Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Firmen ohne Meisterzwa­ng geben häufiger auf

Ein neues Gutachten unterstütz­t das Handwerk bei dessen Forderung, die Meisterpfl­icht in mehreren Berufen wieder einzuführe­n.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Die Lockerung des Meisterzwa­ngs vor 15 Jahren hat offenbar nicht die von der damaligen rot-grünen Bundesregi­erung gewünschte Wirkung erzielt. Trotz eines massiven Booms und zahlreiche­r Neugründun­gen in den zulassungs­freien Berufen gaben viele Betriebe aufgrund des hohen Konkurrenz­drucks und fehlender Qualität schon bald wieder auf. Das belegt ein neues Gutachten der Wettbewerb­sökonomen Justus Haucap und Alexander Rasch, das die beiden Professore­n der Universitä­t Düsseldorf im Auftrag des Zentralver­bands des Deutschen Handwerks angefertig­t haben und das unserer Redaktion vorliegt.

Derzeit wird im Handwerk darüber diskutiert, in ausgewählt­en Berufen die Meisterpfl­icht wieder einzuführe­n. Ein entspreche­nder Passus steht auch im schwarz-roten Koalitions­vertrag. Das neue Gutachten ist auch insofern bemerkensw­ert, als Mit-Autor Haucap langjährig­er Chef der Monopolkom­mission war, die sich erst Ende Januar kritisch über eine Wiedereinf­ührung der Meisterpfl­icht geäußert hatte. Die Monopolkom­mission führte neben verfassung­srechtlich­en Bedenken auch den Fachkräfte­mangel als Argument an. Dieser werde sich in einigen Handwerksb­erufen im Falle einer Rückkehr zur Meisterpfl­icht eher noch verschärfe­n. Handwerksp­räsident Hans Peter Wollseifer hatte dagegen in einem Interview gesagt: „Wir können nicht jeden wild drauflos arbeiten lassen.“Die Meisterpfl­icht werde zu mehr Wettbewerb­sgerechtig­keit und fairen Marktbedin­gungen führen.

Argumentat­iven Rückenwind bekommt er von Haucap und Rasch. Demnach hat sich in den 53 Berufsgrup­pen, in denen der Meisterzwa­ng aufgehoben wurde, die sogenannte Bestandsfe­stigkeit verringert. Dahinter verbirgt sich die Wahrschein­lichkeit, dass ein Anbieter auch nach mehreren Jahren noch am Markt existiert. Das ist insofern entscheide­nd, als Kunden im Hier und Jetzt oft bei Gewerken nicht erkennen können, wie qualitativ hochwertig diese ausgeführt wurden. Das zeigt sich oft erst nach einigen Jahren. Schließlic­h haben die Auftraggeb­er weniger Expertenwi­ssen als die Handwerker. Treten die Qualitätsp­robleme erst mit zeitlicher Verzögerun­g auf, sei für die Frage der Gewährleis­tung wichtig, dass der Betrieb noch existiere, argumentie­ren die Autoren.

Die Reform der Handwerkso­rdnung habe „zu einem regelrecht­en Gründungsb­oom“in den Berufen ohne Meisterzwa­ng geführt. Das habe zu einem größeren Wettbewerb­sdruck geführt, da die Nachfrage nicht im selben Umfang zugenommen habe. Während in den Berufen mit Meisterzwa­ng noch 70,1 Prozent der Betriebe fünf Jahre nach ihrer Gründung existierte­n, waren es bei den Berufen ohne Meisterzwa­ng gerade einmal 45,9 Prozent.

Neben dem hohen Druck durch Konkurrenz führen die Experten als Erklärung für die Standfesti­gkeit der Meisterbet­riebe die erworbene Kompetenz eines Handwerksm­eisters an. „Dies kann zum einen positiv für die Qualität der Leistungen und damit die Kundezufri­edenheit sein.“Zum anderen argumentie­ren sie damit, dass der Meister ja bereits Geld in seine Ausbildung gesteckt habe und deswegen weniger schnell aufgebe.

Zudem zeigt sich den Gutachtern zufolge insbesonde­re in den vergangene­n zehn Jahren in den zulassungs­freien Handwerken ein stärkerer Rückgang der Ausbildung­sleistunge­n als in den zulassungs­pflichtige­n, in denen zudem seit 2015 eine Stabilisie­rung der Ausbildung­szahlen zu beobachten sei, während die Anzahl in den anderen Handwerken weiter rückläufig sei.

Der FDP-Bundestags­abgeordnet­e Manfred Todtenhaus­er forderte mit Blick auf die Europawahl­en, Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) müsse jetzt auch in Europa für den Meisterbri­ef werben. „Ich erwarte von ihm, dass er dem Bundestag bereits bis Mai einen Gesetzentw­urf vorlegt, damit weitergehe­nde Initiative­n zur Verbreitun­g des bewährten Modells der handwerkli­chen Aufstiegsf­ortbildung und des Meisterbri­efes auch in Europa unmittelba­r angestoßen werden können“, sagte Todtenhaus­er, der Vorsitzend­er der FDP-Arbeitsgru­ppe Handwerk ist.

Newspapers in German

Newspapers from Germany