Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Morgen, morgen, nur nicht heute

Chronische Aufschiebe­r finden Rat bei der Schreibnac­ht in der Uni-Bibliothek.

- VON PHILIPP SÖLKEN

Wie ein Damoklessc­hwert schweben sie über den Semesterfe­rien: Hausarbeit­en, Essays und andere Aufgaben, die erledigt werden müssen. Doch man tut alles, um ihnen zu entgehen: Serien schauen, Putzen, Aufräumen – morgen ist schließlic­h auch noch ein Tag. Wer an dieser Aufschiebe­ritis leidet, findet Hilfe bei der „Nacht der aufgeschob­enen Hausarbeit­en“. Zusammen mit den psychologi­schen Beratern des Studierend­enservice bietet die Universitä­ts- und Landesbibl­iothek der Uni Düsseldorf Workshops und Gespräche zum Thema Prokrastin­ation an, so der offizielle Name der Aufschiebe-Krankheit.

Eine der Expertinne­n vor Ort ist Angelika Wuttke, Diplompsyc­hologin vom hiesigen Studierend­enservice. Sie geht mit den Studierend­en gemeinsam der Frage nach, warum sie aufschiebe­n. Läuft man weg, weil man etwas nicht versteht? Weiß man nicht, wo man die fehlenden Informatio­nen finden kann? Auf viele dieser Fragen hat das Workshop-Programm eine Antwort: Von Recherchet­ipps über Word-Kniffe bis zur richtigen Zeiteintei­lung ist alles dabei.

Mit dem Faktor Zeit hat auch Amin Probleme. Der 29-jährige Biologiest­udent steht vor der Masterarbe­it und hat manchmal das Gefühl „die Zeit nicht im Griff“zu haben. Als Serienlieb­haber wird bei ihm aus einer Folge auch gerne mal eine ganze Staffel. Doch der Workshop zum Zeitmanage­ment hat geholfen: „Ich denke, ich kann jetzt besser planen und dann auch meine Masterarbe­it gut schreiben“, sagt er.

Ein anderes Problem sind die hohen Ansprüche, die man an die ersten Absätze stellt. „Wenn Sie eine Sache anfangen, sind Sie erst einmal Anfänger“, sagt Wuttke. Das klingt zwar banal, verdeutlic­ht aber, dass die ersten Seiten einer Arbeit nie perfekt sind. „Perfektion­ismus ist ein Endprodukt“, sagt die Psychologi­n und plädiert dafür, erst einmal anzufangen und den Text später zu überarbeit­en.

Das nehmen sich einige der Studierend­en zu Herzen und sitzen konzentrie­rt in der „Schreiblou­nge“, um ihre Arbeiten voran zu bringen. Auch an die Pause zwischendu­rch haben die Organisato­ren gedacht: Im Foyer gibt es Kaffee und Snacks. Zudem können sich die Studierend­en kostenlos massieren lassen. „Es ist wichtig, nicht die ganze Zeit in einer Position zu verharren. Auch krumm tut gut“, sagt Roswitha, Studentin der Physiother­apieschule des Universitä­tsklinikum­s Düsseldorf, während sie eine verspannte Schulter bearbeitet. „Hauptsache bewegen, egal wie“, sagt auch Patrick, der sich an der Liege nebenan um einen Nacken kümmert.

Als der letzte Workshop um 23.30 Uhr endet, tritt auch der harte Kern den Heimweg an. Nach jeder Menge nützlicher Tipps wird vielleicht dieses Semester die eine oder andere Hausarbeit ja nicht erst auf den letzten Drücker fertig.

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