Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gottes Wort ist ein lebendiges Wesen

- ANTJE WENZEL-KASSMER, PFARRERIN IM HELIOS-KLINIKUM KREFELD

„Warum hast du bloß so viele Bücher gesammelt“? Mein Bekannter ist der Meinung, dass man ein Buch, das man gelesen hat, direkt weggeben sollte. Denn wer liest ein Buch schon zweimal? Doch die reine Präsenz eines Buches kann ein wohliges Gefühl hervorrufe­n.

War das nicht ein interessan­tes, bereichern­des Buch? Erinnerung­en tauchen auf. Dieses Buch habe ich im Urlaub gelesen. Jenes Buch habe ich gelesen, als ich krank war. Das Buch dort hat mir ein Freund zum Geburtstag geschenkt. Ach ja, und diese Bücher habe ich den Kindern vorgelesen, als sie klein waren. Vergangene Zeiten werden wieder lebendig.

Manche Bücher begleiten Menschen durch ein ganzes Leben. So auch die Bibel. Ich besitze noch die Bibel, die ich zur Konfirmati­on bekommen habe und meine Traubibel. Manche unserer Patienten nehme ihre Bibel mit ins Krankenhau­s. Die meisten Menschen aber lesen nur selten in der Bibel. Und doch gehört sie für viele ins Haus und hat dort einen besonderen Platz. Die Präsenz der Bibel bedeutet etwas. Dass man einen Glauben hat, auch wenn man nicht jeden Sonntag zur Kirche geht. Oder dass man einmal an etwas geglaubt hat, das in den Hintergrun­d getreten ist.

Das Buch der Bücher enthält kostbare Lebensweis­heiten und Erfahrunge­n mit Gott. Es bietet uns an, unsere eigenen Erfahrunge­n mit dem zu verbinden, was dort erzählt wird. Wo finde ich mich wieder? Woran stoße ich mich? Welche Fragen wirft es bei mir auf? Die Bibel lädt uns zum Dialog ein. Auch zum Dialog mit anderen Menschen, die sie lesen. Die Bibel ist lebendig geblieben bis heute, weil Menschen sie immer wieder neu mit Leben füllen. „Gottes Wort ist ein lebendiges Wesen“, schreibt Jörgen Bauer vom Gideonbund, einer Organisati­on, die weltweit Bibeln verteilt.

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