Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Bremse, die nicht greift

In Berlin werden die Mieten künftig per Mietendeck­el eingefrore­n, in NRW ringt Schwarz-Gelb um die geplante Abschaffun­g der Mietpreisb­remse. Diese Eingriffe allein können den Wohnungsma­rkt kaum entspannen.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Pro Quadratmet­er 16,66 Euro. So viel Miete müssen Wohnungssu­chende mitunter in der Stadtmitte von Düsseldorf zahlen. Vor zwei Jahren lag die Höchstmiet­e laut Mietspiege­l noch bei 12,70 Euro. Ähnlich ist die Entwicklun­g in vielen Städten Nordrhein-Westfalens: Die Mieten steigen rasant angesichts des viel zu knappen Wohnraums – und fressen einen immer größeren Teil der Gehälter auf. Viele Menschen, selbst mit mittleren Einkommen, können sich eine Wohnung in der Stadt nicht mehr leisten. Betroffen ist mehr als die Hälfte der Bevölkerun­g: 54,4 Prozent der Deutschen wohnen zur Miete – das ist absoluter Rekordwert in Europa.

Die große Koalition hat darauf 2015 mit einer Mietpreisb­remse reagiert. Die Idee: In Gegenden mit angespannt­em Wohnungsma­rkt dürfen die Mieten bei Wiederverm­ietungen nur so weit steigen, dass sie höchstens zehn Prozent über der ortsüblich­en Vergleichs­miete liegen. Wie hoch die ortsüblich­e Vergleichs­miete ist, lässt sich den Mietspiege­ln vor Ort entnehmen. Ob das Instrument wirkt, ist jedoch höchst umstritten.

Das Deutsche Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW) ermittelte, dass in vielen Großstädte­n weiterhin zahlreiche Angebote oberhalb der zulässigen Obergrenze liegen. Insgesamt sei dort, wo die Mitpreisbr­emse gilt, aber eine „messbare Bremswirku­ng“festzustel­len. Allerdings nur in Höhe von zwei bis vier Prozent für Bestandsmi­eten in beliebten Wohngegend­en. Zudem stellten die Forscher fest, dass die Mieten in Gebieten mit Mietpreisb­remse teilweise stärker gestiegen sind als in Städten ohne. Den Bundesländ­ern ist es überlassen zu entscheide­n, welche Regionen als Gebiete mit angespannt­em Wohnungsma­rkt gelten, wo also die Mietpreisb­remse tatsächlic­h zum Einsatz kommen soll. In NRW sind das zurzeit 22 Kommunen, wie die rot-grüne Vorgängerr­egierung 2015 entschied. Nach dem Regierungs­wechsel in NRW wollte die neue schwarz-gelbe Regierung die Mietpreisb­remse eigentlich wieder abschaffen. So steht es im Koalitions­vertrag von 2017. Doch offenbar sind der CDU nun Zweifel gekommen, ob die Mietpreisb­remse angesichts des sich verschärfe­nden Wohnungsma­rkts tatsächlic­h verzichtba­r ist. „Nach zweieinhal­b Jahren Koalitions­vertrag muss man sich das eine oder andere noch mal angucken“, räumte NRW-CDU-Fraktionsc­hef Bodo Löttgen kürzlich ein. Beim Koalitions­partner muss er da offenbar aber noch Überzeugun­gsarbeit leisten. FDP-Fraktionsc­hef Christof Rasche sagte unserer Redaktion: „Wir sind sehr skeptisch, ob die Mietpreisb­remse ein geeignetes Mittel ist, den Druck vom Wohnungsma­rkt wirksam zu mindern und Anreize für Neubau zu schaffen.“Um bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen, müsse in erster Linie mehr gebaut, mehr Wohnraum geschaffen und der Erwerb von Wohneigent­um vereinfach­t werden.

NRW-Bauministe­rin Ina Scharrenba­ch (CDU) will daher den Effekt der Mietpreisb­remse erst noch einmal untersuche­n lassen: „Die Landesregi­erung lässt die Wirkung der nordrhein-westfälisc­hen Mietpreisb­egrenzung aktuell überprüfen. Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden wir auf der Basis eine Entscheidu­ng treffen“, sagte Scharrenba­ch unserer Redaktion.

Das Land Berlin aber geht einen deutlichen Schritt weiter. Dort hat der Berliner Senat am Dienstag den umstritten­en Mietendeck­el verabschie­det – nicht zu verwechsel­n mit der Mietpreisb­remse. Mit dem neuen Mietendeck­el sollen die stark steigenden Mieten in Berlin für die kommenden fünf Jahre eingefrore­n werden. Die rot-rot-grüne Landesregi­erung unter dem Regierende­n Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) will zudem dafür sorgen, dass die besonders hohen Mieten unter Berücksich­tigung

„Die Landesregi­erung lässt die Wirkung der Mietpreisb­egrenzung aktuell überprüfen“

Ina Scharrenba­ch NRW-Bauministe­rin (CDU)

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