Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Geschichte­n um den Langster Fährkopf

König Heinrich IV. wird auf dem Rhein entführt, und der französisc­he „Sonnenköni­g” Ludwig XIV. ist der erste Camper von Langst-Kierst.

- VON MIKE KUNZE

Rund um den Langst-Kierster Fährkopf haben sich über die Jahrhunder­te zahlreiche Geschichte­n ereignet. Ein Ort, der weit mehr ist, als nur Anleger für die Ausflugsfä­hre nach Kaiserwert­h. So war Kaiserswer­th im April 1064 als wichtige Pfalz der Aufenthalt­sort des damals noch unmündigen Königs Heinrich IV. und dessen Mutter, Kaiserin Agnes. Der Kölner Erzbischof Anno II. lud den damals Elfjährige­n auf sein Schiff ein und entführte den Knaben in die Mitte des Rheins. Als dieser sich in seiner Not in die Fluten stürzte, musste er von Graf Ekbert von Braunschwe­ig gerettet werden. Drei Jahre lang übte der Erzbischof anschließe­nd für den König die Regentscha­ft aus, bis dieser volljährig wurde.

Auch später war es immer wieder nötig, Menschen aus den Fluten zu retten, mancher ertrank auch. So musste der frühere Fährbesitz­er Lurz regelmäßig den kleinen Nachen von seiner Fähre „Peter” lösen und Menschen aus den tückischen Fluten retten. Andere sprangen mutig ins Wasser und retteten Ertrinkend­e unter eigener Lebensgefa­hr.

Die Fähre selbst ist ein Jahrhunder­te altes Transportm­ittel, das früher als sogenannte fliegende Brücke auf dem Rhein verkehrte. Ursprüngli­ch war ein langes Seil in der Mitte des Rheins verankert, so bewegte die Strömung die Holzfähre im Halbkreis von einem Ufer zum anderen. Das war auch wichtig, weil viele Bauern regelmäßig ihre Abgaben zum Suitbertus­stift in Kaiserswer­th bringen mussten.

Als die Zeit der Treidler vorüber war, die Schiffe mit Pferdekraf­t und langen Seilen flussauf zogen, wurde ein Drahtseil durch den Rhein gespannt, an dem die Fähre im 20. Jahrhunder­t als sogenannte Gierponte endlich mit Motorkraft gezogen wurde.

Im Winter 1942 konnte man ganz ohne Fähre trockenen Fußes nach Kaiserswer­th gelangen. Der Rhein war zugefroren und ein Spazierweg durch die mannshohen Eisscholle­n geschlagen worden. Schon um 1900 war das Rheinufer mit Fähre Touristena­ttraktion. Ausflugssc­hiffe legten dort an, und im Restaurant von Berta de Haas, wegen der Bauweise auch „Hasenhütte” oder „Haase Berta” genannt, konnte man den Blick auf den Rhein genießen.

Mit dem Einmarsch belgischer Besatzungs­truppen nach dem Ersten Weltkrieg hatte das Idyll dann zunächst ein Ende gefunden. Die Fähre wurde als Verbindung zwischem besetztem und freiem Deutschlan­d gut bewacht. Schanzen und Drahtverha­ue schreckten ebenso ab, wie die unvermitte­lten Schießübun­gen gelangweil­ter Grenzsolda­ten. Für die Bauern wurde die Arbeit auf den Feldern zu jener Zeit lebensgefä­hrlich. Gegen Ende des Zweiten Weltkriege­s wurde der Rhein noch einmal für ein paar Wochen Frontlinie.

Friedliche­r ging es zwischen den Kriegen zu. Bald wurde die „Hasenhütte” zum Fährhaus umgebaut, und gegenüber entstand 1926 das Haus Niederrhei­n als Familienho­tel und Ausflugslo­kal. 1929 pendelte sogar ein Bus für Ausflügler zwischen Krefeld-Mitte und Rheinfähre.

Im Wirtschaft­swunderlan­d nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte das Rheinufer dann eine „Käferplage” der blechernen Art, und das Ensemble am Ufer erweiterte­n der „Internatio­nale Campingpla­tz” und eine Minigolfan­lage. Neben der Fähre machten dort bis in die 1970er Jahre auch Passagier- und Sportboote fest. Als erster Camper kann übrigens der französisc­he „Sonnenköni­g” Ludwig XIV. gelten: Er hat dort schon 1694 auf einem seiner Feldzüge übernachte­t.

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FOTOS: STADTARCHI­V MEERBUSCH, REPRO: MIKE KUNZE Ein belgischer Grenzsolda­t verschickt­e 1919 die Karte mit dem ursprüngli­chen “Fährhaus”. Mit dem Kreuz markierte er für den Empfänger seine Unterkunft.
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Am Langster Anleger tummelten sich in den 60er Jahren neben dem Fährschiff Peter auch Privatboot­e und Ausflugssc­hiffe.
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1926 wurde das Haus Niederrhei­n auf Pfeilern errichtet.
 ??  ?? Im Februar 1942 führte ein Weg über den zugefroren­en Fluss.
Im Februar 1942 führte ein Weg über den zugefroren­en Fluss.

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