Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Mit 17 schon ein Software-Talent
Gemeinsam mit Freunden entwickelt Nils Reichardt einen digitalen Schulplaner für Lehrer, Schüler und Eltern.
Nils Reichardt weiß genau, was er will. Das kann noch lange nicht jeder von sich behaupten und schon gar nicht jeder 17-Jährige. In sechs Wochen wird der Schüler des Lessing-Gymnasiums zusammen mit seinen Freunden Jonas Sander und Henry Silderhuis ein Unternehmen gründen. Mit „Codingbrain“steht der Name der Firma bereits fest, das erste Produkt namens „Sharezone“, ein digital-vernetzter Schulplaner für Lehrer, Schüler und Eltern, ist fertig. Deshalb verzichtet der App-Entwickler Reichardt auch auf die Fortsetzung seiner vielversprechenden Leistungssportkarriere. Für Schalke 04 ging er noch vor kurzem bei der Deutschen Leichtathletikmeisterschaft über die 1500-Meter-Distanz an den Start und wurde in seiner Altersklasse Sechster. „Er ist definitiv ein Lauftalent“, urteilt sein Ex-Trainer Andrè Pollmächer. „Seine Entwicklung war besser als erwartet. Aus ihm hätte etwas werden können.“Pollmächer, der 2014 noch für den Düsseldorfer Club Rheinmarathon startete und Achter bei der Marathon-Europameisterschaft wurde, bedauert Reichardts Entscheidung, mit dem Sport aufzuhören. „Ja, es ist schade, aber ich kann es verstehen. Auf die Karte Leistungssport zu setzen, ist immer ein Wagnis, besonders wenn man so eine Kernkompetenz besitzt wie Nils“, so Pollmächer. Seit Ende Februar muss Reichardt also nicht mehr um halb fünf morgens aufstehen und 15 Trainingskilometer hinter sich bringen. Jetzt kann er sich auf Schule, da steht im kommenden
Frühjahr das Abitur an, und App-Entwicklung im eigenen Unternehmen konzentrieren. Sander und Silderhuis sind bereits 18 Jahre alt, damit voll geschäftsfähig, nehmen die kleine Verzögerung ihrer Unternehmenslaufbahn aber gerne in Kauf, denn zu dritt scheint das Trio eine rosige IT-Unternehmenszukunft zu besitzen.
So jedenfalls sah es die Jury der bundesweiten Initiative „Startup Teens“. Reichardt und Co stellten die Sharezone-Idee den „Startup Teens“vor und erhielten in der Kategorie „Digital Life“die 10.000 Euro Fördersumme.
„Wir haben Ideen im Kopf, hatten aber bis vor gut einem Jahr nicht den Mut, sie umzusetzen“, erläutert Reichardt. Ein Vortrag über Chancen und Risiken von Existenzgründungen gab Reichardt den letzten Kick. „Es wurden zwar auch viele Fragen aufgeworfen wie Datenschutz oder Steuern und Abgaben, aber die Essenz war, einfach anzufangen“, so der Gymnasiast. „Also haben wir unsere Hemmungen abgebaut und gemacht.“Dabei half der „Digital Innovation Hub Düsseldorf/Rheinland“(digihub). Der digihub fördert für jeweils fünf Monate Gründer- und Firmenteams u.a. bei der Entwicklung eines Prototypen, bietet Räume für die Zusammenarbeit und Coaching- und Mentoring-Programme. So verbrachte Reichardt nach der täglichen Zeit am „Lessing“mehr Zeit im „Startplatz“des digihubs im Hafen. „Ich habe mir schon vorgestellt, dass die Entwicklung der App Sharzone und alles, was damit zusammenhängt, viel Arbeit ist, aber dass es so viel Arbeit ist, hatte ich nicht gedacht“, so Reichardt. „Aber es macht auch unheimlich viel Spaß, ich konnte meine große Neugier befriedigen und jede Menge ausprobieren. Und ich habe unheimlich viele Kontakte geknüpft.“So gehörte etwa Flixbus-Gründer Daniel Kraus zu seinen digihub-Mentoren.
Dass er auch ein Software-Talent ist, bewies Reichardt schon früh. „Ich hatte in der Grundschule einen Computer und habe die von meinen Eltern eingesetzte Zeitsperre umgangen. Mit zehn habe ich über den verschlüsselten Account meiner Mutter Sammelkarten bestellt“, erinnert sich der bald Volljährige lächelnd. Mit zwölf Jahren entwickelte er Designs für Youtuber, bearbeitete Videos, schrieb Plugins und Addons und wollte im Zusammenhang mit Software immer alles wissen. Jetzt schreibt er Schul-Organisations-Apps, weiß aber, dass er noch immer nicht alles weiß, was mit Programmierung zusammenhängt. Es bleibt noch Raum für seine Neugier.