Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Von Maden und Menschen
Mark Benecke ist vermutlich der berühmteste Forensiker Deutschlands. Am Mittwoch liest er aus seinem neuen Buch.
Der hagere Mann mit der dünnrandigen Brille ist nicht gerade ein Schwiegermuttertraum, sondern eher was für den zweiten Blick: stark tätowiert, gepierct und dann auch noch berühmt für eine merkwürdige Leidenschaft – Insekten nämlich. Genauer: Für jenes sechsbeinigen Tierchen, das sich mit Wonne auf allem niederlässt, was nicht mehr lebt, sondern verwest, und daher verspeist werden kann.
Das ist das Arbeitsfeld des Kriminologen Mark Benecke (49): Forensik. Diese Wissenschaft ist immer dann gefragt, wenn ein Mensch unter nicht eindeutigen Umständen zu Tode gekommen ist und man klären muss oder will, wie er sein Dasein hienieden beendet hat.
Benecke hat dabei absolut präzise arbeitende Helferlein: Fliegen und deren Eier, später die daraus entstehenden Larven oder Maden. Aus deren Zustand, aus Größe und Verhalten hat Benecke im Laufe der Zeit gelernt, den Todeszeitpunkt so exakt bestimmen zu können, dass so manches Alibi eines Verdächtigen in sich zusammenbrach. Oder bestätigt wurde – je nach dem. Er liefert also wesentliche Teile der Beweiskette in einem Kriminalfall.
Ihm bei seiner Arbeit zuzuschauen, bedarf einer gewissen Nervenstärke, die Ekelschwelle sollte hoch sein. Denn während sich angesichts des wimmelnden und krabbelnden Mitarbeiterheeres viele diskret wegdrehen, um die Reste ihres Mittagessens oral zu entsorgen, lebt Benecke im Angesicht des Todes erst so richtig auf. Regelrecht entzückt schildert er die Vorgänge des Prozesses, den die Natur eben so eingerichtet hat: Was tot ist, wird weiterverwertet – ohne jede Gefühlsregung, zweckoptimiert und hoch effizient. Diesen Ablauf kennt er bis ins Detail, und zieht jene Schlüsse daraus, die Fahnder für ihre Arbeit brauchen. Dass man ihn den „Herrn der Fliegen“nennt, findet er absolut nicht anrüchig, der englische Ausdruck „made in“– Deutsch gelesen – würde als Etikett für den Job ebenfalls passen, mit dem er zu einer TV-Berühmtheit wurde.
Der Autor zahlreicher Fach- und Sachbücher hat kurz vor seinem 50. Geburtstag ein weiteres autobiografisches Buch geschrieben. „Mein Leben nach dem Tod“heißt es. Heute um 20.15 Uhr liest er daraus in der Mayer’schen Buchhandlung in der Königsallee 18. Tickets für 17 Euro gibt es unter mayersche. de/M-Live-Veranstaltungen.