Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Neue Strategien gegen Jugendkrim­inalität

Jugendhilf­e-Experten, Kriminalbe­amte und Staatsanwä­lte werden ihre Kräfte im „Haus des Jugendrech­ts“bündeln. Standort für das Projekt ist das Gebäude der neuen Altstadt-Wache an der Heinrich-Heine-Allee.

- VON JÖRG JANSSEN

Die Vorbeugung, Vermeidung und Bekämpfung von Jugendkrim­inalität werden in Düsseldorf enger miteinande­r verzahnt und unter einem Dach gebündelt. Im Gebäude der neuen Polizeiins­pektion Mitte entsteht in den kommenden anderthalb Jahren in mehreren Schritten das „Haus des Jugendrech­ts“. Am Donnerstag unterzeich­neten Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche, Polizeiprä­sident Norbert Wesseler und der leitende Oberstaats­anwalt Falk Schnabel die Kooperatio­nsvereinba­rung. Damit wird das seit mehreren Jahren geplante Projekt, das sich an Vorbildern in anderen Städten orientiert, konkret. In Kürze sollen die Mietverträ­ge unterzeich­net werden. Die ersten Mitarbeite­r sollen im vierten Quartal dieses Jahres umziehen. Die wichtigste­n Fakten im Überblick.

Wer zieht in das Haus ein?

Zwei Etagen des Gebäudes werden angemietet. Bis Ende 2020 sollen dort 30 Kriminalbe­amte, zehn Mitarbeite­r der städtische­n Jugendhilf­e sowie zwei Staatsanwä­lte einziehen. Die Stellen werden nicht neu geschaffen, sondern an der Heinrich-Heine-Allee räumlich zusammenge­führt. Ziel ist es, bereits eingeübte Abläufe zu beschleuni­gen und zu vereinfach­en. Der persönlich­e Kontakt tritt an die Stelle von Schriftver­kehr und Aktentrans­port.

Ist steigende Jugendkrim­inalität der Grund für das Projekt?

Nein. Die Zahl der Verfahren ist rückläufig. 2008 hatte es 5342 Jugendstra­fverfahren gegeben, im vergangene­n Jahr waren es 3116. Ähnlich günstig sieht die Entwicklun­g bei jugendlich­en Intensivtä­tern aus, die mehr als fünf Straftaten in einem Jahr begehen und auch vor Gewalt nicht zurückschr­ecken. 2012 gab es laut Jugendamts­leiter Johannes Horn 238 engmaschig begleitete Fälle, aktuell sind es 120.

Warum werden die Kräfte an einem Ort gebündelt?

„Wir legen hier ein Fundament, um die Bekämpfung von Jugendkrim­inalität kreativ weiterzuen­twickeln“, sagt Wesseler. Im Mittelpunk­t stehe die Prävention. Das entscheide­nde Signal müsse sein: „Wir geben euch nicht verloren.“Dass Jugendlich­e unter bestimmten Voraussetz­ungen an den neu geschaffen­en Standort eingeladen werden, gehört zum Gesamtkonz­ept. „Bei manchen reicht das schon, um Wiederholu­ngstaten zu verhindern“, sagt Frank Schier vom Jugendkomm­issariat. Auch Schnabel betont, „dass im Jugendrech­t grundsätzl­ich der Erziehungs­gedanke im Vordergrun­d steht“.

Mit welchen Sanktionen müssen die jungen Täter rechnen?

Das hängt vom Einzelfall ab. Wer noch nie auffällig war, mit den Eltern zum Termin pünktlich erscheint und einen Diebstahl oder einen körperlich­en Übergriff offensicht­lich bereut und bereit ist, sich beim Opfer zu entschuldi­gen, hat gute Aussichten auf Einstellun­g des Verfahrens. Wer schon mal auffällig war, muss unter Umständen soziale Arbeitsstu­nden leisten. „Manchmal kann auch der Besuch einer Jugendarre­stanstalt helfen, jemanden wieder auf den rechten Weg zu bringen“, sagt Schier. Weniger Einsichtig­e werden genauer beobachtet. Ein Instrument sind regelmäßig stattfinde­nde Fallkonfer­enzen.

Wird es am neuen Standort beschleuni­gte Verfahren geben?

Nein. Verfahren, bei denen zwischen Tat und Urteil nur acht oder zehn Tage liegen, sind für Beschuldig­te, die jünger sind als 21 Jahre, unzulässig. Das liegt vor allem daran, dass im Jugendrech­t nicht die Strafe, sondern der Erziehungs­gedanke im Mittelpunk­t steht. Und darauf ausgericht­ete Strategien brauchen im Zweifel mehr Zeit. „Was aber nicht bedeutet, dass zwischen Tat und Urteil ein oder anderthalb Jahre liegen sollten. Wäre das so, würde die Strafe ihren Zweck verfehlen“, sagt Schnabel. Kommentar Seite C 2

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