Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Scheuers Helm-Kampagne regt auf
SPD-Frauen werfen dem Verkehrsminister vor, auf sexistische Fotos zu setzen.
BERLIN Eine Fahrradhelm-Kampagne von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit leicht bekleideten Models ist vor allem in der SPD auf scharfe Kritik gestoßen. „Es ist peinlich, dumm und sexistisch, wenn der Verkehrsminister seine Politik mit nackter Haut verkauft“, sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, Maria Noichl. Frauen fühlten sich dadurch beleidigt. „Deshalb: runter mit den Plakaten.“Diese sollen den Angaben zufolge ab Dienstag entlang von Straßen aufgestellt werden. Zu sehen sind junge Frauen und Männer.
Das Verkehrsministerium will mit der Kampagne, die auch Videos umfasst, vor allem junge Menschen zum Tragen eines Helms animieren. Scheuers Kampagne trägt den Titel: „Looks like shit. But saves my life“– auf Deutsch: „Sieht scheiße aus, rettet aber mein Leben.“Dabei ist unter anderem „Germany‘s Next Topmodel“-Kandidatin Alicija.
In den sozialen Netzwerken gab es Spott, aber auch Unterstützung. Das Ministerium rechtfertigte sich via Twitter. Hauptzielgruppe seien junge Frauen und Männer, die aus ästhetischen Gründen keine Helme trügen. Die erste Auswertung der Einschaltquoten – 1,78 Millionen Zuschauer zwischen 14 und 49 Jahren – bestätige, „dass wir diese Zielgruppe sehr gut erreicht haben“. Man könne die Einwände nachvollziehen, stehe aber hinter den Motiven.
Der Ärger kommt für Scheuer zu einem Zeitpunkt, an dem er beim Klimaschutz unter Druck steht. Er muss bis Ende der Woche Vorschläge für CO2-Einsparungen im Verkehrssektor vorlegen. Eine von ihm eingesetzte Arbeitsgruppe, die an diesem Montag zu ihrer entscheidenden Sitzung zusammenkommt, hatte ursprünglich auch ein Tempolimit und höhere Spritpreise vorgeschlagen. Beides ist auf Druck Scheuers in einem Berichtsentwurf in den Hintergrund gedrängt worden. Nun fehlen jedoch überzeugende Maßnahmen.
„Andreas Scheuer muss endlich seine Sabotage- und Einmischungsversuche einstellen und die Experten der AG Klimaschutz im Verkehr ihre Arbeit zu Ende bringen lassen“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Der Verkehrssektor müsse seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Selbst die Automobilindustrie denke mittlerweile um und suche den Einstieg in emissionsfreie Mobilität. „Sollte Scheuer weiter mit Denkverboten und Polemiken den Umbau bekämpfen, dann schadet er nicht nur dem Klimaschutz. Er gefährdet auch Hunderttausende Jobs und wird zum personifizierten Standortnachteil der deutschen Automobilindustrie“, so Hofreiter.