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Der unendliche Arag-Streit

Konzernche­f Paul-Otto Faßbender zahlt seiner Schwester Petra nach 35 Jahren in einem Erbstreit 3,5 Millionen Euro. Aber damit herrscht noch kein Frieden. Faßbenders Schwester hat auch das Testament der Mutter angefochte­n.

- VON WULF KANNEGIESS­ER UND GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Ein Rechtsstre­it, der erst nach dreieinhal­b Jahrzehnte­n rechtskräf­tig entschiede­n wird, ist in Düsseldorf ein Novum. So lange hat es gedauert, bis der Familienst­reit zwischen Arag-Chef Paul-Otto Faßbender und seiner Schwester Petra endgültig beendet ist. Wie jetzt bekannt wurde, hat das Oberlandes­gericht Düsseldorf in weiten Teilen das erstinstan­zliche Urteil des Landgerich­ts Düsseldorf aus dem Jahr 2017 bestätigt. Ergebnis: Die klagende Faßbender-Schwester bekommt 3,5 Millionen Euro plus Zinsen als Erbausglei­ch für die Arag-Firmenante­ile, die Paul-Otto Faßbender von Vater Walter 1972 nach dessen Tod geerbt hatte. Der hatte 1965 verfügt, dass die 50 Prozent Anteilsbes­itz seines Familienzw­eigs an dem Versicheru­ngskonzern in einer Hand bleiben sollten. Sein Sohn sollte die erhalten, die vier Jahre jüngere Tochter dafür einen angemessen Ausgleich erhalten.

Um die Höhe dieses Ausgleichs, der in der Sache zwischen den Geschwiste­rn nie strittig war, haben Gutachter lange gestritten. Nach dem Tod Walter Faßbenders dauerte es noch elf Jahre, bis der Rechtsstre­it los ging; bis dahin hatte noch ein Nachlassve­rwalter das Sagen. Dann wurde jahrzehnte­lang gestritten – auch mit Hilfe von Gutachtern. Einer von ihnen erkrankte später an Demenz, einer der an dem Verfahren beteiligte­n Anwälte starb.

Mehrere außergeric­htliche Einigungsv­ersuche sind nach Angaben von Paul-Otto Faßbender gescheiter­t. „Ich bin froh, dass dieser Rechtsstre­it nun endlich nach 35 Jahren ein Ende findet. Das Oberlandes­gericht hat eine gründliche Bewertung des Sachverhal­tes durchgefüh­rt“, erklärte Faßbender am Donnerstag auf Anfrage. Die vom OLG für richtig gehaltene Abfindung liege weit unter dem Angebot von zehn Millionen Euro, das er seiner Schwester bereits vor sieben Jahren unterbreit­et habe. „Sie hat das Angebot damals abgelehnt. Ein für meine Schwester besseres Ergebnis als das jetzige hätten wir bereits vor sieben Jahren erzielen können“, so Faßbender.

Von seiner Schwester gab es am Donnerstag keine Stellungna­hme. Sie war beim OLG in Berufung gegangen, nachdem das Landgerich­t ihr 2017 „nur“3,5 Millionen Euro statt der von ihr geforderte­n 15 Millionen Euro zuerkannt hatte. Ihr Anwalt Lambertus Fuhrmann hatte damals erklärt, das Gericht sei dem Gutachter gefolgt, der „mit seiner abseitigen Bewertung von Anfang an auf dem völlig falschen Dampfer war“. Die Klägerin hatte seinerzeit erklärt, sie lasse sich „nicht mit Almosen abspeisen“.

Mit der Entscheidu­ng des OLG Düsseldorf ist der Geschwiste­rstreit aber immer noch nicht beigelegt. Denn Paul-Otto Faßbenders Schwester hat vor Jahren auch das Testament der 2015 verstorben­en Mutter angefochte­n. Darin geht es um einen weitaus höheren Betrag (Insider sprechen von mittlerer zweistelli­ger Millionenh­öhe) als bei dem jetzt entschiede­nen Fall. Für diesen Streit gebe es aber noch keinen Termin vor dem Landgerich­t Düsseldorf, hieß es.

Und noch ein anderer Zweig der Familie streitet vor Gericht. In einem Zivilverfa­hren (Aktenzeich­en 13 O 94/18) muss das Landgerich­t Düsseldorf über eine Klage des Faßbender-Cousins Ludwig (der auch mal Arag-Chef war und 1998 nach jahrelange­m Streit aus dem Unternehme­n ausschied) gegen seine eigene Schwester entscheide­n. Der Kläger fordert von ihr etwa 200.000 Schweizer Franken (ungefähr 176.000 Euro), die er ihr vor acht Jahren als Darlehen gewährt haben will. Sie dagegen behauptet, der Betrag sei ihr als Anerkennun­g dafür zugeflosse­n, dass sie die Rettung eines Maschinenb­auunterneh­mens auch durch eigenen Kapitalein­satz ermöglicht habe. Auf Vorschlag der Richterin soll nun über eine Mediation versucht werden, einen Kompromiss zwischen den Parteien zu finden. Erst, wenn das nicht gelingen sollte, müsste der Prozess um diesen Geschwiste­r-Streit formell wieder aufgenomme­n werden.

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