Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Meine unglaublic­he Saison mit Fortuna

Es war eine Spielzeit wie im Rausch. Viele haben uns als Absteiger Nummer eins gehandelt, aber wir haben alle eines Besseren belehrt. Weil bei Fortuna alle in eine Richtung marschiere­n und der Trainer der Anführer der ganzen Bande ist.

- VON OLIVER FINK

Details sind mir eigentlich wichtig, aber wenn mir Spielerkol­legen erzählen, wann in welchem Spiel welche entscheide­nde Szene passiert ist, dann höre ich mich manchmal ganz leise sagen: War ich da überhaupt dabei? Doch was jetzt am Samstag nach unserem letzten Saisonspie­l gegen Hannover in der Arena geschah, werde ich so schnell nicht vergessen. Wie uns die Fans da gefeiert haben, als sie dieses Riesenbann­er mit der Aufschrift „Die Kurve verneigt sich vor euch“präsentier­t haben – das hat es in meinen zehn Jahren bei Fortuna noch nicht gegeben.

Überhaupt hat es eine solch unglaublic­he Saison noch nicht gegeben, obwohl ich mit dem Verein zwei Aufstiege in die Bundesliga feiern durfte. Unsere Fans hatten vor dem ersten Spieltag angekündig­t: „Wir feiern in der Bundesliga jeden Spieltag.“Und sie haben Wort gehalten. Wir selbst haben in der Hinrunde manches Mal gedacht: Es ist vielleicht ganz ordentlich, was wir spielen, aber ein bisschen mehr sollte dabei schon rumkommen! Neun Punkte nach 14 Spielen waren schon ein bisschen dünn. Aber die Fans haben gezeigt, dass sie hinter uns stehen und uns mit ihrer Begeisteru­ng getragen.

Besonders nach Spielen wie dem 1:7 in Frankfurt und dem 0:3 in Gladbach. Wir bekommen eins auf die Mütze, und unsere Fans sorgen für

Gänsehauta­tmosphäre. So etwas baut einen schnell wieder auf. Wir wissen genau, dass so eine Haltung absolut nicht selbstvers­tändlich ist.

Wir Spieler haben es in den vergangene­n Monaten schon häufig erwähnt, aber es ist wirklich so, dass Teamgeist unser wichtigste­r Erfolgsfak­tor war. So etwas setzt sich aus vielen Punkten zusammen. Die Zugänge müssen charakterl­ich passen, jeder muss sein Ego hintenanst­ellen, und wenn sportliche Entscheidu­ngen gegen einen getroffen werden, darf man zwar enttäuscht sein, darf aber keinen Groll nach außen tragen. All das war bei uns der Fall, und dazu noch ein Faktor, den man sich nur erträumen kann: Jeder war immer für den anderen da.

Und der Trainer? Der war der Anführer der ganzen Bande. Friedhelm Funkel lebt Integrität und Authentizi­tät vor, jeden Tag. Alle bei Fortuna, die auf dem Platz herumschwi­rren oder auch um diesen herum, marschiere­n in dieselbe Richtung. Seine ganz große Stärke ist die Menschenfü­hrung. Der Umgang mit ihm ist so unglaublic­h angenehm, weil er immer kommunikat­iv und in jeder Situation ehrlich ist.

Mein Eindruck ist, dass er sich immer noch ein wenig selber als Spieler sieht und sich dadurch so gut in uns hineinvers­etzen kann. Friedhelm Funkel hat bei unserer erfolgreic­hen Saison, nicht nur wegen seiner ohnehin über jeden Zweifel erhabenen fachlichen Fähigkeite­n, die größte Rolle gespielt. Ich will an dieser Stelle gar nicht mehr auf die Geschehnis­se um seine Vertragsve­rlängerung in Marbella eingehen – dazu ist alles gesagt. Die Rückrunde hat gezeigt, was die richtige Entscheidu­ng war.

Besonders hervorhebe­n möchte ich zwei Spieler. Zum einen Matthias Zimmermann. Er kam nach einer langen Verletzung­spause zu uns, reißt alle 34 Bundesliga­spiele ab und verpasst insgesamt nur zehn Minuten. Und das mit einer Konstanz und Zuverlässi­gkeit, wie ich es selten gesehen habe. Zum anderen Kevin Stöger, der mit seiner Ballsicher­heit und Technik als Taktgeber und Vorbereite­r geglänzt hat. Umso tragischer, dass er sich im letzten Saisonspie­l so schwer verletzt hat. Gute Besserung, Stögi!

Eine besondere Note hat auch Dodi Lukebakio in unsere Mannschaft gebracht. Ich habe vom ersten Tag an gesehen, dass dieser Junge ganz wichtig für uns werden kann. Seine Qualitäten, dieses wahnwitzig­e Tempo und diese Schusstech­nik, hatten wir vorher so nicht im Kader. Es war aber auch klar, dass sich solche Qualitäten nur dann richtig entwickeln können, wenn ein junger Spieler sich wie zu Hause fühlt. Mit meinen rudimentär­en Französisc­h-Kenntnisse­n habe ich versucht, dafür zu sorgen und ihm erklärt, wie wichtig er für uns werden kann. Er hat geliefert. Nicht nur dafür muss man diesen Jungen einfach mögen.

Ich bin jetzt schon sehr gespannt, wie es weitergeht. Natürlich wird sich der Kader leicht verändern,

und die Gegner werden uns auch nicht mehr auf die leichte Schulter nehmen. Wir haben uns fußballeri­sch in der Bundesliga etwas leichter getan als in der Zweiten Liga, als wir irgendwann als Favorit in jedes Spiel gingen und die Gegner ihre Taktik entspreche­nd wählten. Aber wir haben uns auch stetig weiter gesteigert und immer besseren Fußball gespielt. Norbert Meier hat gern gesagt: „Siege sind durch nichts zu ersetzen.“Und da hat unser ehemaliger Trainer Recht. Siege bringen einfach das nötige Selbstvert­rauen, das im Fußball so entscheide­nd ist.

Ich freue mich schon auf die neue Saison. Aber zuerst gehen wir ab Donnerstag alle in den wohlverdie­nten Urlaub. Es macht mich stolz, Kapitän dieser großartige­n Mannschaft zu sein.

 ?? FOTO: SWEN PFÖRTNER/DPA ?? Eine Saison auf Wolke sieben: Fortunas Kapitän Oliver Fink, hier nach seinem Treffer zum 1:0-Sieg in Hannover.
FOTO: SWEN PFÖRTNER/DPA Eine Saison auf Wolke sieben: Fortunas Kapitän Oliver Fink, hier nach seinem Treffer zum 1:0-Sieg in Hannover.

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