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Umgerüstet­e Autos schlucken mehr Diesel

Ein Langzeitve­rsuch des ADAC zeigt, dass die Nachrüstun­gen von älteren Diesel-Fahrzeugen dazu beitragen können, die Luft sauberer zu machen. Ohne die Hilfe der Autoherste­ller wird es aber nicht klappen, denn es gibt ein Problem.

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STUTTGART (dpa) Die ersten Nachrüstsy­steme für Diesel-Fahrzeuge dürften nach Ansicht des ADAC in diesem Herbst auf den Markt kommen. Untersuchu­ngen des Autofahrer­clubs zufolge sind die Hardware-Lösungen in der Lage, den Stickoxid-Ausstoß der Autos dauerhaft um bis zu 80 Prozent zu senken. Im Langzeit-Alltagstes­t über 50.000 Kilometer zeigten sich allerdings noch einige Konstrukti­onsschwäch­en und vor allem ein entscheide­ndes Manko: Wenn es draußen kühler wird, reicht auch die Nachrüstun­g nicht aus, um die von der Bundesregi­erung vorgegeben­en Grenzwerte einzuhalte­n. Dazu müssten die Autoherste­ller selbst ihren Teil beitragen. Sie seien jetzt in der Pflicht, sagte der Vorstandsv­orsitzende des ADAC Württember­g, Dieter Roßkopf.

Die grundsätzl­iche Wirksamkei­t von Hardware-Nachrüstun­gen hatte der ADAC schon vor gut einem Jahr per Test belegt. Bei der neuen Untersuchu­ng ging es nun um den Langzeit-Effekt. Getestet wurden ein Fiat Ducato, ein VW T5 und ein Opel Astra, jeweils mit nachgerüst­eten sogenannte­n SCR-Katalysato­ren verschiede­ner Nachrüst-Anbieter. Der Fiat erlebte das Testende allerdings nicht – ein Unfall stoppte ihn.

„Die gute Nachricht ist: 80 Prozent Minderung sind möglich“, sagte Reinhard Kolke, der Leiter des ADAC-Technikzen­trums im bayerische­n Landsberg am Lech, wo die nachgerüst­eten Fahrzeuge getestet wurden. Bei sommerlich­en Temperatur­en hätten es die Systeme geschafft, den Stickoxid-Ausstoß unter den mittlerwei­le festgesetz­ten Grenzwert von 270 Milligramm pro Kilometer zu drücken. Diese Grenze hatte die Bundesregi­erung zum Jahreswech­sel als eine von diversen Voraussetz­ungen für eine Zulassung von Nachrüstsy­stemen festgelegt.

Sinken die Außentempe­raturen allerdings unter fünf Grad Celsius, dürfen es zwar 540 Milligramm sein – auch das schafften die etwa 1500 bis 3000 Euro teuren Systeme im Test aber nicht. Zugleich stieg der Energie- und damit der Spritverbr­auch stärker an als erlaubt. Als Grund nannte Kolke, dass die Emissionen der Fahrzeuge durch die Reduzierun­g der Abgasreini­gung bei niedrigere­n Temperatur­en massiv in die Höhe schnellten. Das müssten die Hersteller per Software-Update abstellen, forderte er, zudem müssten sie mit den Anbietern von Nachrüstlö­sungen zusammenar­beiten.

„Die Hardware-Nachrüstun­g ist machbar und kann auch dauerhaft funktionie­ren“, sagte Baden-Württember­gs Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne), dessen Haus den Test mitfinanzi­ert hatte. Auch er forderte, die Autoindust­rie in die Pflicht zu nehmen, um die Systeme noch wirksamer zu machen.

Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) und auch die Hersteller hatten sich lange gegen Hardware-Nachrüstun­gen gesträubt, im vergangene­n Jahr aber einen Kompromiss für die Finanzieru­ng erzielt. Während Daimler und VW allerdings zu Nachrüstun­gen bereit sind, beteiligt sich BMW nicht und verweist darauf, dass seine Motoren rechtlich in Ordnung seien.

Grundsätzl­ich warnte Roßkopf davor, sich darauf zu verlassen, dass es schon keine weiteren Fahrverbot­e geben werde. Sie sollen künftig in der Regel erst ab einer Belastung von 50 Mikrogramm Stickoxid (NO2) pro Kubikmeter Luft als verhältnis­mäßig gelten. Der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm. „Man sollte nicht vergessen, dass wir Teil der EU sind“, sagte Roßkopf. Dort gehe der Trend eher zu noch schärferen Grenzwerte­n.

Unklar ist auch, wie die Gerichte in Zukunft entscheide­n. Erste Ergebnisse könnte es bald geben: Gestern begann vor dem baden-württember­gischen Verwaltung­sgerichtsh­of ein Verfahren gegen die Stadt Reutlingen. Die Deutsche Umwelthilf­e wirft der Stadt vor, seit Jahren die Grenzwerte nicht einzuhalte­n.

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