Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Entschlack­ter Klang: Seeed in Köln

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Eigentlich hat Seeed nur drei Jahre Pause gemacht. Die Stimmung unter den 20.000 Fans in der Kölner Arena ist allerdings so euphorisch, als würden sie einen verloren geglaubten Freund wieder in die Arme schließen. Tatsächlic­h ist in den drei Jahren viel passiert: 2018 verstarb einer der drei Frontmänne­r, Demba Nabé, der der Berliner Band ihren Namen und mit seinem warmen Timbre eine unverwechs­elbare Stimmfarbe geschenkt hatte. Außerdem hat sich HipHop weiterentw­ickelt hin zum kühleren, minimalist­ischen und maschinenh­aften Sound des Trap.

Seeed trägt im Konzert beidem Rechnung: Den Song „You & I“widmen die verbleiben­den Bandmitgli­eder Nabé, und im Publikum schießen Feuerzeuge und Smartphone-Lichter in die Höhe. Und mit neuen Titeln wie „Ticket“zeigen sie, dass sie sich neuen musikalisc­hen Entwicklun­gen nicht verschließ­en: Die Bässe sind konturiert­er, die Beats entschlack­ter, die Stimmen mit dem Autotune-Effekt leicht elektronis­ch verfremdet. Textlich schürft Seeed tiefer, eröffnet mit prägnanten Versen existenzph­ilosophisc­he Räume: „Ich seh‘ die Welt in Cinemascop­e / Wunder gewohnt, doch es knallt immer noch so / Big Bang, Gott oder Simulation / So oder so, die Sache hat sich gelohnt.“

Schon bei „Ticket“sind die Fans textsicher. Doch richtig ab geht die Party bei den großen Hits, die Reggae und Rap vermählen: „Augenbling“, „Ding“oder „Dickes B“.

Max Florian Kühlem

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