Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Neusser Krankenhau­schef nach Interview beurlaubt

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Die Verantwort­lichen des Rheinland-Klinikums Neuss, dem bundesweit zehntgrößt­en Klinikverb­und in kommunaler Trägerscha­ft, haben am Donnerstag­abend die Notbremse gezogen. Nach einer Krisenbesp­rechung von Aufsichtsr­at und Gesellscha­fterversam­mlung wurde Nicolas Krämer vorübergeh­end, aber mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe als Geschäftsf­ührer entbunden. Rechtliche Ansprüche gegen den promoviert­en Betriebswi­rt würden geprüft.

Mit der Beurlaubun­g reagierten die Vertreter der Aufsichtsg­remien auf ein Interview, das Krämer vergangene­n Freitag der Initiative „Düsseldorf hält zusammen“gegeben hatte. Darin äußerte er sich in einer Art und Weise über Frauen in Pflegeberu­fen, die die Neusser CDU-Fraktionsv­orsitzende Helga Koenemann entwürdige­nd nennt. Sie forderte Konsequenz­en für Krämer. Diese Reaktion so Koenemann, „muss deutlich ausfallen“.

Die Kritik macht sich an zwei Äußerungen in dem mehr als einstündig­en Interview fest, die einen Shitstorm in den sozialen Medien auslösten. Krämers Bemerkung, „Vielleicht träumt die eine oder andere Krankensch­wester ja davon, einen Chefarzt kennenzule­rnen“, wurde im Netz als antiquiert, chauvinist­isch und von Betroffene­n als „Schlag ins Gesicht“gerügt. Und auch sein Versuch, mit dem Gerücht Schluss zu machen, dass Krankenpfl­ege „per se schlecht bezahlt ist“, missriet gründlich – zumal fast zeitgleich mit dem Interview sein Wunsch nach einer vorzeitige­n Vertragsve­rlängerung zu deutlich verbessert­en Konditione­n die Vorsitzend­en der Neusser Ratsfrakti­onen beschäftig­te.

Die im Interview gezeigte Haltung Krämers zur Bezahlung und Motivation insbesonde­re weiblicher Pflegekräf­te zur Ergreifung dieses Berufes, heißt es in einer Erklärung zur Beurlaubun­g Krämers, würden als inakzeptab­el und „schädlich für das Ansehen des Krankenhau­ses angesehen“. Krämer selbst hatte am Donnerstag Abbitte geleistet und jedem seiner 3800 Mitarbeite­r eine Entschuldi­gung zukommen lassen.

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