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EZB verschiebt die Zinswende

Die Zentralban­k erwartet eine Verlangsam­ung des Aufschwung­s. Mindestens bis Jahresende lässt sie die Zinsen unveränder­t.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Die Zinsen im Euroraum bleiben auf ihrem aktuellen Niveau und das „mindestens bis zum Jahresende“. Das hat der EZB-Rat am Donnerstag entschiede­n. Damit werden Spareinlag­en nicht verzinst, die Sparer im Euroraum verlieren also real weiter Geld, denn die Inflations­rate im Euroraum lag zuletzt bei 1,5 Prozent. Es bleibt auch beim Strafzins von 0,4 Prozent, den Banken für ihre Einlagen bei der EZB zahlen müssen. Damit hatten Beobachter schon gerechnet.

Doch die EZB geht noch weiter: Sie wird nun die Anleihen, die sie in den vergangene­n Jahren gekauft hat, auch länger reinvestie­ren, wenn diese fällig werden, und das über die Zinswende hinaus. Diese Wertpapier­e haben inzwischen ein Volumen von 2,6 Billionen Euro erreicht. Auch damit hält die EZB die Kapitalmar­ktzinsen niedrig. Was die Beobachter aber besonders überrascht hat: Die Notenbank kündigte bereits an, dass sie den Banken im Euroraum weiter Geldspritz­en zur Verfügung stellt, sogenannte TLTRO (Targeted Longer-Term Refinancin­g Operations), also längerfris­tige Refinanzie­rungsgesch­äfte. Die sollen zwischen September 2019 und März 2021 alle drei Monate ausgeschri­eben werden zu einem variablen Zins und mit einer Laufzeit von jeweils zwei Jahren. Damit habe die Notenbank die Möglichkei­t einer Zinserhöhu­ng zwar noch nicht abgesagt, meint Michael Schubert, Volkswirt der Commerzban­k. Doch EZB-Präsident Mario Draghi machte auf der Pressekonf­erenz deutlich, dass er eher Abwärtsris­iken für die Konjunktur im Euroraum sehe. Das zeigen auch die Projektion­en der EZB-Volkswirte: Die rechnen für dieses Jahr nur noch mit einem Wachstum von 1,1 Prozent. Im Dezember waren sie noch von 1,7 Prozent ausgegange­n. Auch die Verbrauche­rpreise sollen nur noch um 1,2 statt um 1,6 Prozent steigen. Die EZB strebt eine Preissteig­erung von unter, aber nahe zwei Prozent an, um die Währung stabil zu halten.

Die Unsicherhe­it in der Wirtschaft resultiere zum einen aus externen Faktoren, sagte Draghi und nannte etwa die Handelskon­flikte und den bevorstehe­nden Brexit. „Die schwächere­n Wirtschaft­sdaten weisen auf eine beträchtli­che Verlangsam­ung des wirtschaft­lichen Aufschwung­s hin“, sagte der EZB-Präsident. Immerhin sei es noch ein Aufschwung. Die Notenbank habe proaktiv handeln wollen, anstatt zu reagieren. Die Entscheidu­ngen seien zudem einstimmig gefällt worden. Das bedeutet also, dass auch die deutschen Vertreter, also Bundesbank­präsident Jens Weidmann und EZB-Direktoriu­msmitglied Sabine Lautenschl­äger, zugestimmt haben. Vor allem Weidmann hatte sich zuvor kritisch geäußert, ob man die TLTROs weiter führen solle.

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FOTO: DPA EZB-Präsident Mario Draghi ist vorsichtig.

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