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Sportwelt atmet nach Olympia-Verlegung auf
Es ist eine historische und einmalige Entscheidung der Veranstalter. Die Spiele in Tokio sollen nun 2021 stattfinden.
TOKIO (dpa) Die Sportwelt atmet auf und feiert die Verschiebung der Olympische Spiele in Tokio auf 2021 als Sieg der Vernunft. Nach einem für viele zu langen Festhalten am geplanten Austragungstermin haben sich die Olympia-Macher dem Druck in der Corona-Krise gebeugt. In einer Telefonkonferenz fassten das Internationale Olympische Komitee und die japanischen Gastgeber am Dienstag den längst unausweichlichen Beschluss zur Verlegung der Tokio-Spiele.
Japans Ministerpräsident Shinzo Abe sei mit dem Vorschlag des IOC „hundertprozentig“einverstanden gewesen“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach. Die Sommerspiele sollen auf „ein Datum nach 2020 verlegt werden“, aber nicht später als im Sommer 2021 stattfinden, hieß es.
„Die nunmehr schnelle und klare Entscheidung zur Verschiebung der Olympischen und Paralympischen Spiele ist ein richtiger und enorm wichtiger Schritt für den internationalen Sport und die gesamte Weltgemeinschaft“, sagte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes. Der DOSB hatte für einen Olympia-Aufschub um ein Jahr plädiert, 2022 wäre problematisch gewesen: Im Februar finden die Winterspiele in Peking statt und Ende 2022 wird die Fußball-WM in Katar ausgetragen.
Trotz der Olympia-Verschiebung auf das nächste Jahr bleibt es bei dem Namen Tokio 2020. Außerdem vereinbarten Abe und Bach, „dass die Olympische Flamme in Japan bleibt“. Beide waren sich einig, dass die Olympischen Spiele in Tokio in diesen unruhigen Zeiten als „Leuchtfeuer der Hoffnung für die Welt stehen und die olympische Flamme zum Licht am Ende des Tunnels werden könnte, in dem sich die Welt derzeit befindet“. Der Fackellauf sollte am Donnerstag in der Präfektur Fukushima unter Ausschluss der Öffentlichkeit ohne Fackel, ohne Fackelträger und ohne jegliche Zeremonie starten.
„Ich hoffe, dass Tokio ein Fest der Menschlichkeit und eines Überstehens der Pandemie sein kann“, sagte Bach. Über den genauen Termin der Austragung sei nicht diskutiert worden. „Olympische Spiele sind eines der komplexesten Events auf dem Planeten. Das kann nicht in einem Telefongespräch entschieden werden“, betonte der IOC-Chef.
Zu berücksichtigen ist nicht nur der prallvolle Sportkalender im nächsten Jahr, in dem auch die Weltmeisterschaften der Leichtathleten und Schwimmer geplant sind, sondern ebenso der klimatische Aspekt: In diesem Jahr sollten die Spiele in den heißen Monaten Juli/August über die Bühne gehen, was für Kritik sorgte. Eine große Frage ist auch: Wo sollen die 11.000 Athleten 2021 unterkommen? Die Wohnungen sind für die Zeit nach den Spielen im Sommer 2020 längst an Privatleute verkauft.
Die sporthistorische Entscheidung zu einer Verlegung der für die Zeit vom 24. Juli bis 9. August geplanten Tokio-Spiele sowie die darauffolgenden Paralympics der Behindertensportler ist durch die Coronavirus-Krise unabdingbar geworden. Über den konkreten neuen Termin werde die Koordinierungskommission gemeinsam mit dem Organisationskomitee entscheiden, sagte Bach. „Es gibt so viele Puzzlestücke. Das braucht Zeit“, fügte er hinzu.
Bach und Abe brachten auch ihre Besorgnis über die rasche Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19 zum Ausdruck. Sie seien „besorgt darüber, was sie dem Leben der Menschen antut“.
Noch am Sonntag hatte das IOC angekündigt, binnen der nächsten vier Wochen eine endgültige Entscheidung über Olympia in Tokio treffen zu wollen und in dieser Zeit über alternative Austragungstermine zu beraten. Da ein Ende der Corona-Krise nicht absehbar ist, wäre eine auch angedachte Verlegung in den Herbst ein zu großes Risiko. Kanada, Norwegen und Australien hatten angekündigt, in diesem Jahr wegen der unkalkulierbaren gesundheitlichen Risiken nicht teilnehmen zu wollen.
Die Entscheidung bedeute für viele Sportler „den Aufschub, für manche das Ende eines Traums“, hieß es in einer Erklärung des Vereins Athleten Deutschland. Sie alle hätten sich mit „unfassbarer Energie und Hingabe“auf diesen Sommer vorbereitet. „Diese Leistung verdient höchste Anerkennung und Respekt, auch wenn sie dieses Jahr in Tokio nicht zur Vollendung kommen“könne.
Besonders erleichterte waren fast einhellig viele Athleten. Zehnkampf-Weltmeister und „Sportler des Jahres“Niklas Kaul bezeichnete die Verschiebung als „richtig für alle Sportler“. Denn für Kanu-Olympiasieger Ronald Rauhe wären diese Spiele „die Hölle für uns gewesen“.
Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) hält die Verschiebung auch der Paralympics „für das absolut Richtige“, sagte IPC-Präsident Andrew Parsons. Paralympics-Star Niko Kappel nahm die Verschiebung ebenso sehr positiv auf. „Es ist immer noch eine krasse Entscheidung, die Spiele zu verschieben. Aber ich spüre absolute Erleichterung“, sagte Kappel, der Kugelstoß-Paralympics-Sieger aus Sindelfing von 2016.
„Es ist die total richtige Entscheidung. Ich hatte schon vor zwei, drei Wochen das Gefühl, als sich die Lage immer mehr zugespitzt hat, dass so und nur so entschieden werden muss. Ich war richtig geschockt, wie lange das IOC an den Spielen festgehalten hat. Zum Glück wurde der Druck nun groß genug.“
Pamela Dutkiewicz, WM-Dritte von 2017 über 100 Meter Hürden, Wattenscheid.
„Die Entscheidung des IOC ist richtig, die Enttäuschung ist aber natürlich trotzdem sehr groß – das ist ja klar. Erstmal muss jetzt die Situation in Nordrhein-Westfalen geklärt werden. Da wir für das Training am Stützpunkt in Essen keine Sondergenehmigung bekommen haben, bin ich nun erstmal nach Potsdam.“
Max Hoff, Olympiasieger im Kanurennsport, Troisdorf.
„Ich habe Jahre lang auf dieses eine Ereignis hin gearbeitet. Die vergangenen sechs Jahre waren auf diesen Wettbewerb ausgerichtet. Wir haben jetzt nochmal anderthalb Jahre, um uns auf Olympia vorzubereiten. Ich hatte zwar das Gefühl, dass wir jetzt schon auf einem guten Weg waren, die Leistungen waren aber noch nicht konstant genug. Darauf können wir nun den vollen Fokus legen. Für mich ist nicht nur die Teilnahme wichtig. Ich will dort eine Medaille gewinnen.“
Mark Lamsfuß, Badmintonspieler, Wipperfürth.
„In der jetzigen Situation ist es die absolut richtige Entscheidung. Wenn man das Große und Ganze betrachtet, was in der Welt zur Zeit los ist, sollte man sich auf andere Dinge konzentrieren, als das größte Sport-Event der Welt auszurichten.“
Martin Kaymer, Golfer, Mettmann.