Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Borussia hofft auf ein Wunder im Rückspiel
Borussia Düsseldorf droht in der Champions League das Aus im Halbfinale. Der Titelverteidiger um RekordEuropameister Timo Boll verlor das Hinspiel im russischen Jekaterinburg gegen UMMC Werchnjaja Pyschma 1:3.
Kristian Karlsson klopfte sich mit der Faust vor die Brust. Nicht erst da plumpste dem Borussen ein dicker Stein vom Herzen. Das war wenige Augenblicke vorher passiert, genau als der Tischtennisprofi der Borussia den Matchball gegen Alexander Shibaev verwandelt hatte. Damit hielt der 27-jährige Düsseldorfer sein Team im Champions League-Halbfinale bei TTCS UMMC in Jekaterinburg (Russland) im Spiel. Karlsson konnte mit seinem Matchgewinn auf 1:2 verkürzen. Das war aber nicht mehr als ein Strohfeuer, denn am Ende unterlag der amtierende Champions League-Sieger am Fuße des Urals mit 1:3.
Und doch ist genau das Strohfeuer der Hoffnungsschimmer für die Düsseldorfer, denn ein 3:0 Sieg im Rückspiel (21. März, 19 Uhr) im Arag Center Court (Erich-Poensgen-Allee 58) würde den Borussen zum Finaleinzug verhelfen.
Es fing schon nicht gut an für die kleine Russland-Reisegruppe aus der NRW-Landeshauptstadt. Borussia Youngster Anton Källberg hatte gegen den an UMMC Position eins spielenden Fang Bo keine Siegchance. Zwar liegt der 27-Jährige Chinese als Nummer 114 der Weltrangliste nur elf Plätze vor Källberg, aber am Tisch war ein klarer Klassenunterschied zu sehen. Mit seiner aktuellen Weltranglistenposition ist Fang Bo auch deutlich unterbewertet, war er doch im August 2015 noch die Nummer acht der Welt.
Und Bo bewies, dass er „offiziell“mal ein Top-Ten-Spieler war, von seinem Leistungsvermögen aber noch immer ist. Källberg versuchte vieles, war in seinen Aktionen aber zu unsicher. Irgendwie fand der Düsseldorfer nie seinen Spielrhythmus und haderte häufig mit seinen Fehlern. Bo hingegen war schnell im Spiel und nutzte jede sich bietende Gelegenheit, um gegen Källberg zu punkten.
Und dann kam die erste Überraschung des Tages. Timo Boll (Weltrangliste 5) unterlag gegen Jonathan Groth (WR 23). Boll, der erstaunlich gehemmt wirkte, lag in jedem Satz in Führung, erspielte sich in jeden Durchgang Satzbälle, brachte aber nur einen davon ins Ziel. Kein Wunder, dass Boll einen Abend vor Vollendung seines 38-Lebensjahres ziemlich bedröppelt aus der Wäsche schaute.
Karlsson (WR 30) avancierte mit seiner kompromisslos aggressiven Spielweise dann zum Hoffnungsträger. Düsseldorfs zweiter Schwede war gegen Shibaev ( WR 79) in allen Belangen einen kleinen Tick besser. Karlsson war etwas offensiver, etwas ballsicherer, etwas dynamischer und agierte taktisch etwas klüger als sein Gegenüber.
Alle Borussen-Fans hatten auf einen typischen Boll gesetzt. Normalerweise steigert sich der Linkshänder im zweiten Spiel enorm. Und der typische Boll lag gegen Fang Bo mit 2:0 Sätzen vorne, bevor den Düsseldorfer erneut die merkwürdige Spielhemmung heimsuchte. Deutschlands bester Tischtennisspieler bekam quasi kein Bein mehr auf den Boden und machte in den letzten drei Sätzen nur noch 14 Punkte, während sich Bo 33 mal freuen konnte. Dass Boll zwei Matches in einer Begegnung verliert, macht die Partie in Jekaterinburg zu etwas absolut Außergewöhnlichem.
Die Chancen auf die Titelverteidigung stehen zwar nicht mehr so gut, doch die Borussia hat vor heimischem Publikum schon so manches Wunder geschafft.