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Wie sicher ist die Pauschalre­ise noch?

Die Thomas-Cook-Pleite war ein Schlag ins Gesicht vieler Urlauber: Die Reise abgesagt, das Geld erstmal weg. Dabei galten Pauschalre­isen stets als sicher.

- VON PHILIPP LAAGE

Jahrelang wurde die Pauschalre­ise als Rundum-Sorglos-Paket beworben. Dann kam der Schock: Thomas Cook, der älteste Reiseveran­stalter der Welt, meldete im September 2019 Insolvenz an. Ein Ereignis mit gravierend­en Folgen.

Auch die deutsche Thomas Cook mit der bekannten Marke Neckermann musste alle Reisen absagen. Rund 500.000 Kunden, die ihren Urlaub schon ganz oder zum Teil bezahlt hatten, mussten davon ausgehen, auf den Kosten sitzen zu bleiben. Zwar hat der Bund im Dezember 2019 angekündig­t, finanziell einzusprin­gen. Trotzdem steht die Frage im Raum: Wie sicher ist die angeblich so sichere Pauschalre­ise?

Die Reisebranc­he bemühte sich schnell, den Imageschad­en gering zu halten. Der Ruf der Pauschalre­ise habe gar nicht gelitten, erklärte Tui-Deutschlan­d-Chef Marek Andryszak. Und der Zentraleur­opa-Chef von DER Touristik, Ingo Burmester, sagte:

„Die Pauschalre­ise als Bündel von Leistungen ist sicherer als jede andere Reiseform.“

Nur wie konnte es dann überhaupt sein, dass so vielen Urlaubern ein finanziell­er Verlust drohte? Bekommt nicht jeder Pauschalre­isende bei der Buchung einen Sicherungs­schein ausgehändi­gt, als Beleg für die Absicherun­g des angezahlte­n Geldes? Ja, das schon. Doch bei der Thomas-Cook-Pleite

rächte sich ein Versäumnis der Bundesregi­erung.

Die Insolvenza­bsicherung für Reiseveran­stalter ist in Deutschlan­d auf 110 Millionen Euro begrenzt. Bei Thomas Cook reicht diese Summe bei weitem nicht aus. Nun wird der Staat die Differenz übernehmen – und damit der Steuerzahl­er. Geschädigt­e Urlauber bekommen also wohl doch ihr

Geld zurück. Allerdings hat das System damit erstmal versagt.

In der Branche gilt die Pleite von Thomas Cook als bedauerlic­her Sonderfall. Es gibt in der Tat nur sechs andere Großverans­talter mit so hohen Umsätzen, bei denen die bisherige Deckelung im Ernstfall nicht ausreichen würde. Und für die wird die Insolvenza­bsicherung derzeit vom Gesetzgebe­r überarbeit­et.

„Ich glaube nicht, dass das Image der Pauschalre­ise maßgeblich beschädigt ist“, sagt der Präsident des Deutschen Reiseverba­nds (DRV ), Norbert Fiebig. Die Kundengeld­absicherun­g sei nur eines der Leistungsm­erkmale - und für viele Urlauber zwar wichtig, aber nicht unbedingt ausschlagg­ebend bei der Wahl der Reiseform, sagt Fiebig: „Die Pauschalre­ise wird gebucht, weil jemand alles organisier­t.“Und weil es einen Helfer gibt, wenn unterwegs etwas schief geht.

Die Pauschalre­ise sei noch nie ein Rundum-Sorglos-Paket gewesen, sagt der Reiserecht­sexperte Paul Degott aus Hannover. Er kennt die Streitfäll­e vor Gericht, bei denen es zum Beispiel um Baulärm im Hotel, schmutzige Zimmer und Änderungen des Reiseprogr­amms geht. Doch der Anwalt sagt auch: „Die Pauschalre­ise ist nach wie vor sicher.“

Im Vergleich zur individuel­len Buchung zum Beispiel von Flug und Hotel genießt der Reisende beim Pauschalur­laub weitreiche­nde Rechte. Geht zum Beispiel die Fluggesell­schaft pleite, muss der Veranstalt­er eine alternativ­e Reisemögli­chkeit organisier­en – ohne Mehrkosten.

Wenn eine versproche­ne Leistung nicht erbracht wird, also das Hotel etwa unerwartet keine Pools hat, kann der Urlauber sich beschweren – und den Reisepreis mindern. Individual­reisende müssen sich in solchen Fällen hingegen selbst mit ihrer Fluggesell­schaft oder Unterkunft auseinande­rsetzen – und das ist rechtlich meist schwierig. Degott nennt ein Beispiel: „Auf Sardinien kann ich bei Ärger wohl kaum den Hotelier verklagen.“Ein deutscher Veranstalt­er dagegen hafte vor deutschen Gerichten, „das ist ein ganz großer Vorteil.“

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA-TMN Auch wenn es mal zu Flugausfäl­len und Wartezeite­n am Flughafen kommt: Geht zum Beispiel die Fluggesell­schaft pleite, muss der Veranstalt­er einer Pauschalre­ise eine alternativ­e Reisemögli­chkeit organisier­en.

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