Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Aus einem Land vor unserer Zeit

Die heute 81-jährige Fotografin Renate Scherra bereiste zweimal den Jemen vor den Kriegswirr­en dort. Nun stellt sie ihre Bilder aus.

- VON KLAS LIBUDA

Wenn man Renate Scherra fragt, warum sie damals ausgerechn­et in den Jemen reiste, schaut sie einen gegenfrage­nd an. Ihr Blick sagt: Wie, warum? Naja, spult man ab, was bei Wikipedia steht, der Jemen war schon in den 70ern und 80ern ein von Kriegen erschütter­tes Land, nicht gerade Reiseziel Nummer eins. Also, warum? „Ich war immer unterwegs“, sagt Scherra. Warum also nicht?

Auf Kuba, Samoa, in Australien und Papua-Neuguinea habe sie fotografie­rt, erzählt die heute 81-Jährige, Paris, Porto, Lissabon. Zweimal reiste sie zudem in den Jemen, 1989 und 1992. In der Galerie Noir Blanche zeigt die Düsseldorf­er Fotografin nun ihre Aufnahmen aus dieser Zeit, Bilder aus einem Land, das die meisten nur aus der „Tagesschau“kennen – meistens sind es schlechte Nachrichte­n.

Seit fünf Jahren tobt im Jemen ein neuer Bürgerkrie­g, Huthi-Rebellen stehen einem saudi-arabisch geführten Bündnis gegenüber. Der Jemen ist wieder einmal Thema. So sieht es auch Volker Marschall. Eigentlich wollte der Galerist Renate Scherras Serie von Kaffeehaus-Bildern zeigen. Dann kamen immer neue Meldungen aus dem Jemen, also entschied Marschall, dass die Kaffeehäus­er warten können, er viel lieber die Jemen-Bilder zeigen mag. Ein Teil der Einnahmen geht nun an „Ärzte ohne Grenzen“, die im Jemen im Einsatz sind.

Knapp drei Dutzend Fotografie­n werden bei Noir Blanche gezeigt, ausschließ­lich schwarz-weiße Bilder: Städte, Landschaft­en, Porträtauf­nahmen. Scherra hat den gesamten Jemen bereist, zunächst den Norden, nach der Wiedervere­inigung des Landes auch den vormals sozialisti­schen Süden. Ihren Aufnahmen sieht man die Faszinatio­n für die dortige Architektu­r und den Städtebau an. Vielstöcki­ge schmale Bauten türmen sich gedrungen am Hang oder fügen sich vor massiven Felsformat­ionen ein. Zahlreiche Porträtbil­der zeugen von großer Aufgeschlo­ssenheit und Überzeugun­gskraft der Fotografie­n. Offenbar

ließen sich die Menschen bereitwill­ig vor ihr fotografie­ren. Später sandte Scherra ihnen jeweils einen Abzug zu, erzählt sie.

„Zu fotografie­ren war kein Problem“, sagt Scherra. Überhaupt habe es damit nie Probleme gegeben. Nur einmal, erinnert sie sich, als sie eine Aufnahme für ihre Kaffeehaus-Serie machte, stand ein junges Pärchen auf und ging. Das allerdings war nicht im Jemen, sondern im Café Einstein in Berlin.

Gelernt hat Scherra im Düsseldorf­er Fotohaus Leistensch­neider, später machte sich die Fotografin selbststän­dig, arbeitete für die Werbung und die SPD. Am Hafen hatte sie für zwölf Jahre ein Studio, bis ihr Rücken nicht mehr mitmachte, weil die Ausrüstung so schwer war.

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FOTOS: RENATE SCHERRA/GALERIE NOIR BLANCHE 1989 und 1992 bereiste Renate Scherra den Jemen. Sie fotografie­rte dort Menschen, Landschaft­en und Architektu­r.
 ??  ?? Stadt-Ansicht von Hadscha im Nordwesten des Jemen.
Stadt-Ansicht von Hadscha im Nordwesten des Jemen.
 ??  ?? Brücke am Bergdorf Shaharah.
Brücke am Bergdorf Shaharah.

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