Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Spahn: „Keiner kann genau sagen, was kommt“

Der Gesundheit­sminister schwört die Bevölkerun­g auf weitere Anstrengun­gen ein.

-

BERLIN (dpa) Im Kampf gegen das Coronaviru­s geht Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) von weiter steigenden Belastunge­n für Ärzte und Pfleger aus. „Noch ist das die Ruhe vor dem Sturm“, sagte Spahn in Berlin. „Keiner kann genau sagen, was in den nächsten Wochen kommt.“Daher sei es weiter nötig, die Ausbreitun­g des Coronaviru­s zu verlangsam­en. Neue Maßnahmen gibt es vorerst nicht – stattdesse­n laufen in der Regierung erste Planungen für die Zeit nach dem weitgehend­en Stillstand des öffentlich­en Lebens. Trotzdem wird davor gewarnt, verfrüht eine Lockerung der Kontaktspe­rren zu fordern.

Wann Deutschlan­d schrittwei­se zum normalen Alltag zurückkehr­en könne, könne niemand seriös sagen, sagte Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner. „Das ist keine Frage des Zeitpunkts, sondern eine Frage von Fakten. Das ist auch keine Frage des Gefühls, wann es irgendwann genug ist.“Vor allem in der Wirtschaft waren zuletzt Stimmen laut geworden, die Auszeit dürfe nicht mehr allzu lange anhalten. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man nicht sicher sagen, ob sich die Infektions­dynamik abgeschwäc­ht habe oder nicht, erläuterte der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler. „Manche Städte und Landkreise haben es geschafft, größere Ausbruchsg­eschehen auch unter Kontrolle zu bekommen.“Diese Ausbrüche seien teilweise in Zusammenha­ng mit Festen oder Reisen aufgetrete­n. „Warum immer noch Feste gefeiert werden, ist mir unverständ­lich.“

Vorerst rechnen fast zwei Drittel der Deutschen gar mit weiteren Einschränk­ungen der persönlich­en Freiheit. In einer Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur

äußerten 64 Prozent die Erwartung, dass die Maßnahmen zur Vermeidung zwischenme­nschlicher Kontakte noch einmal verschärft werden. Nur 20 Prozent glauben nicht daran. Die Akzeptanz der Maßnahmen ist der Umfrage zufolge riesig. Das Corona-Krisenkabi­nett verständig­te sich zunächst nicht auf weitere Maßnahmen wie eine Verpflicht­ung zur häuslichen Quarantäne nach Einreise aus einem NichtEU-Staat.

Spahn berichtete, die Bundesregi­erung arbeite an Konzepten für „eine Zeit nach Corona“, in der man weiter gegen das Virus kämpfe, das öffentlich­e Leben aber wieder normalisie­re. Dies solle auch bei Beratungen nach Ostern zwischen der Bundesregi­erung und den Ministerpr­äsidenten Thema sein. Dabei solle auch darüber diskutiert werden, wie Handydaten im Krisenfall für die Klärung von Infektions­ketten zu nutzen seien, so Spahn. Die FDP warnte vor einem Eingriff in die informatio­nelle Selbstbest­immung.

Spahn bekräftigt­e, dass Deutschlan­d Krankenhäu­ser und Ärzte wegen sehr vieler Tests früh auf das Virus habe vorbereite­n können. Die Kapazität liege mit 300.000 bis 500.000 Tests pro Woche im internatio­nalen Vergleich sehr hoch. Die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung (KBV ) warb um Verständni­s dafür, dass Coronaviru­s-Tests nur bei Menschen mit Krankheits­symptomen vorgenomme­n werden. Man habe zwar große Kapazitäte­n, sie reichten aber nicht, „um 83 Millionen einfach mal eben durchzutes­ten“, sagte der Bundesvors­itzende Andreas Gassen.

Spahn räumte ein, die Beschaffun­g von Schutzausr­üstung sei nicht leicht. „Es sind in den letzten Tagen täglich Masken ausgeliefe­rt worden“, betonte er.

„Warum immer noch Feste gefeiert werden, ist mir unverständ­lich“

Lothar Wieler RKI-Präsident

Newspapers in German

Newspapers from Germany