Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Hülser startet Blühstreif­en-Offensive

Thomas Vennekel und seine Frau Ruth bieten Patenschaf­ten für Blühstreif­en an. Motto: „Krefeld blüht!“Jeder kann demnach bestimmte Flächen gegen eine jährliche Pacht als Blühstreif­en anlegen und pflegen lassen.

- VON JENS VOSS

Der Hülser Landwirt Thomas Vennekel startet unter dem Motto „Krefeld blüht!“eine Initiative zur Schaffung von mehr naturnahen Blühstreif­en: Er bietet Bürgern und Firmen an, Pate für Blühstreif­en zu werden. Gegen eine jährliche Pacht wird der Landwirt die Blühstreif­en anlegen und pflegen. Die Höhe der Pacht hängt von der Größe des Blühstreif­ens ab: 50 Cent pro Quadratmet­er pro Jahr für 100 Quadratmet­er Fläche, 40 Cent pro Quadratmet­er pro Jahr für 500 Quadratmet­er, 30 Cent für 1000 Quadratmet­er pro Jahr. Vennekel setzt damit nicht auf das bestehende EU-Zuschusssy­stem, sondern auf die Nachfrage bei den Menschen. „Bisher war es selbstvers­tändlich für uns, auf unseren sehr fruchtbare­n Böden qualitativ hochwertig­e Lebensmitt­el zu produziere­n. Neben dieser Kernaufgab­e möchten wir noch mehr Flächen für den Artenschut­z bereit stellen und somit den Lebensraum für Bienen und Insekten verbessern“, sagt Vennekel.

Die Anforderun­gen an die Landwirtsc­haft hätten sich geändert. „Obwohl die Landwirte sich an Recht und Gesetz halten, steht vor allem die Landwirtsc­haft in der Kritik, etwa für den Verlust an Insekten verantwort­lich zu sein“, sagt er. Es gebe zunehmend die Forderung an die Landwirte, die Landschaft naturnah zu pflegen. Dem wolle man sich stellen, betont Vennekel. Er setzt mit seinem Angebot auf Marktwirts­chaft und nicht auf das bestehende Zuschusssy­stem der EU zur Anlage von Blühstreif­en.

Dieses System wird aus den Reihen der Landwirte als zu eng, zu bürokratis­ch und zu unattrakti­v kritisiert. Im Moment ist es so, dass ein Landwirt Prämien bekommt, wenn er nach bestimmten Standards produziert und fünf Prozent seiner Ackerfläch­e als Ökologisch­e Vorrangflä­che bewirtscha­ftet. Das Problem aus Sicht der Landwirte: Die Prämien sind deutlich niedriger als die möglichen Erträge bei normaler Bewirtscha­ftung.

„Als Landwirt bekomme ich für Blühstreif­en die Hälfte von dem, was ich mit Weizen erwirtscha­ften würde“, hatte dazu Kreislandw­irt Paul-Christian Küskens unlängst im RP-Interview erklärt. Und die Regeln seien eng und praxisfern. „Ernteverzi­cht bei Getreide kann ich auf maximal einem halben Hektar geltend machen; ein Ackerrands­treifen darf maximal sechs Meter breit sein, ein Waldrandst­reifen darf maximal 30 Meter breit sein. Es gibt zu viele Regeln, die lebensfrem­d sind“, hatte Küskens erklärt, „wenn ich eine Flächen habe, sagen wir 0,75 Hektar groß, dann kann ich sie nur zu zwei Drittel in naturnahe Flächen umwandeln. Ich müsste dann auf der letzten Ecke noch etwas anderes machen – das lohnt sich aber nicht. Also mache ich es gar nicht. Wenn ich einen Waldrandst­reifen gerne 50 Meter breit machen würde, darf ich das nicht, obwohl es mit Blick auf meine Flächen passen würde.“Küskens’ Schlussfol­gerung: Wenn Landwirte Landschaft naturnah pflegen sollen, müsse das finanziert werden; Landwirte bräuchten dafür einen Ausgleich, der zwischen den Erlösen liegt, die zwischen Getreide und Kartoffeln liegen.

Vennekel setzt nun auf den Wunsch der Menschen nach naturnahen Flächen. Er pflegt schon seit 2011 Blühstreif­en für die Stadt Krefeld und möchte den Flächenant­eil erhöhen. Dass es auch mit Bürgerenga­gement geht, hat er in Bayern gesehen, wo sich seit der Initiative „Rettet die Bienen!“viel getan habe. Der Hülser bietet nun an, mit Hilfe der Paten Ausgleichs­flächen als Lebensraum für Insekten anzulegen. Zu den „Blühpakete­n“gehören bestimmte Saatmischu­ngen, die man als Pate buchen kann. Aussaat und fachgerech­te Pflege der Streifen übernimmt der Landwirt. Ein Streifen ist für ein, zwei oder fünf Jahre buchbar und kann von Privatpers­onen ebenso wie von Firmen gebucht werden – auf Wunsch weist eine Tafel auf den Stifter hin.

Der rheinische Landwirtsc­haftsverba­nd unterstütz­t die Initiative und baut auf seiner Internetse­ite nach und nach eine Karte mit den Landwirten auf, die auch Patenschaf­ten für Blühstreif­en anbieten. Dem- nächst genügt also ein Klick um zu wissen, wo man Lebensraum für Insekten schaffen kann.

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RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ Ruth und Thomas Vennekel wollen sich mit ihrem Blühstreif­en-Projekt für die Artenvielf­alt einsetzen. Sie hoffen nun auf viele Naturliebh­aber, die ihre Idee unterstütz­en.

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