Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Kennen Sie diese Pionierinnen?
Vor 100 Jahren erkämpften sich Frauen das Wahlrecht. Am internationalen Frauentag blicken wir auf sie und andere Vorreiterinnen.
Die australische Kleinstadt Cardwell erschüttert ein Trauerfall: Das über 80 Jahre alte Salzwasser-Krokodil „Bismarck“wurde erschossen. Die Bewohner sind untröstlich, denn das Tier – benannt nicht nach seinen Lieblingsheringen, sondern tatsächlich nach dem ehemaligen Reichskanzler – soll friedlich gewesen sein und Schildkröten gemocht haben. (Allerdings leider zum Fressen gern.) Geplant ist eine Trauerfeier, halb Cardwell wird zur Alligatorenwache erwartet. Bei so viel Mensch-Tier-Harmonie stimmt es traurig, dass im Emsland gerade zwei wildgewordene Schafe eine Frau attackiert haben. Mit „Bismarck“hätten sie sich wohl kaum in die Wolle bekommen. nic
Als vor 100 Jahren mit Marie Juchacz die erste Frau in der Weimarer Nationalversammlung sprach, gab es noch Gelächter. Frei nach dem Motto: Eine Frau im Parlament – das ging doch bislang auch ohne, wo kommen wir denn da hin. Seither hat sich viel getan. Frauen in Parlamenten sind selbstverständlich, sie führen Parteien und das Land. In der Wissenschaft hatten sich Frauen schon vor Juchacz ihren Platz erkämpft – wenn es nur auf Fakten ankommt, spielt das Geschlecht keine große Rolle. Auch in Kultur, Wirtschaft und Sport stürmten die Frauen nach vorne. Die heutige Ausgabe Ihrer Zeitung widmet sich den Pionierinnen. Ihre Geschichten zeigen: Mit einer guten Ausbildung und etwas Mut gelang es, sich in Männerdomänen zu behaupten.
Vieles wurde besser, aber noch ist nicht alles gut. Frauen in Deutschland verdienen im Schnitt noch immer ein Fünftel weniger als Männer. Ihr Armutsrisiko im Alter ist deutlich höher als das von Männern. Frauen leisten den größeren Teil der Hausarbeit – und das oft unabhängig davon, ob sie auch noch erwerbstätig sind. Putzen, kochen, einkaufen: Jeden Tag verrichten Frauen 87 Minuten mehr unentgeltliche Arbeit als Männer.
Jedes fünfte Unternehmen hat keine Frau in seiner Führung, auch die Vorstände der NRW-Konzerne Bayer und Eon sind reine Männerclubs. In den Parlamenten sind Frauen weiterhin in der Minderheit, und Oberbürgermeisterinnen sind ebenfalls seltene Exemplare. Wenn eine Frau als Schiedsrichterin ein Fußballspiel pfeift, dreht der Iran die Fernsehübertragung ab. Ganz zu schweigen von den vielen Ländern, in denen Zwangsverheiratung, Gewalt gegen Frauen und fehlende Bürgerrechte zum Alltag gehören.
An das, was schon geschafft und was noch zu tun ist, wird jedes Jahr am 8. März, dem internationalen Frauentag, erinnert. In Berlin ist er in diesem Jahr erstmals sogar Feiertag. Das mag man vorbildlich finden oder typisch für die Party-Hauptstadt – ein Feiertag ist ohnehin nicht das Entscheidende, sondern die Frage, wie die Geschlechter miteinander umgehen.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre!
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