Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Ermittlung wegen 78 Drohschreiben
Gerichte, Behörden, Anwaltskanzleien und Verlage sollen Drohungen bekommen haben.
BERLIN (dpa) Politiker, Gerichte, Behörden und Institutionen sind wohl seit Monaten Ziel von Gewaltdrohungen aus mutmaßlich rechtsextremen Kreisen. Es gehe um mehr als 100 E-Mails, die mit „Nationalsozialistische Offensive“, „NSU 2.0“oder „Wehrmacht“unterzeichnet worden seien, so „Süddeutsche Zeitung“und NDR. Darunter waren nach Angaben von Ermittlern auch Bombendrohungen. Bei Durchsuchungen wurden keine Bomben gefunden. Die Serie soll im Sommer begonnen haben. Dass die Absender bislang nicht ermittelt wurden, hängt wohl auch damit zusammen, dass sie darauf achten, dass die E-Mails nicht zurückverfolgt werden können. Ob es sich um Rechtsextremisten handelt und ob auch Trittbrettfahrer unterwegs sind, ist unklar.
Wegen Drohungen seien am Montag der Hauptbahnhof Lübeck sowie am Dienstag das Finanzamt Gelsenkirchen vorsorglich geräumt worden, hieß es. Laut Polizei Koblenz gab es am Dienstag eine Bombendrohung gegen das Finanzamt. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft bestätigte, dass es im Januar Bombendrohungen gegen das Oberlandesgericht und die Staatsanwaltschaft gab. Seinerzeit gingen auch an Landgerichten Bombendrohungen ein. Betroffen waren unter anderem Wiesbaden, Saarbrücken, Hamburg, Potsdam, Magdeburg, Erfurt und Kiel. Dort war die Bombendrohung laut Polizei mit „Nationalsozialistische Offensive“unterschrieben. Ein Gerichtssprecher in Hamburg erklärte seinerzeit, dass die E-Mail rechtsextreme Bezüge enthalten habe. Laut Polizei Magdeburg drohte ein anonymer Absender mit einem Anschlag auf bundesweiter Ebene. Die Bundesanwaltschaft legte den Berichten zufolge einen Prüfvorgang an, wollte sich aber nicht näher äußern. Die Federführung bei den Ermittlungen liegt bei der Berliner Staatsanwaltschaft (Az.: 231 UJs. 181/19), die sich zunächst nicht äußerte.
Nach Recherchen von „SZ“und NDR erhielten neben Politikern auch Anwälte oder Journalisten Drohmails, zudem Sängerin Helene Fischer, die sich nach den Ausschreitungen in Chemnitz kritisch geäußert hatte. Fischers Management sagte dazu nichts. Der Zentralrat der Juden in Deutschland erklärte auf Anfrage, auch er habe eine Drohmail erhalten.