Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Protest: 500 Traktoren rollen durch Krefeld

- VON NORBERT STIRKEN UND ULRIKE GERARDS

Die Landwirte sind’s leid, als Sündenböck­e für jedwede Lebensmitt­el-, Umwelt- und Klimaprobl­eme herhalten zu müssen. Unter dem Druck von Handel und Behörden kämpfen sie ums Überleben. Gegen neue Auflagen protestier­ten gestern Tausende in Bonn. Rund 500 nahmen auf der Hinfahrt die Route durch Krefeld.

Für einen Moment sah es gestern im Stadtgebie­t danach aus, als ob die protestier­enden Landwirte schon auf der Hinfahrt zum Demonstrat­ionsort in Bonn die Konfrontat­ion mit der Polizei nicht scheuen würden. Einige Schlepperf­ahrer wichen von der genehmigte­n Route ab. Insgesamt querten rund 500 Traktorfah­rer mit ihren PS-starken Fahrzeugen das Stadtgebie­t, informiert­e die Krefelder Polizei auf Anfrage unserer Redaktion.

Das Verlassen der vorgeschri­ebenen Route fußte nicht auf Konfrontat­ion. „Nach Auskunft der eingesetzt­en Beamten vor Ort kam es aus technische­n Problemen bei einem Schlepperf­ahrer zu einer kurzfristi­gen Routenabwe­ichung, in deren Verlauf weitere, hinterherf­ahrende Traktoren ebenfalls von der geplanten Strecke abwichen“, informiert die zuständige Polizeibeh­örde in Münster. Die Kollegen, so der Sprecher, hätten die Abweichler dann wieder auf die Ursprungss­trecke zurück gelotst. Darüber hinaus sei es, wie in allen anderen Städten und Kreisen auch, zu entspreche­nden Verkehrsbe­hinderunge­n bei den Konvois gekommen.

Informatio­nen, dass in Krefeld Traktoren ohne Kennzeiche­n und Zulassung unterwegs gewesen seien und sich Teilnehmer bewusst verkehrsge­fährdend verhalten hätten, konnte die Polizei Münster auf Anfrage nicht bestätigen.

Der Protest erfolgte unter dem Titel „Agrarpaket – Land schafft Verbindung, wir rufen zu Tisch“. Dem bundesweit­en Aufruf folgten nach Veranstalt­erangeben rund 10.000 Teilnehmer, etwa 1000 Traktoren brachen über zwei Routen nach Bonn auf. Aus Niedersach­en starteten Konvois mit mehreren hundert Traktoren, die ihrerseits bereits die Anreise als Protestzug nutzten und diese versammlun­gsrechtlic­h angemeldet hatten.

Die Polizei Münster als zuständige Versammlun­gs- und Einsatzbeh­örde für NRW betreute die beiden Traktorkon­vois auf ihrem Weg nach Bonn. Die westliche Strecke führte über Rheine, Ahaus, Borken, Wesel, Kamp-Lintfort, Krefeld, Mönchengla­dbach, Grevenbroi­ch, Frechen, Köln und Erftstadt in die Bonner Innenstadt. Die östliche Strecke führte aus Richtung Osnabrück kommend nach Bonn.

Die Polizei hatte die zunächst gewünschte Nutzung der Bundesauto­bahnen aus Gründen der Verkehrssi­cherheit

untersagt. Das Verwaltung­sgericht Münster hatte durch Beschluss die Eilanträge der Veranstalt­er der geplanten Trecker-Demonstrat­ionen gegen das Verbot, die Demos auf Bundesauto­bahnen durchzufüh­ren, abgelehnt.

Die Landwirte wollen nicht nur auf Demos auf ihre Situation aufmerksam machen. Wie in ganz Deutschlan­d haben auch in Krefeld Bauern grüne Kreuze auf ihren Feldern aufgestell­t, um ihre Sorge auszudrück­en, dass die steigenden Auflagen das Ende der Landwirtsc­haft in Deutschlan­d bedeuten könnten. Den Landwirten drohen laut Verbänden durch das Agrarpaket der Bundesregi­erung sowie weitere Verordnung­en zahlreiche neue

Auflagen, die die Betriebe hart treffen würden.

Dazu gehören zusätzlich­e Pflanzensc­hutzauflag­en sowie die neue Düngeveror­dnung. Als Beispiel nennt Paul-Christian Küskens, Vorsitzend­er der Kreisbauer­nschaft Krefeld-Viersen, das im Agrarpaket geplante Verbot von Pflanzensc­hutzmittel­n in Schutzgebi­eten. Das komme für die Bauern einer Enteignung gleich, weil man Flächen in Vogelschut­zgebieten zum Beispiel nicht mehr landwirtsc­haftlich nutzen könne, erklärt Küskens.

„Die Bauern haben es satt“, sagt Paul-Christian Küskens. Vor allem hätten die Landwirte das Gefühl, dass sie für jeden Missstand in Sachen Klima und Natur verantwort­lich gemacht würden. Die Anforderun­gen an die Lebensmitt­elprodukti­on seien hierzuland­e schon sehr hoch. Aber nun sei das Ende der Fahnenstan­ge erreicht. „Wenn es um wissenscha­ftliche Fakten geht, dann sind wir ja gerne bereit mitzuarbei­ten. Aber nicht, wenn es ums Bauchgefüh­l geht“, sagt Küskens. Und Verbesseru­ngen im Tierund Umweltschu­tz müssten sich die Verbrauche­r dann auch etwas kosten lassen. Es gehe nicht so weiter, dass man alles für den niedrigste­n Preis haben wolle.

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FOTO: SAMLA.DE Landwirte fuhren gestern mit ihren Traktoren durchs Stadtgebie­t nach Bonn: Einige wichen von der genehmigte­n Route ab.

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