Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Dauert der Shutdown drei Monate, wird es eng“
Der Chef des Münchner Ifo-Instituts hält die Corona-Krise für beherrschbar.
Herr Fuest, der Düsseldorfer OB Geisel fordert ein Umdenken im Corona-Kurs angesichts von Pleiten, Stillständen und sozialen Härten. Müssen wir uns jetzt schon öffentlich Gedanken machen, wie wir die Wirtschaft wieder hochfahren?
FUEST Es ist wichtig, neben der Bekämpfung der Epidemie im engeren Sinne die wirtschaftlichen und sozialen Probleme in den Blick zu nehmen. Es ist aber nicht fruchtbar, den Schutz der Gesundheit und die Rettung der Wirtschaft als einander ausschließende Alternativen zu diskutieren. Wir brauchen eine Strategie, die eine erfolgreiche Eindämmung der Epidemie mit einem schrittweisen Aufheben des Shutdown verbindet.
Wie wahrscheinlich ist aus jetziger Sicht eine tiefe Rezession, in der die Wirtschaftsleistung um mehr als zehn Prozent einbricht?
FUEST Wenn es uns gelingt, den Shutdown nicht allzu lange nach Ostern schrittweise aufzuheben, können wir eine Rezession mit zweistelligen Schrumpfungsraten vermutlich vermeiden. Wenn der Shutdown drei Monate oder länger dauert, wird es eng.
Würden Sie jetzt schon einen schrittweisen Ausstieg aus den bereits beschlossenen Maßnahmen wie Kontaktverbot oder Geschäftsschließungen befürworten?
FUEST Nein. Ich bin kein Epidemiologe, aber die Begrenzung der
Ausbreitung muss jetzt im Vordergrund stehen, außerdem brauchen wir Zeit, um den Ausstieg vorzubereiten. Unter anderem brauchen wir bessere Informationen darüber, wie weit das Virus sich bislang verbreitet hat. Ohne klare Strategie und solide Informationsbasis mit dem Ausstieg anzufangen, würde ich für unverantwortlich halten.
Drohen im Anschluss an die Corona-Krise eine große Umverteilung und höhere Steuern? Denn die heutigen Schulden muss am Ende jemand bezahlen.
FUEST Wie groß der Schuldenberg Deutschlands dann sein wird, wissen wir heute noch nicht. So lange die Zinsen niedrig bleiben und die Wirtschaft sich hierzulande nach der Corona-Krise einigermaßen erholt, kann man auch deutlich erhöhte Staatsschulden ohne drastische Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen nach und nach abtragen. Darum sollten wir uns kümmern, wenn das Gröbste erst einmal vorüber ist.
MARTIN KESSLER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.