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Landtag beschließt Hilfspaket im Eilverfahren
Landesregierung und Opposition verabschiedeten einmütig den Nachtragshaushalt. Heute legt der Bundestag den Turbo ein.
DÜSSELDORF/BERLIN In einem historischen Schulterschluss hat der NRW-Landtag mit den Stimmen der Opposition das größte Rettungspaket für die Wirtschaft in der Geschichte des Landes durchgepaukt. Der 25-Milliarden-Euro-Nachtragshaushalt wurde ohne weitere Anhörungen im Eilverfahren am Dienstag einstimmig verabschiedet. „Unser Land erlebt momentan die schwerste Bewährungsprobe in seiner Geschichte“, sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Die Coronakrise habe das Leben von Grund auf verändert: Vor vier Wochen sei der erste Fall in NRW bekannt geworden, heute gebe es 8224 Infizierte und 40 Tote. „Wir kämpfen um jedes Leben“, sagte Laschet. Nur mit den Milliardenhilfen für Solo-Selbstständige, Dienstleister und Unternehmer in Form von Krediten und Steuernachlässen gebe es die Chance,
dass Arbeitsplätze und der Zusammenhalt erhalten blieben. „Wir stehen am Beginn einer weltweiten Krise. Der Kollaps der Volkswirtschaft muss verhindert werden“. Als Zeichen der Solidarität will NRW zehn Infizierte aus Italien aufnehmen und behandeln.
Laschet lobte die Initiative, abends um 21 Uhr auf den Balkonen Pflegekräften und Ärzten zu applaudieren, und forderte dazu auch den Landtag auf. Die Abgeordneten erhoben sich und spendeten gemeinsam mit den Regierungsvertretern dem Pflegepersonal Beifall – auch dies ein einmaliger Vorgang. Um das Ansteckungsrisiko gering zu halten, war nur ein Drittel der Abgeordneten anwesend – unter Wahrung der Mehrheitsverhältnisse.
SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty betonte, jetzt sei nicht die Zeit für Parteiengezänk. Das sei aber kein Freibrief für die Exekutive: „In Zeiten, in denen wir die Bürgerrechte für eine bestimmte Zeit notwendigerweise massiv einschränken, ist wichtig, dass die parlamentarische Demokratie nicht vom Netz geht.“Die 18 Vorschläge seiner Fraktion wolle er nicht als Kritik verstanden wissen. Sie zeigten, was der SPD am Herzen liege. „Wer bestimmt, wofür diese Milliarden ausgegeben werden, der bestimmt auch die Prioritäten in unserer Gesellschaft.“Die
Menschen müssten Jobs und Wohnungen behalten, Firmen dürften nicht pleite gehen. „Wenn wir die Krise überwunden haben, werden wir begriffen haben, wer die wahren Leistungsträger sind“, so Kutschaty. Die meisten seien Frauen und arbeiteten in Supermärkten, Kliniken und Kitas. Sie müssten die Löhne erhalten, die sie verdienten.
Viel Einmütigkeit zwischen Regierungsfraktionen und Opposition wird es auch an diesem Mittwoch im Bundestag geben, wenn die erst am Montag von der Bundesregierung auf den Weg gebrachten Milliardenhilfen für Bürger und Betriebe beschlossen werden sollen. Wegen der Ansteckungsgefahr gilt auch hier eine strenge Sitzordnung. Auf vielen blauen Abgeordneten-Stühlen wurden am Dienstag Zettel mit der Aufschrift „Bitte freilassen“verteilt, damit zwischen den einzelnen Parlamentariern möglichst zwei Plätze unbesetzt sind. Zudem sollen Abgeordnete auch die Besuchertribünen nutzen, die sonst für Besucher des Reichstags und Journalisten offenstehen.
Im Schnellverfahren soll das Paket verschiedener Gesetze das Parlament passieren, auch der Bundesrat soll noch in dieser Woche zustimmen. Die Milliarden sollen nach den Worten von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zügig bei den Adressaten ankommen. „Das Geld wird sehr schnell abrufbar sein“, sagte er am Dienstag vor einer Fraktionssitzung im Reichstag. Es werde klar festgelegt, in welchen Fällen es Zuschüsse, Förderungen und Liquiditätshilfen gebe, „und das wird dann auch in den nächsten Tagen möglich sein“. Für die Aussetzung der Schuldenbremse ist eine namentliche Abstimmung notwendig. Der Bundestag will zudem den nationalen Epidemie-Fall ausrufen. Damit bekommt das Bundesgesundheitsministerium mehr Kompetenzen. Linke, Grüne und FDP signalisierten Zustimmung.