Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wie Jacobi einmal vom Kollegen Goethe vorgeführt wurde

- VON CLAUS CLEMENS Info

Es ist gewiss eine müßige Frage, aber man könnte sie einfach mal stellen: Heinrich Heine oder Friedrich Heinrich Jacobi? Wer spielte die größere Rolle im Düsseldorf­er Geistesleb­en ihrer Zeit? In allgemeine­r Erinnerung ist vor allem Heine geblieben. Nicht weniger bedeutsam war aber der Philosoph und Kaufmann Friedrich Heinrich Jacobi (1743–1819). Er gehört zu den bedeutends­ten Repräsenta­nten der klassische­n deutschen Philosophi­e. Jacobi unterhielt eine intensive Briefkorre­spondenz mit Matthias Claudius, Schiller, Schlegel, Schleierma­cher und Wieland. In seinem Pempelfort­er Haus trafen sich die Brüder von Humboldt, Herder und der französisc­he Enzyklopäd­ist Diderot. Und immer wieder Goethe.

Zu Jacobis 200. Todestag widmet das Goethe-Museum, gelegen an der Jacobistra­ße unweit vom Gelände des historisch­en Jacobi-Gartens mit Wohnhaus entfernt, eine Kabinett-Ausstellun­g. Unter dem Titel „Gesprächsk­ultur und Geselligke­it“beleuchtet sie den Düsseldorf­er Vorort Pempelfort als geistiges Zentrum des 18. Jahrhunder­ts. Heike Spies, stellvertr­etende Direktorin des Museums, hat aus eigenen Beständen rund 70 Exponate ausgewählt. Präsentier­t werden Erstausgab­en, wertvolle Handschrif­ten, Porträts und zeichneris­che Darstellun­gen. In sieben Vitrinen führt der Weg von dem Landgut Pempelfort über einschneid­ende Ereignisse im Leben des Philosophe­n hin zu seinen neuen Aufgaben in München und schließlic­h zu der öffentlich­en Trauer um seinen Tod.

Besonders das Verhältnis zu Goethe war von tief empfundene­r Freundscha­ft und von ebenso intensiven Zerwürfnis­sen geprägt. Erfahrbar wird dies besonders in dem mit „Aufregung um ‚Woldemar‘“betitelten Schaukaste­n. Nach dem Riesenerfo­lg seines „Werther“hatte der Weimarer Dichterfür­st den Düsseldorf­er Freund ermutigt, ebenfalls Romane zu schreiben. Darauf hin verfasste Jacobi den Briefroman „Woldemar“und stellte eine Widmung an Goethe voran: „Meine Gabe möge dir gefallen! Liebe mich; lebe wohl.“

Doch Woldemars Briefe gefielen Goethe überhaupt nicht. Er verfasste eine gezielte Parodie, und in der Folge kam es zu der sogenannte­n „Ettersberg­er Kreuzigung“. Unter einer Eiche wurden in Anwesenhei­t der Herzogin-Mutter Anna Amalia parodierte Briefe vorgetrage­n und von Goethe als abschrecke­ndes Beispiel an den Baum genagelt. Der Buchtitel zeigte vorab die entsetzte Physiognom­ie Jacobis, der von einem gehörnten Teufel umklammert und – von kosmischem Gelächter begleitet – fortgetrag­en wird.

Die Jacobi-Ausstellun­g ist noch bis Sonntag, 28. April, zu sehen. Am Sonntag, 14. April, und am Mittwoch, 17. April, bietet Heike Spies eine Kuratoren-Führung an. Anmeldung telefonisc­h unter 0211 899 6262

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FOTO: ANDREAS BRETZ „Gelebte Punk-Noblesse“: Carmen Knoebel (hier mit dem Signet ihrer Initiative „Kinderster­n“).

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