert mit Papier und ist wenig festgelegt. Nur eines hat sie aus Erfahrung gelernt: Ölfarbe ist nicht ihr Ding. Der Umgang mit Öl erfordert Geduld und Muße. Eigenschaf­ten, die Sophie Voigt-Chadeyron im Zweifel nicht aufbringen mag.

Dafür hat sie bereits ein neues Projekt im Visier. der Name steht schon fest. „KREA(K)TIV bei SoF“. Senioren und Kinder sollen gemeinsam Malen, Töpfern. Zeichnen und sich anderweiti­g kreativ betätigen. Dazu hat SoF einen Kreis von vier Dozentinne­n und einem Dozenten um sich geschart. Darunter eine Kunstthera­peutin und einen Sozialpäda­gogen, der Künstler ist. Platz sei genug, erklärte SoF. Einmal seien 60 Jungen und Mädchen gleichzeit­ig in ihrer Malschule gewesen.

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RP-FOTOS: THOMAS LAMMERTZ Die in Frankreich geborene Künstlerin Sophie Voigt-Chadeyron in ihrem Atelier in einer ehemaligen Samtwebere­i in Hüls.
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Sophie Voigt-Chadeyron hat das Rolf-Benz-Sofa silbern eingesprüh­t und zu einem schicken Dekoration­sobjekt in ihrer Ausstellun­gshalle gemacht.
 ??  ?? An den Wänden hängen Bilder der Krefelder Künstlerin, in den Ecken stehen selbst gefertigte Lampen aus Treibholz und auf dem Boden stehen Sitzmöbel und Tische.
An den Wänden hängen Bilder der Krefelder Künstlerin, in den Ecken stehen selbst gefertigte Lampen aus Treibholz und auf dem Boden stehen Sitzmöbel und Tische.
 ??  ?? Das Materialbi­ld von SoF erinnert an den berühmten Kurt Schwitters.
Das Materialbi­ld von SoF erinnert an den berühmten Kurt Schwitters.
 ??  ?? Ein Fundstück, das die Wahl-Krefelderi­n am Straßenran­d entdeckte.
Ein Fundstück, das die Wahl-Krefelderi­n am Straßenran­d entdeckte.
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Der alte Friseurstu­hl in der Ausstellun­gshalle ist ein Blickfang.
 ??  ?? Der alte Ofen dürfte aus dem 18. Jahrhunder­t stammen.
Der alte Ofen dürfte aus dem 18. Jahrhunder­t stammen.
 ??  ?? Sophie Voigt-Chadeyron sammelt alte Malpalette­n.
Sophie Voigt-Chadeyron sammelt alte Malpalette­n.

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