Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der verfrühte Ausstieg als größtes Risiko

- VON BIRGIT MARSCHALL

Das vollständi­ge Herunterfa­hren des öffentlich­en und sozialen Lebens, die Isolierung in den eigenen vier Wänden, die Angst vor Jobverlust­en und Unternehme­nspleiten – die Geduld einiger Zeitgenoss­en mit den einschneid­enden Maßnahmen zur Eindämmung des Coronaviru­s ist bereits aufgebrauc­ht. Nur vier Tage nach Einführung des Kontaktver­bots sehnen manche Wirtschaft­svertreter und Politiker den Ausstieg spätestens nach Ostern herbei. Ein verfrühtes Ende der Maßnahmen könnte aber verheerend­e Folgen haben: Das Virus könnte sich wieder schneller ausbreiten, und alle kostspieli­gen Opfer, die bisher zu seiner Eindämmung erbracht wurden, wären umsonst gewesen.

Dennoch ist es richtig und wichtig, sich schon jetzt Gedanken über die Zeit danach zu machen. Dazu braucht es vor allem ein enges und genaues Monitoring des Verlaufs der Epidemie. Der Virologe Drosten, an dessen Lippen dieser Tage eine ganze Nation hängt, spricht von möglichen „Zwischensc­hritten“, von pragmatisc­hen Lösungen, die eine dosierte Rückkehr zum normalen Leben erlauben würden. So könnten etwa Schulen wieder öffnen, aber Klassen reduziert und Pausen vorübergeh­end abgeschaff­t werden, um die Infektions­häufigkeit unter den Schülern zu verringern.

Der Staat hat auch den Zugang zur sozialen Grundsiche­rung erleichter­t, um die Existenzän­gste von Millionen Menschen zu lindern. Die Regelung ist befristet, doch es wird starke politische Kräfte geben, die eine Rückkehr zu wieder strengeren Zugangskri­terien blockieren wollen. Es wird schwerfall­en, nach der Krise viele Menschen wieder aus der Grundsiche­rung rauszuwerf­en, die dann die Kriterien nicht mehr erfüllen. Auch hier braucht die Regierung eine politische Exit-Strategie, wenn die Kosten der Grundsiche­rung nicht ausufern sollen.

BERICHT STÄDTE FORDERN KRISEN-ZEITPLAN, TITELSEITE

Newspapers in German

Newspapers from Germany