Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Fachkräfte findet man heute viel schwerer
Der erste IT-Chef der Messe und der jetzige sind Vater und Sohn. Ein Gespräch über ein Arbeitsfeld mit Dynamik.
Seit 1969 hat die Messe eine IT-Abteilung – auch wenn man damals noch von Elektronischer Datenverarbeitung (EDV ) sprach. Heute sind Computer und Internet aus allen Bereichen des Messe-Geschäftes nicht mehr wegzudenken. Der Chef des Ganzen ist seit 2015 Peter Röper – er kennt die Messe aber schon viel länger, denn als Jugendlicher ließ ihn der erste Leiter der Abteilung als Aushilfe arbeiten – sein Vater Gerd Röper.
Sie haben 1969 bei der Messe-EDV begonnen, obwohl es dort damals noch gar keinen Rechner gab. Wie genau haben Sie angefangen?
Gerd Röper Der Rechner war immerhin bestellt und wurde in der ersten Septemberhälfte geliefert. Ich war zu Beginn auch Einzelkämpfer und musste im Grunde alles selbst machen. Organisation, Systemanalyse, Programmierung, auch Operating und teilweise Datenerfassung. Ich hatte eine Datenerfasserin, die mich unterstützt hat – aber wenn Not am Mann war, traf es mich selbst. Ich hatte oft lange Arbeitstage – aber es hat Spaß gemacht.
Und Sie konnten selbst Schwerpunkte setzen...
Gerd Röper Ja, ich hatte 15 Jahre Berufserfahrung in diesem Feld. Hier haben wir mit kaufmännischen Anwendungen angefangen, Gehaltsabrechnungen, Buchhaltung, Anschriften-Service – und alles mit Lochkarten. Das war auch eine physische Herausforderung, denn so ein Karton mit 2000 Lochkarten wog fünf Kilo. Wenn Sie eine Arbeit mit 60.000 Lochkarten hatten, waren das 30 Kartons, also 150 Kilo. Wenn sie die nach zehn Stellen sortieren mussten, mussten sie 20 Mal anpacken – da hatten Sie dann drei Tonnen bewegt. Peter Röper Man brauchte jedenfalls kein Fitness-Studio.
Ihr Vater hat alleine angefangen, wie groß ist die Abteilung heute?
Peter Röper Wir sind 37 Mitarbeiter inklusive unserer zwei Auszubildenden. Und wir wachsen weiter. Wenn man sich anschaut, welche Prozessvielfalt wir heute abdecken und welches Spektrum an Leistungen, ist das auch notwendig. Wir machen auch nicht nur IT im klassischen Sinne, wir sind hier im Unternehmen auch für die Telefonanlage zuständig, für die Mobilfunkgeräte und -Verträge, und wir sind für das Zutrittssystem zum Messegelände verantwortlich. Da kommt also noch deutlich etwas dazu.
Eine Messe-Gesellschaft würde man nicht als Inbegriff des digitalen Fortschritts vermuten. Hatten Sie jemals das Gefühl, mit Ihrer Abteilung
hintendran zu sein?
Gerd Röper Ich würde sagen, dass wir in unserem Bereich führend waren. Ich wüsste keine Messegesellschaft in Europa, die vor uns einen eigenen Großrechner hatte. Wir haben dann irgendwann beispielsweise auch angefangen, Auswertungen von Besucherumfragen zu machen – die Programme habe ich selbst entwickelt, die gab es nicht. Peter Röper Was die Abdeckung der Prozesse angeht, sind wir heute auch bei nahezu 100 Prozent. Natürlich gibt es heute ständig neue Angebote von Technologien, und wir müssen uns jedes Mal fragen: Brauchen wir das? Können wir das tatsächlich gewinnbringend einsetzen? Viele Dinge sind für eine Messe da eben nicht unbedingt relevant – innerhalb unserer Branche sehe ich uns aber hervorragend aufgestellt. Eines hat sich gegenüber der Zeit meines Vaters geändert: Während früher kaum ein Mitarbeiter einen PC zuhause hatte, kommen viele Kollegen heute mit Knowhow zu Smartphones und mobilen Geräten hier an und haben klare Erwartungen daran, was dann auch in der Firma gehen muss. Da müssen wir manchmal bremsen, weil es auch im kompletten Unternehmenskontext funktionieren muss. Die Treiber kommen oft aus dem privaten Umfeld. Gerd Röper Das war früher tatsächlich anders. Da mussten wir von EDV-Seite die Dinge anpacken, und wir haben auch die Ideen dafür gebracht.
War es manchmal schwierig, die Kollegen für solche neuen Ideen zu begeistern?
Gerd Röper Wir hatten die Unterstützung der Geschäftsführung, das hat natürlich geholfen. Insgesamt haben wir aber auch keine großen Widerstände gehabt. Peter Röper Ein Vorteil damals war sicherlich, dass die Mitarbeiter durch Veränderungen meist schnell einen Nutzen gespürt haben, eine Erleichterung der eigenen Arbeit. Heute ist es durch die komplexeren Zusammenhänge so, dass der Nutzen manchmal nicht bei dem entsteht, der von einer Änderung betroffen ist, sondern an einer anderen Stelle. Das ist natürlich schwieriger den Menschen zu vermitteln. Insgesamt profitiert das Unternehmen davon, aber beim einzelnen braucht es Überzeugungsarbeit. Gerd Röper Da hatten wir bessere Argumente, viele Abteilungen waren dankbar, wenn sie plötzlich alles über EDV machen konnten. Die mussten nicht mehr stundenlang sortieren. Beispielsweise Eintrittskarten-Gutscheine, die irgendwann dem Aussteller in Rechnung gestellt werden mussten. Es dauerte nach der Drupa gerne mal drei, vier Monate, das zu sortieren – als wir das übernommen hatten, dauerte es nach Messe-Ende noch drei oder vier Tage.
Wo haben Sie Ihre Mitarbeiter gefunden – gab es damals schon genug Experten?
Gerd Röper Über die Personalabteilung, was damals tatsächlich kein Problem war. Es gab das damals zwar nicht als Ausbildungsberuf, aber man konnte Leute mit Programmiererfahrung finden. Oder es waren Leute mit kaufmännischer Ausbildung, die zu einem Lehrgang geschickt wurden – nach drei Wochen konnten sie programmieren. Ein gewisses Talent musste man allerdings mitbringen. Peter Röper Wir merken den Fachkräftemangel in unserem Feld inzwischen deutlich. Wenn es eine Stelle zu besetzen gibt, dauert das manchmal sechs bis neun Monate – der Markt ist leer. Wir bekommen einige Bewerbungen aus dem Ausland, aber je nach Stelle ist das nicht so einfach. Als Mittelständler arbeiten wir insgesamt noch viel mit Deutsch als Projektsprache, da sind die entsprechenden Sprachkenntnisse notwendig.
Welche Rolle spielt der Datenschutz?
Gerd Röper (lacht) Das war im Grunde gar kein Thema, anfangs war sogar das Rechenzentrum für jeden offen. Die erste Datenschutzverordnung ist erst 1978 verabschiedet worden, danach war ich der erste Datenschutzbeauftragte. Wir hatten aber anfangs keine Verbindung des Systems nach außen, das war ja kein Problem. Einen Karton Lochkarten konnte nicht einfach jemand mitnehmen. Kritisch wurde es erst, als auf die Daten auch von außen zugegriffen werden konnte. Peter Röper Wir nehmen das heute sehr ernst, nicht erst seit der Datenschutzgrundverordnung. Es geht einerseits darum, sich nach außen abzusichern – obwohl man gleichzeitig umfassend nach außen kommuniziert. Und es gilt auch intern dafür zu sorgen, dass nur Berechtigte auf Daten zugreifen können. Wir sind auch eher konservativ und speichern Daten fast nur bei uns oder bei Cloud-Partnern, die absolut wasserdichte Sicherheit bieten.
Was ist gerade die größte Herausforderung?
Peter Röper Neben dem Fachkräfte-Thema beschäftigt uns vor allem die digitale Transformation. Das ist eine Herausforderung für uns, weil es neben dem technischen vor allem ein kultureller Wandel ist. Die Menschen müssen in ihrer Arbeit agiler werden, und darin liegt die Herausforderung. Diese Sicht- und Denkweise muss der kompletten Belegschaft vermittelt werden. Und wir müssen den Mitarbeitern die Ängste davor nehmen.
NICOLE LANGE STELLTE DIE FRAGEN
Eine ungekürzte Version des Interviews gibt es auf www.rp-online.de