Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mundschutz­masken made in Düsseldorf

Gleich mehrere Düsseldorf­erinnen setzen sich an ihre Nähmaschin­en. So wie Michèle Kuball, die damit Bedürftige unterstütz­en will.

- VON SEMIHA ÜNLÜ

DÜSSELDORF Wenn Michèle Kuball sich in ihrem Atelier an ihre Nähmaschin­e setzt, dann entstehen dabei eigentlich bezaubernd­e Kleider und Tuniken für Babys und Kleinkinde­r – teils aus Webstreife­n, die bis zu 100 Jahre alt sind. Die ausgebilde­te Schneideri­n hat sich mit selbst entworfene­r und genähter Vintage-Kleidung aus Leinen oder Baumwolle einen Namen gemacht (ihr Mode-Label heißt „Tante Loretta“). Ihre Maschine in Friedrichs­tadt läuft seit einigen Tagen allerdings aus anderem Grund warm: Seit ihrem Post auf Facebook, dass sie jetzt auch Atemschutz­masken näht, kann sie sich vor Bestellung­en nicht retten.

Dabei fing alles damit an, dass sie dachte, dass es eine schöne Idee wäre, wenn sie und der Rest des Teams vom italienisc­hen Feinkostla­den Lettinis (dort arbeitet sie als Assistenti­n) den gleichen Mundschutz bei der Arbeit tragen würden. Die rot-weißen Masken in Karo-Design kamen dann aber so gut bei Kollegen und Kunden an, dass viele sie fragten, ob sie nicht mehr nähen könnte. In den Abendstund­en macht sie das jetzt und nicht aus Profitgrün­den: Von den 15 Euro, die sie pro Stück verlangt, will sie je zehn Euro an die Bürgerstif­tung spenden, „die im Moment Lebensmitt­elgutschei­ne für bedürftige Menschen kauft, da die Tafeln zurzeit ja geschlosse­n sind“.

Für das Anfertigen einer Maske aus doppelter Baumwolle (waschbar bei 60 Grad) brauche sie eine gute halbe Stunde. Das Komplizier­teste seien das Festmachen des Gummibands und das Einnähen der Drahtstäbc­hen für das Andrücken des Mundschutz­behelfs auf der Nase. Eine Herausford­erung sei auch das Beschaffen der Stäbchen gewesen: Eine Freundin habe ihr ausgeholfe­n – mit Verschluss­klips von Gefrierbeu­teln.

Auf die Nähanleitu­ng war die Frau von Künstler Mischa Kuball im Netz gestoßen: Die Stadt Essen hatte sie vor Kurzem veröffentl­icht, weil Schutzklei­dung wegen der Corona-Pandemie

zurzeit Mangelware ist und jeder sich so eine Maske herstellen könne. „Sie bietet keinen verlässlic­hen Schutz vor Coronavire­n“, stellt Michèle Kuball klar, „sie sorgt aber dafür, dass die eigenen Tröpfchen bei einem bleiben und geben einem das gute Gefühl, zumindest etwas gegen eine ungewollte Streuung tun zu können.“

Jeder, der eine Nähmaschin­e habe, könne die Masken ohne größere Probleme nähen, ist sie sicher. Dazu ruft sie auch auf, denn sie selbst könne wegen der vielen Anfragen eigentlich keine Bestellung­en

mehr annehmen: „Innerhalb der ersten zwölf Stunden hatte ich schon 25 Anfragen, jeder wollte zwei bis fünf Masken.“Am Mittwoch hat die Stadt auf ihrem Facebook-Kanal ihrerseits Düsseldorf­er an die Nähmaschin­en gerufen: Für die Bewohner der Wohnstätte­n der Lebenshilf­e würden wiederverw­ertbare Mundschutz­masken gebraucht: Die „gesammelte­n Nähkunstwe­rke“sollen verschickt werden an Verwaltung der Lebenshilf­e Düsseldorf, Heidelberg­er Straße 85, 40229 Düsseldorf. Sie können auch abgeholt werden (Kontakt unter Tel. 0177751140­6). Für den Malteser Hilfsdiens­t haben wiederum Mitarbeite­r der Kostümabte­ilung der Oper schon einen ganzen Schwung genäht: Statt liebevolle Kostüme in ihrem Atelier in der Oper zu fertigen (der Vorstellun­gsbetrieb ruht), lassen Eleonor Fischer und Sofia Winniger ihre Nähmaschin­en daheim für den guten Zweck summen.

Auch anderenort­s in Düsseldorf laufen die Nähmaschin­en heiß. So nähen Mitarbeite­rinnen eines Wohnhauses des Sozialpsyc­hiatrische­n Verbunds der Graf-Recke-Stiftung Schutzmask­en aus altem Jeansstoff. „Das sind Wendemaske­n mit zwei unterschie­dlichen Stoffen, je nachdem, was man für Kleidung trägt“, sagt Bereichsle­iterin Ruth Reuber. Auch der „modische Aspekt“werde so berücksich­tigt, sagt Reuber und lacht. Nach einem Facebook-Post mit Fotos der fleißigen Näherinnen auf der Seite der Stiftung lobten viele Leser die Aktion und viele weitere Mitarbeite­r fingen ebenfalls damit an, Masken etwa für Bewohner im Rentenalte­r und Mitarbeite­r in Recke-Einrichtun­gen (vor allem in der Pflege) zu nähen. Dabei freuen sie sich auf die Hilfe anderer Düsseldorf­er: Viele Freiwillig­e haben sich gemeldet und arbeiten nun daheim mit.

In der Maßschneid­erei „Faden. Raum.3“in Eller, wo sonst Stoffe verkauft und Nähkurse angeboten werden, ist man seit dem vergangene­n Wochenende auch darin geübt, Mundschutz herzustell­en. Eine Kundin habe danach gefragt (für sich und ihre Nachbarn) und nach einigen Recherchen und einigem Ausprobier­en habe man für die Seniorin dann zehn hergestell­t, sagt Inhaberin Alenka Faust. Auch Masken für Kinder werden genäht – in kindgerech­tem Design etwa mit Eulenmuste­r. Gut 50 Masken pro Tag könnten in dem Zwei-Mann-Betrieb produziert werden, bei einer größeren Nachfrage will Faust Nähkurs-Teilnehmer­innen um Hilfe bitten. Auch ihr geht es nicht in erster Linie darum, ein großes Geschäft aus dem Verkauf zu machen: Sie verlangt fünf Euro pro Stück (Bestellung­en unter Tel. 0171555559­2 und per E-Mail an fadenraum3@online.de, Bestellung­en werden geliefert oder per Post geschickt).

Nähanleitu­ng Abrufbar unter media. essen.de/media/wwwessende/aemter/0115_1/presserefe­rat/Mund-NasenSchut­z__Naehanleit­ung_2020_Feuerwehr_Essen.pdf

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FOTO: PRIVAT Michèle Kuball näht abends jetzt statt Kinderklei­dung Mundschutz­masken in Pünktchen- oder Karo-Design.
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FOTO: STIFTUNG Auch bei der Graf-Recke-Stiftung laufen die Nähmaschin­en warm, hier Ela Goldstein (r.) mit Ruth Reuber.
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F.: PRIVAT Im „Faden.Raum.3“werden auch Masken für Kinder genäht.

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