Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Protest: 500 Traktoren rollen durch Krefeld
Die Landwirte sind’s leid, als Sündenböcke für jedwede Lebensmittel-, Umwelt- und Klimaprobleme herhalten zu müssen. Unter dem Druck von Handel und Behörden kämpfen sie ums Überleben. Gegen neue Auflagen protestierten gestern Tausende in Bonn. Rund 500 nahmen auf der Hinfahrt die Route durch Krefeld.
Für einen Moment sah es gestern im Stadtgebiet danach aus, als ob die protestierenden Landwirte schon auf der Hinfahrt zum Demonstrationsort in Bonn die Konfrontation mit der Polizei nicht scheuen würden. Einige Schlepperfahrer wichen von der genehmigten Route ab. Insgesamt querten rund 500 Traktorfahrer mit ihren PS-starken Fahrzeugen das Stadtgebiet, informierte die Krefelder Polizei auf Anfrage unserer Redaktion.
Das Verlassen der vorgeschriebenen Route fußte nicht auf Konfrontation. „Nach Auskunft der eingesetzten Beamten vor Ort kam es aus technischen Problemen bei einem Schlepperfahrer zu einer kurzfristigen Routenabweichung, in deren Verlauf weitere, hinterherfahrende Traktoren ebenfalls von der geplanten Strecke abwichen“, informiert die zuständige Polizeibehörde in Münster. Die Kollegen, so der Sprecher, hätten die Abweichler dann wieder auf die Ursprungsstrecke zurück gelotst. Darüber hinaus sei es, wie in allen anderen Städten und Kreisen auch, zu entsprechenden Verkehrsbehinderungen bei den Konvois gekommen.
Informationen, dass in Krefeld Traktoren ohne Kennzeichen und Zulassung unterwegs gewesen seien und sich Teilnehmer bewusst verkehrsgefährdend verhalten hätten, konnte die Polizei Münster auf Anfrage nicht bestätigen.
Der Protest erfolgte unter dem Titel „Agrarpaket – Land schafft Verbindung, wir rufen zu Tisch“. Dem bundesweiten Aufruf folgten nach Veranstalterangeben rund 10.000 Teilnehmer, etwa 1000 Traktoren brachen über zwei Routen nach Bonn auf. Aus Niedersachen starteten Konvois mit mehreren hundert Traktoren, die ihrerseits bereits die Anreise als Protestzug nutzten und diese versammlungsrechtlich angemeldet hatten.
Die Polizei Münster als zuständige Versammlungs- und Einsatzbehörde für NRW betreute die beiden Traktorkonvois auf ihrem Weg nach Bonn. Die westliche Strecke führte über Rheine, Ahaus, Borken, Wesel, Kamp-Lintfort, Krefeld, Mönchengladbach, Grevenbroich, Frechen, Köln und Erftstadt in die Bonner Innenstadt. Die östliche Strecke führte aus Richtung Osnabrück kommend nach Bonn.
Die Polizei hatte die zunächst gewünschte Nutzung der Bundesautobahnen aus Gründen der Verkehrssicherheit
untersagt. Das Verwaltungsgericht Münster hatte durch Beschluss die Eilanträge der Veranstalter der geplanten Trecker-Demonstrationen gegen das Verbot, die Demos auf Bundesautobahnen durchzuführen, abgelehnt.
Die Landwirte wollen nicht nur auf Demos auf ihre Situation aufmerksam machen. Wie in ganz Deutschland haben auch in Krefeld Bauern grüne Kreuze auf ihren Feldern aufgestellt, um ihre Sorge auszudrücken, dass die steigenden Auflagen das Ende der Landwirtschaft in Deutschland bedeuten könnten. Den Landwirten drohen laut Verbänden durch das Agrarpaket der Bundesregierung sowie weitere Verordnungen zahlreiche neue
Auflagen, die die Betriebe hart treffen würden.
Dazu gehören zusätzliche Pflanzenschutzauflagen sowie die neue Düngeverordnung. Als Beispiel nennt Paul-Christian Küskens, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Krefeld-Viersen, das im Agrarpaket geplante Verbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten. Das komme für die Bauern einer Enteignung gleich, weil man Flächen in Vogelschutzgebieten zum Beispiel nicht mehr landwirtschaftlich nutzen könne, erklärt Küskens.
„Die Bauern haben es satt“, sagt Paul-Christian Küskens. Vor allem hätten die Landwirte das Gefühl, dass sie für jeden Missstand in Sachen Klima und Natur verantwortlich gemacht würden. Die Anforderungen an die Lebensmittelproduktion seien hierzulande schon sehr hoch. Aber nun sei das Ende der Fahnenstange erreicht. „Wenn es um wissenschaftliche Fakten geht, dann sind wir ja gerne bereit mitzuarbeiten. Aber nicht, wenn es ums Bauchgefühl geht“, sagt Küskens. Und Verbesserungen im Tierund Umweltschutz müssten sich die Verbraucher dann auch etwas kosten lassen. Es gehe nicht so weiter, dass man alles für den niedrigsten Preis haben wolle.