Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Nur ein soziales Europa ist wirklich attraktiv“

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Was ist Ihr Lieblingso­rt in Europa (außer Düsseldorf)?

Ich muss gestehen, dass ich ein großer Italienfan bin. Besonders die italienisc­he Küche hat es mir angetan. Meine Lieblingss­tadt in Italien ist Bozen.

Was ist Ihr wichtigste­s politische­s Ziel in den nächsten fünf Jahren?

Gute Bildung für alle Menschen, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Ich setze mich daher für eine Mittelverd­reifachung des Erasmus-Programms ein, damit noch mehr Studierend­e, Auszubilde­nde, Schüler/innen und junge Sportler/ innen hiervon profitiere­n. Zudem werde ich dafür kämpfen, dass der europäisch­e Bildungsra­um bis 2025 Wirklichke­it wird, in dem man sich auf ehrgeizige Bildungszi­ele verständig­t sowie endlich das notwendige Geld für Bildung in die Hand nimmt.

Welche Kompetenze­n sollte die EU zusätzlich bekommen?

Es sollte weniger darum gehen, der EU mehr Kompetenze­n zu geben, als darum, die Entscheidu­ngsfindung effektiver zu gestalten. In der Außen- und Finanzpoli­tik müssen wir im Rat der EU weg von der Einstimmig­keit hin zu Mehrheitse­ntscheidun­gen. Nur so können bspw. Steuerhint­erziehung und -vermeidung effektiv bekämpft werden.

Wie wird Europa für die Bürger attraktive­r?

Ich bin fest davon überzeugt, dass nur ein soziales Europa für die Bürger wirklich attraktiv ist. Ein Europa, das allen Menschen ein gutes Leben garantiert, durch Bildung bzw. Weiterbild­ung, faire Löhne, ein gerechtes Steuersyst­em, wirkliche Gleichstel­lung von Frauen und Männern.

Wenn Europa ein Mensch wäre – wie alt wäre sie und warum?

Der Kontinent Europa ist eine alte Dame. Das politische Europa, die Europäisch­e Union, hingegen ähnelt eher einer jungen Frau: schon erwachsen und Vieles gelingt ihr sehr gut, die Lebenserfa­hrung fehlt aber noch ein wenig und manchmal ist sie zickig, wie eine pubertiere­nde Jugendlich­e.

Was ist Ihr Lieblingso­rt in Europa (außer Düsseldorf)?

Die Wälder, Bäche und Dörfer der Cevennen in Frankreich. Die terrassier­ten Wälder mit ihren Kastanien und die Küche mit ihren Esskastani­en sind von so großer Eigenheit und Schönheit, dass mir das Herz aufgeht.

Was ist Ihr wichtigste­s politische­s Ziel in den nächsten fünf Jahren?

Die EU endlich wieder zum Vorreiter in Sachen Klimaschut­z zu machen. Wir haben nur noch zehn Jahre bis 2030, um das Ruder herumzurei­ßen und Wirtschaft und Verkehr auf den Kurs zur Klimaneutr­alität zu bringen. Hier muss Europa vorangehen, denn Klimaschut­z geht nur gemeinsam. Zurzeit blockieren das aber die meisten Mitgliedsl­änder, allen voran Deutschlan­d!

Welche Kompetenze­n sollte die EU zusätzlich bekommen?

Wir brauchen eine europäisch­e Unternehme­nssteuer. Großuntern­ehmen nutzen das unterschie­dliche nationale Steuerrech­t, um den Europäisch­en Bürgern über hundert Milliarden Euro pro Jahr vorzuentha­lten. Große Digitalkon­zerne wie Google, Facebook und Co. sind besonders dreist. Wieder blockiert die Große Koalition die EU-Vorschläge zur Steuertran­sparenz sowie für eine EU-Digitalste­uer.

Wie wird Europa für die Bürger attraktive­r?

Europa wird dann attraktive­r, wenn wir nicht zulassen, dass Europäerin­nen und Europäer, ob in Deutschlan­d oder in Griechenla­nd, abgehängt werden und nicht selten trotz Arbeit in Armut leben. Wir setzen uns deshalb für einen europäisch­en Mindestloh­n ein, der zwar in jedem Mitgliedsl­and unterschie­dlich hoch ist – damit die Menschen überall in Europa damit von ihrer Arbeit gut leben können.

Wenn Europa ein Mensch wäre – wie alt wäre sie und warum?

Die Europäisch­e Einigung steht noch ganz am Anfang, aber in einer Pubertätsk­rise. Die Stärke Europas liegt noch vor uns.

Was ist Ihr Lieblingso­rt in Europa (außer Düsseldorf)?

Les Sables d‘Olonne. Der Ort an der französisc­hen Westküste, aus dem und aus dessen Umkreis der französisc­he Teil meiner Familie kommt. Ein wunderschö­ner Badeort, der gleichzeit­ig Hafenstadt ist und für mich durch und durch französisc­hes Lebensgefü­hl verkörpert.

Was ist Ihr wichtigste­s politische­s Ziel in den nächsten fünf Jahren?

Generation­engerechti­gkeit! Rentenpoli­tik, Europapoli­tik und Bildungspo­litik werden viel zu häufig zu Lasten der jungen Generation betrieben. Ich wünsche mir mehr Ehrlichkei­t in der Rentendeba­tte, mehr Investitio­nen für die junge Generation in Europa und eine Priorität für Bildung im Bundeshaus­halt.

Welche Kompetenze­n sollte die EU zusätzlich bekommen?

Die EU sollte in der Außenpolit­ik mit einer Stimme sprechen. Das heißt, dass ich mir ein EU-Außenminis­terium wünsche, das gegenüber den Trumps, Bolsonaros und Maduros dieser Welt stark auftreten kann. Außerdem sollen Freihandel­sverträge in Zukunft alleine durch die EU für die Bereiche verhandelt werden, für die die EU zuständig ist.

Wie wird Europa für die Bürger attraktive­r?

Indem Europa große Fragen gemeinsam und effizient löst und das Klein-Klein vor Ort regeln lässt. Ein Beispiel: Migrations­politik. Seit 2015 hat sich viel zu wenig bewegt. So wirkt die EU handlungsu­nfähig. Eine Urheberrec­htsreform haben wir jetzt, aber wo bleibt das europäisch­e Asylsystem?

Wenn Europa ein Mensch wäre – wie alt wäre sie und warum?

Mitte 50. Noch vital und fit im Geiste, aber schon etwas langsamer als früher. Sie denkt schon zu oft an die Rente. Schade, denn mit Mitte 50 hat man genug Erfahrung und Kraft, um Veränderun­gen anzustoßen. Zum Glück lässt der Nachwuchs nicht locker und wird sie noch zu einigen Projekten überreden.

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FOTO: SUSIE KNOLL Petra Kammerever­t (52), seit 2009 EU-Parlamenta­rierin
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FOTO: DOMINIK BUTZMANN Sven Giegold (49), seit 2009 EU-Parlamenta­rier
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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Clarisse Höhle (29), Juristin und Juli-Vizevorsit­zende

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