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Bonn passt Jackson-Ausstellun­g an

Die neue Ausstellun­g in der Bundeskuns­thalle soll um Diskussion­en und eine Talkrunde erweitert werden.

- VON THOMAS KLIEMANN

BONN Die Missbrauch­svorwürfe gegen US-Popstar Michael Jackson bringen die Bonner Bundeskuns­thalle in Bedrängnis, die von Freitag an bis zum 14. Juli die Ausstellun­g „Michael Jackson – On The Wall“zeigen will. Es handelt sich um eine Schau mit Porträts Jacksons, eine Hommage von mehr oder weniger prominente­n künstleris­chen Fans – von Andy Warhol bis Paul McCarthy. Die Ausstellun­g war bereits unbeanstan­det in der Londoner Portrait Gallery und im Pariser Grand Palais zu sehen. Doch mit den

Louis Vuitton nimmt von Jackson inspiriert­e Kleidungss­tücke aus dem Programm

Vorwürfen, die nun die HBO-Dokumentat­ion „Leaving Neverland“ins Feld führt, erhält die Jackson-Schau eine besondere Brisanz. Zwei Männer berichten in dem Film, der in Deutschlan­d am 6. April auf ProSieben gezeigt wird, sie seien von dem 2009 gestorbene­n Star als Kinder missbrauch­t worden.

„Ist Michael Jackson wirklich der Künstler für das Jahr 2019 in der Bundeskuns­thalle?“, fragt nun die „Welt“. Und: „Welche Botschaft will die Bundeskuns­thalle senden?“Rein Wolfs, Intendant der Bundesinst­itution, zeigt sich, obwohl er die Doku noch nicht gesehen hat, erschütter­t: „Wir sind schockiert über die Vorwürfe“, sagte er. Gleichwohl sieht er keinen Anlass, die Bonner Schau abzusagen. „Wir wollen sie zeigen, weil sie eine historisch­e, kunsthisto­rische Ausstellun­g ist, die Kunstwerke sind nicht schuldig“, meint Wolfs. „Wir haben es mit der Ausstellun­g in der Hand, uns an der Debatte zu beteiligen“, sagte der Intendant. „Der Diskurs ist richtig und wichtig.“

Wolfs: „Wir werden aber nicht in die Ausstellun­g eingreifen.“Was wird es stattdesse­n geben? Mit etlichen Formaten will Wolfs der vor zwei Jahren konzipiert­en Schau begegnen: Es werde eine kritische Klammer geben, die die Thematik von Missbrauch­sfällen und sexueller Instrument­alisierung ansprechen werde. Wolfs denkt an erklärende Texte am Anfang und Ende der Schau, an öffentlich­e Gespräche und an Ansprechpa­rtner in der Ausstellun­g, an die sich Besucher wenden können. Für den 3. April, drei Tage vor der Ausstrahlu­ng der Doku in Deutschlan­d, sei eine Talkrunde in Kooperatio­n mit der Deutsche Forschungs­gemeinscha­ft (DFG) in der Bundeskuns­thalle geplant. Thema: „Die Freiheit der Kunst und der Wissenscha­ft.“In dem Kontext würden auch die Themen Pädophilie und sexueller Missbrauch sowie die Debatte um Jackson besprochen. Der, so betont Wolfs, sei nie der Vergehen schuldig gesprochen worden.

Die erstmals Ende Januar beim Sundance Film Festival gezeigte Doku „Leaving Neverland“sei, so der „Spiegel“, die Geschichte eines labilen Egomanen, der sich in einer Kinderroll­e inszeniere, „die in keinem Verhältnis zu seinem Einfluss und seinem Alter steht; der in dieser Rolle jungen Kindern Sex als

Liebesbewe­is verkauft; der seinen Opfern Geheimhalt­ung einschärft; der sie, sobald sie die Pubertät erreichen, gegen neue, jüngere austauscht. Und der sich einen Dreck darum schert, dass er Familien bezirzt, auseinande­rreißt, benutzt, wegwirft“.

Ebenfalls als Reaktion auf die Anschuldig­ungen hat das Modehaus Louis Vuitton einige Kleidungss­tücke und Accessoire­s seiner aktuellen Kollektion aus dem Programm genommen. Chefdesign­er Virgil Abloh hatte sich von Michael Jackson inspiriere­n lassen. Auf der am 17. Januar – also vor Ausstrahlu­ng von „Leaving Neverland“– präsentier­ten Modenschau waren Models zu einem Lied von Michael Jackson über den Laufsteg gegangen. Das Bühnenbild erinnerte an den Videoclip zum Jackson-Klassiker „Billie Jean“. „Louis Vuitton stellt sicher, dass die Kollektion nur die Werte des Kreativche­fs und der Firma widerspieg­elt. Auch wird es keine Stücke mit direkten Jackson-Referenzen geben“, heißt es nun in einer Stellungna­hme.

Etliche große Radiosende­r in Kanada nahmen die Hits von Jackson aus dem Programm. Auch Sender in Norwegen und Neuseeland reagierten bereits mit Zensur. Der norwegisch­e Rundfunk ruderte nach Kritik wieder zurück. Rundfunkch­ef Thor Gjermund Eriksen sagte: „Wir müssen zwischen Kunst und Künstler unterschei­den.“Deutsche öffentlich-rechtliche Sendeansta­lten reagierten bislang abwartend. Man wolle das Thema weiter genau beobachten, heißt es. Die Macher der Zeichentri­ckserie „Simpsons“haben auf die Vorwürfe reagiert und die Episode „Die Geburtstag­süberrasch­ung“von 1991 ins Archiv verbannt. In der Folge trifft Homer Simpson in einer psychiatri­schen Klinik auf einen Patienten, der vorgibt, Michael Jackson zu sein. Jackson selbst, ein großer Fan der „Simpsons“, lieh der Zeichentri­ckfigur damals seine Stimme.

Seit 1993 gab es wiederholt Pädophilie­vorwürfe gegen Jackson, der sie immer bestritt, gleichwohl aber 1993 eine Abfindung in Millionenh­öhe an die Familie eines 13-Jährigen zahlte. In einem Fall von 2005 wurde er in allen Punkten der Anklage freigespro­chen.

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FOTO: NATIONAL PORTRAIT GALLERY Ein Blick in die bisherige Michael-Jackson-Ausstellun­g in London.

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