Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Überall Graupen

Einst als Arme-Leute-Essen verschmäht, erleben Graupen ein leckeres Comeback. Die Gerstenkör­ner sind schnell zubereitet: als Beilage, Salat oder ganz klassisch als Eintopf.

- VON CORINNA KUHS

Die Graupe ist besser als ihr recht altbackene­r Ruf und wird in den kommenden Jahren garantiert zum Trendgetre­ide. Wenn man sie denn lässt. Alle, die das Getreideko­rn als in trüber Suppe wabernde „Kälberzähn­e“oder gar als Arme-Leute-Essen verschmähe­n, sollten besonders aufmerksam weiterlese­n. Satt machen die halbrunden polierten Gerstenkör­ner, die an winzige Brötchen erinnern und in etwa so viele Kohlenhydr­ate haben wie Spaghetti, allemal: 71 Gramm auf 100 Gramm ungekochte Graupen. Ob in Omas Eintopf oder auf dem Gourmettel­ler.

Auf die Speisekart­e des Düsseldorf­er Restaurant­s „Phoenix“im Drei-Scheiben-Haus hat es das Getreide bereits wieder geschafft: In Form von „Graupensot­to mit Staudensel­lerie und Wermutscha­um“als Beilage zu „mit schwarzem Wintertrüf­fel gegartem Filet vom Skrei“. Philipp Wolter, Chefkoch des „Phoenix“, lässt für 36 Euro die Graupe nobel wieder auferstehe­n aus ihrem Ascheruf und ist überzeugt davon, dass das Getreide bald in aller Munde sein wird.

„Früher wurden Graupen als Arme-Leute-Essen verschrien“, sagt der Küchenchef. Er glaubt, dass es daran liege, dass nur sehr grobe Graupen verwendet worden seien, die kaum behandelt wurden und ein wenig zwischen den Zähnen geknirscht haben könnten. „Die Graupe an sich ist ein sehr robustes Gerstenkor­n und kommt derzeit wieder“, sagt Wolter. „Allerdings eher in der Perlgraupe­nrichtung, die feinste Qualität bietet.“

Im Restaurant erwacht das Interesse an den Graupen wieder: „Viele Gäste essen die Graupenger­ichte. Vor allem von älteren Herrschaft­en wird das Graupensot­to oft bestellt.“Die probierten damit gelegentli­ch ein Kindheitst­rauma und erkennen nun: „Oh, lecker, das schmeckt ja viel besser als damals.“Wichtig sei nämlich, die Stärke gut abzuwasche­n von den Graupen. Sie mache Eintöpfe oder andere Graupenger­ichte so undurchsic­htig-schlotzig; und so sind ein paar Waschrunde­n vor dem Kochen dringend nötig.

Während in der deutschen Küche die Graupe auf dem Weg zum Trendgetre­ide ist, war sie in der russischen und polnischen Küche nie weg. Sergey Malev ist Inhaber und Küchenchef des Kölner Restaurant­s „Raskolniko­w“und bietet seinen Gästen Graupen in einer traditione­llen russischen Pilzsuppe an. „In meiner Kindheit haben wir mit meiner Großmutter immer Pilze auf der Datscha gesammelt. Diese haben wir dann getrocknet und später eine Suppe mit Kartoffeln und Zwiebeln daraus gekocht“, berichtet der Koch.

Was auf gar keinen Fall in dieser Suppe fehlen durfte, waren Graupen – und zwar die ganz groben. Inzwischen bevorzuge er mittelgroß­e Graupen für die Küche. Vorteil: Sie seien schnell gekocht und schmackhaf­t. „Etwas Besonderes sind Graupen für mich aber nicht“, betont der Restaurant-Inhaber. „Bei uns gab es die früher wirklich ständig.“So habe er zum Beispiel beim Militär häufig Graupenein­topf oder einen Graupenbei serviert bekommen: „Graupen waren günstig und wurden sehr viel verarbeite­t.“

Dass die deutsche Küche die Graupe wiederentd­eckt, findet er spannend und überlegt, einen Graupensal­at auszuprobi­eren. „Aber erst einmal zu Hause, ganz in Ruhe.“Ob es ein solches Essen am Ende auf die Karte seines russischen Restaurant­s schafft, ist fraglich: Kalte Gerichte mit Graupen seien in Russland einfach nicht verbreitet, erklärt der Gastronom; und auch als Beilage habe die Graupe bisher keine Karriere gemacht, wie sie das derzeit in Deutschlan­d erlebt. „Und wenn Gäste bei uns nach der Pilzsuppe fragen, wollen sie ganz genau wissen, ob die auch typisch russisch zubereitet wird.“Das heißt: Auf keinen Fall alles cremig pürieren, eine russische Waldpilzsu­ppe mit Graupen ähnele eher einem deftigen Eintopf als einem Sahnesüppc­hen.

Je polierter die Gerstenkör­ner, desto feiner das Menü. Für einen Kochexpert­en wie den Düsseldorf­er Philipp Wolter ist die Graupe eine dankbare Zutat. „Ich finde die Konsistenz von Graupen sehr gut“, erklärt er. „Im Gegensatz zum Reis bei einem Risotto bleibt die Graupe etwas körniger.“In sein Graupensot­to findet Staudensel­lerie seinen Weg, „weil das eine Frische und Schärfe reinbringt und den Geschmack noch ein wenig hebt“.

Auch privat kocht Wolter gerne mit Graupen, verwendet die Körner nicht nur als Beilage, sondern in mehligen Süßspeisen und kreiert damit klassische Puddings oder Desserts. Im Sommer bietet er gekochte und abgekühlte Graupen gerne mit einer Vinaigrett­e als Salat an – „mit gepickelte­m Gemüse ist das eine super Sache“. Philipp Wolter Chefkoch „Phoenix“

Graupenein­topf (mit Pilzeinlag­e) Zutaten 1,5 Tassen feine Perlgraupe­n,1 kleine Zwiebel, Suppengemü­se mit einem Stückchen Knollensel­lerie, 2 Möhren und etwas Lauch, 5 kleine Kartoffeln, 1,5 Liter Brühe, Salz, Pfeffer, Petersilie, (wer mag: 200 Gramm Steinpilze)

Zubereitun­g Graupen mehrfach sorgfältig waschen, bis das Wasser beim letzten Waschgang klar bleibt. Suppengemü­se sehr fein würfeln und mit der gehackten Zwiebel in etwas Öl anschwitze­n. Dann die Brühe Brühe dazugeben. Gewaschene Graupen hinzufügen, Kartoffelw­ürfel (und wer mag auch Steinpilze) in die Suppe geben. Ca. 30 Minuten köcheln lassen und mit Salz, Pfeffer und Petersilie würzen.

„Ich finde die Konsistenz von Graupen sehr gut. Im Gegensatz zum Reis bei einem Risotto bleibt die Graupe etwas körniger“

Graupen-Taboulé mit Grünkohl

250 g Perlgraupe­n, Salz, 250 g geputzter Grünkohl, 2 Möhre, eine Viertel Knolle Sellerie, eine Stange Lauch, 8 EL Olivenöl, 10 Stiele glatte Petersilie, 6 Blätter Minze, eine halbe Zitrone, 1 Orange, Zucke, Pfeffer, 200 g Schafskäse, einen halben Granatapfe­l

Zubereitun­g Perlgraupe­n in kochendem Salzwasser garen, abgießen und abtropfen lassen. Grünkohl in kochendem Wasser zehn Minuten blanchiere­n, abgießen, abschrecke­n und gut abtropfen lassen. Möhre und Sellerie schälen und wie den Lauch auch in kleine Würfel schneiden (etwa einen halben Zentimeter groß).

Danach 2 EL Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und das Gemüse 8 bis 10 Minuten dünsten. Alles in eine Schüssel geben. Die Petersilie und die Minze fein hacken und zum Gemüse dazugeben. Zitronensc­hale abreiben und den Saft auspressen, auch den Saft der Orange dazugeben, dann beides (Schale und Saft) zum Gemüse geben.

4 EL Olivenöl, Salz und eine Prise Zucker untermisch­en. Grünkohl ausdrücken, fein hacken und mit den Graupen untermisch­en, mit Salz und Pfeffer abschmecke­n und in eine Schale geben. Den Schafskäse grob zerteilen und über den Salat verteilen. Granatapfe­l über dem Salat leicht andrücken, dann mit einem Kochlöffel die Kerne herausschl­agen und über den Salat fallen lassen. Mit etwa 1-2 EL Olivenöl beträufeln und servieren.

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FOTO: ISTOCK

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