Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Vom Ballettsaal in den Kickboxring
Die angehende Deutschlehrerin Aleksandra Paunovic gewann einen Muay-Thai-Championstitel in Thailand.
Deutsche Meisterin, Europameisterin, zweifache Weltmeisterin – es ist schon eine beeindruckende Serie von Titeln, die Aleksandra Paunovic in ihrer noch jungen Karriere als Kickboxerin bereits gewinnen konnte. Doch auf einen, erst kürzlich errungenen Titel, ist die 23-Jährige ganz besonders stolz. Vor drei Wochen bestritt Paunovic ihren ersten Profi-Kampf für den thailändischen Muay-Thai-Boxverband. Zwei Runden maß sie sich mit ihrer Kontrahentin Nong Thun, die schon 36 Kämpfe in ihrer Karriere absolviert hatte, ehe Paunovic ein Sieg per K.O. gelang. Damit kann sie ihrer Titel-Historie nun offiziell die Bezeichnung „Profi Full Muay Thai Champion“hinzufügen. Eine besondere Auszeichnung – denn in Thailands Nationalsport ist es durchaus eine Seltenheit, dass europäische Frauen teilnehmen und mitkämpfen.
„Der Medienrummel war schon anders als hier“, erinnert sich Paunovic. „Schon Wochen vorher hingen überall Plakate, die den Kampf ankündigten. Die Leute waren total verwundert und fasziniert zugleich, dass sich eine Europäerin in den Ring traut.“Wie schon in den Jahren zuvor war Paunovic mit dem Team der Sportschule Alex und ihrer Freundin Lara Werth, einer weiteren Düsseldorfer Profiboxerin, zu einem mehrwöchigen Trainingscamp auf die Insel Koh Yao Noi gereist. Doch diesmal wollten es beide nicht mehr nur beim malerischen Training unter Palmen belassen. Dazu mussten sie ihren örtlichen Trainer Hlukhin Wassantasit, eine Legende im thailändischen Boxsport, jedoch erst einmal von ihren Fähigkeiten überzeugen. „Das war nicht leicht, weil sein Training sehr hart ist. Er hätte uns aber sonst nicht kämpfen lassen“, sagt Paunovic. Denn das traditionelle Muay Thai unterscheidet sich vom europäischen Kickboxen. „Es ist langsamer, aber dafür härter, weil mehr Schläge mit dem Ellbogen oder Knie ausgeteilt werden. Man trägt keinen Kopfschutz und im Clinch gehen die Schiedsrichter nicht dazwischen“, erklärt sie. Zudem performen die Kontrahenten vor Beginn einen traditionellen Kriegstanz, um sich Respekt zu zollen. An die schmerzhaften Blessuren am Folgetag ist Paunovic mittlerweile gewöhnt. Einmal musste sie während einer Meisterschaft sogar sechs Kämpfe an einem Tag bestehen. Sie gewann alle.
Wäre es nach ihrer Mutter gegangen, hätte Paunovic eine ganz andere sportliche Laufbahn eingeschlagen. Diese wollte ihre Tochter viel lieber beim Ballett sehen. „Doch schon nach der ersten Stunde war uns beiden klar, dass das nicht zusammenpasst“, sagt Paunovic. Ihre heutige Leidenschaft entdeckte sie dann am Fernseher für sich. „Früher haben wir als Familie zusammen Klitschko geguckt, wenn ein Kampf lief. Das hat mich schon immer fasziniert. Ich wollte auch Handschuhe anhaben und boxen.“Mittlerweile kann auch ihre Mutter bei den Kämpfen ihrer Tochter zusehen, ohne vor Sorge fast in Ohnmacht fallen zu müssen.
Ob sich für Paunovic durch den Einstieg ins thailändische Profigeschäft
nun eine neue Berufsperspektive offenbart? „Eher nicht“, gibt die Lehramtsstudentin für Deutsch und Englisch schmunzelnd zurück. Dafür seien die Preisgelder von einigen Tausend Baht, umgerechnet circa 30 Euro, viel zu gering.
Die Erlebnisse durch die vielen Reisen zu den Wettkämpfen will sie aber nicht mehr missen. „Dass zum Beispiel einmal ein Kampf von mir im libanesischen Fernsehen übertragen wurde wie bei der Weltmeisterschaft 2017, hätte ich mir nie träumen können. Das sind schon sehr coole Erfahrungen“, sagt Paunovic. Vielmehr hofft sie, ihre Tätigkeit als Lehrerin einmal mit ihrer Karriere als Kickboxerin in Einklang bringen zu können. Bis zum Abschluss ihres Studiums dauert es allerdings noch eine Weile. Doch schon im nächsten Frühjahr, das hat sie fest geplant, möchte sie wieder in einem thailändischen Ring stehen.