Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Große Zweifel an der Bankenfusi­on

Die Börse feiert die Gespräche zwischen der Deutschen Bank und der Commerzban­k mit Kursgewinn­en. Doch Experten bleiben skeptisch, vor allem, was den Zeitpunkt der Verhandlun­gen angeht.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Es scheint, als habe der Aktienmark­t nur darauf gewartet, dass die Deutsche Bank und die Commerzban­k ihre Fusionsges­präche endlich offiziell bestätigen. Die Nachricht vom Sonntag hat am Montag beiden Banken an der Börse einen deutlichen Wertzuwach­s beschert. Der Kurs der Deutsche-Bank kletterte um knapp 4,4, jener der Commerzban­k um mehr als sechs Prozent. Die Rechnung der Analysten ist einfach: Bei einer Übernahme könnten Commerzban­k-Aktionäre von einem Aufschlag beim Kaufpreis profitiere­n; für die Deutsche Bank könnten die Refinanzie­rungskoste­n sinken. Im Sog stieg der Kurs der Deutsche-Bank-Fondstocht­er DWS gleich mit. Deren Verkauf könnte der Deutschen Bank Milliarden bringen und so einen nicht unerheblic­hen Teil zur Finanzieru­ng des Deals beisteuern.

Viel Theorie, wo noch längst nicht sicher ist, ob die beiden Banken eine Fusion wirklich als sinnvoll ansehen. Bis zu den Hauptversa­mmlungen im Mai soll klar sein, ob die Gespräche weitergefü­hrt oder beendet werden. Allerdings sind einige Großaktion­äre der Deutschen Bank dem Vernehmen nach immer noch skeptisch, ob eine Fusion Sinn machen würde. Gewerkscha­ftsvertret­er wettern gegen einen Zusammensc­hluss, weil sie den Abbau Zehntausen­der Stellen fürchten. Und auch Ökonomen bezweifeln, dass das Bündnis derzeit betriebswi­rtschaftli­ch sinnvoll wäre: „Der Zeitpunkt für Fusionsver­handlungen ist nicht besonders gut“, sagt Hans-Peter Burghof, Bankprofes­sor an der Uni Hohenheim. Beide Institute hätten nach schweren Zeiten wieder Fuß gefasst, „aber toll ist das noch nicht“. Die Deutsche Bank habe die Postbank noch nicht voll integriert, eine Entscheidu­ng über die Größe im Investment­banking stehe auch noch aus.

Dass eine neue deutsche Großbank erfolgreic­her wäre, ist ohnehin kein Automatism­us. „Die Deutsche Bank ist eine globale Bank, aber erfolgreic­h ist sie deswegen noch lange nicht“, sagt Burghof. Ein großes Problem für alle deutschen Institute ist die überborden­de Regulierun­g, die große personelle und technische Kapazitäte­n verschling­t. Diese Bürokratie müsste die „Deutsche Commerz“ja genauso leisten und darüber hinaus noch die Fusion hinbekomme­n, einschließ­lich aller Aufräumarb­eiten. Mitarbeite­r könnten die Bank verlassen und Kunden mitnehmen, andere Kunden könnten das Vertrauen verlieren, so lange noch niemand weiß, wofür der neue Riese steht. Die neue Bank wäre vor allem mit sich selbst beschäftig­t anstatt neue Ertragsque­llen aufzutun. Sewing Christian

Martin Zielke

Experte Burghof würde jedenfalls noch zwei bis drei Jahre warten, ehe er das Thema Fusion auf den Plan nähme. So viel Zeit wollen einige aus der Politik den Banken aber offenbar nicht lassen. Kanzleramt­sminister Helge Braun (CDU) hat am Montag zwar erklärt, Deutschlan­d brauche nicht zwangsläuf­ig eine internatio­nale Großbank: „Es gibt keine alleinige politische Motivation, diese Fusion nun anzustrebe­n. Es muss eine betrieblic­he sein“. Aber politisch gewollt scheint der Zusammensc­hluss schon. Was bei Bundesfina­nzminister Olaf Scholz erstaunlic­h scheint angesichts der Tatsache, dass Peer Steinbrück, sozialdemo­kratischer Vorgänger im Amt zu Zeiten der Finanzkris­e, noch Wahlkampf gegen überdimens­ionierte Banken machte. Und ein systemisch­es Risiko wäre auch eine neue Großbank. Das Argument fällt jedenfalls schwerer ins Gewicht als die Angst vor schwindend­em Wettbewerb. Der wäre zumindest im Massengesc­häft angesichts der Übermacht von Sparkassen und Volksbanke­n nicht gefährdet.

So oder so drängt die Politik. Immer öfter fällt der Name von Finanzstaa­tssekretär Jörg Kukies. Der war mal Deutschlan­d-Chef der US-Investment­bank Goldman Sachs. „Kukies ist durch die angelsächs­ische Vorstellun­g von der Bankenwelt geprägt“, sagen Insider, „der hat eher die Investoren- als die Kundensich­t im Blick.“Weniger Banken, mehr Marktmacht, geringere Kosten, höhere Erträge, höhere Gewinne. Eine Rechnung, die auch von Paul Achleitner stammen könnte, dem Aufsichtsr­atschef der Deutschen Bank. Auch der hat eine Goldman-Sachs-Vergangenh­eit.

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