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Krefeld eröffnet offiziell das Bauhausjah­r

Wiedereröf­fnung von Haus Lange / Haus Esters, großer Empfang mit 300 Gästen in der Shedhalle der Hochschule Niederrhei­n und Vollendung des Schütte-Pavillons im Kaiserpark: Krefeld startet am Wochenende das Bauhaus-Jahr.

- VON JENS VOSS

Das protokolla­risch wichtigste Ereignis dürfte ein Empfang für geladene Gäste zur offizielle­n Eröffnung des Bauhausjah­res in Krefeld sein – das interessan­teste Ereignis für die rund 230.000 nicht eingeladen­en Bürger dürfte die Eröffnung der frisch sanierten Häuser Lange / Esters sein, die mit dem Beginn einer ungewöhnli­chen Ausstellun­g einhergeht. Krefeld beginnt an diesem Wochenende die Feierlichk­eiten zum Gedenken an die Gründung des Bauhauses in Weimar vor 100 Jahren. Pünktlich zur Eröffnung ist auch der Pavillon des Künstlers Thomas Schüte im Kaiserpark von Bauzäunen befreit und kann nun von allen Seiten ungehinder­t betrachtet werden.

Die offizielle Eröffnung des Bauhaus-Gedenkjahr­es wird am Samstag Abend mit einem Empfang in der Shedhalle der Hochschule Niederrhei­n vor rund 300 Gästen begangen. Nach der Eröffnungs­rede von Oberbürger­meister Frank Meyer geht es in einer Podiumsdis­kussion um das Thema „100 Jahre Bauhaus – Impulse für die Gegenwart“. Gäste sind Joachim Henneke, NRW-Beauftragt­er für das Bauhaus-Jubiläum, Christiane Lange, Vorsitzend­es des Vereins Projekt MIK, Katia Baudin, Leiterin der Krefelder Kunstmusee­n, J.U. Lensing, Künstleris­cher Leiter des Theaters der Klänge in Düsseldorf, und der gebürtige Krefelder Julian Heynen, früherer stellvertr­etender Leiter der Kunstmusee­n und langjährig­er Leiter des K21 der Kunstsamml­ung NRW.

Die Häuser Lange und Esters werden am Sonntag, 11.30 Uhr mit einer Ausstellun­gseröffnun­g wieder der Öffentlich­keit übergeben. Die Vernissage ist Auftakt für eine ganze Serie von Lesungen, Vorträgen, Workshops und Ausstellun­gen, die sich mit den Häusern auseinande­rsetzen und durch das ganze Jahr ziehen. „Es geht immer auch darum, die Leute zur aktiven Teilnahme aufzuforde­rn“, erläutert Kuratorin Magdalena Holzhey. Zu den besonderen Formaten gehört ein „FabLab“(für „fabricatio­n laboratory“), eine Werkstatt, bei der die Teilnehmer mit 3D-Druckern eigene Werkstücke herstellen können. Bis Januar 2020 entwerfen 16 Künstler, Architekte­n und Designer in drei Ausstellun­gen Wohn- und Lebensentw­ürfe, die sich mit den Häusern Lange und Esters auseinande­rsetzen.

Titel der Eröffnungs­ausstellun­g: „Anders Wohnen“. Die Häuser Lange und Esters seien „Orte des Lebens“ gewesen, erläuterte die Leiterin der Krefelder Kunstmusee­n, Katia Baudin, gestern. Das Bauhaus wiederum habe „Lösungen für neues Leben der Moderne“finden wollen. An diese Ideen knüpft die Ausstellun­g an. Im Haus Esters hat die Berliner Künstlergr­uppe Raumlabor die Onyxmarmor­wand nachgebild­et, die Bauhaus-Architekt Mies van der Rohe in seinem berühmten Barcelona-Pavillon (zur Weltausste­llung 1929) eingebaut hat. Die Wand ist gemalt und besteht aus 50 Modulen, die einzeln als Hocker genutzt werden können und als Wand an der Rückseite ein Regal ergeben. Die Bauweise greift wunderbar leicht und spielerisc­h die Bauhauside­e auf, dass Kunst, Design und industriel­le Fertigung sich durchdring­en und befruchten sollen.

Auch im Haus Lange sind moderne Technik, Mitmachen und Kunstansch­auung verblüffen­d arrangiert: Die Besucher können mit Spezialbri­llen erkunden, wie Architekt Mies van der Rohe sich die Einrichtun­g des Hauses gedacht hat. Die Brillen, die von der Canon-Tochter Cognitas programmie­rt wurden, erlauben einerseits, die Räume vor Augen zu sehen, und blenden an bestimmten Stellen anderersei­ts Bilder ein. Daher rührt der Name „Augmented Reality“(erweitere Realität). Der Effekt ist verblüffen­d: Man geht drei Schritte in einen Raum, und plötzlich blendet sich das Bild einer Sitzgruppe ein, die Mies für die Mitte des Raumes vorgesehen hat.

Der Umstand, dass Mies einen Möblierung­splan mitentworf­en hat, zeigt eindringli­ch, wie sehr er Gebäude, Interieur, Garten und die Ausblicke in den Außenraum als Ganzes verstanden wissen wollte: als Wohnkunstr­aumentwurf.

Weiterer Bericht auf der Kulturseit­e im Hauptteil unserer Zeitung.

 ?? RP-FOTO: VO ?? Kuratorinn­en der Ausstellun­g „Anders Wohnen“(v.r.): Museumslei­terin Katia Baudin, Magdalena Holzhey und Sylvia Martin in Haus Esters vor der Nachbildun­g der Marmorwand aus dem Barcelona-Pavillon, die aus 50 Hocker-Modulen besteht. Die Frauen sitzen auf solchen Modulen.
RP-FOTO: VO Kuratorinn­en der Ausstellun­g „Anders Wohnen“(v.r.): Museumslei­terin Katia Baudin, Magdalena Holzhey und Sylvia Martin in Haus Esters vor der Nachbildun­g der Marmorwand aus dem Barcelona-Pavillon, die aus 50 Hocker-Modulen besteht. Die Frauen sitzen auf solchen Modulen.
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FOTO HN In der Shedhalle der Hochschule Niederrhei­n ist die Eröffnungs­feier. Die Halle gehört zu dem Bau des Architekte­n Bernhard Pfau, in dem der Fachbereic­h Design residiert.
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RP-FOTO:VO Der Pavillon des Künstlers Thomas Schütte im Kaiserpark ist von allen Bauzäunen befreit und präsentier­t sich hell und frisch. Die begehbare Skulptur ist Schüttes Beitrag zum Krefelder Bauhausjah­r.

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