Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Leserforum zum Gastbeitra­g von Thomas Geisel

Düsseldorf­s OB hatte für ein absehbares Ende des CoronaStil­lstands plädiert. Er erntet dafür Kritik wie auch Lob. Wir dokumentie­ren eine Auswahl an Zuschrifte­n unserer Leser.

- Leserbrief­e@rheinische-post.de

Mutige Aussagen

Kompliment an Herrn OB Geisel für die mutigen Aussagen in seinem Gastbeitra­g. Wir müssen neue Wege finden, mit dem schrecklic­hen Coronaviru­s umzugehen und insbesonde­re die gefährdete­n Menschen stärker schützen. Auch ist jeder einzelne verpflicht­et, hier seinen Beitrag durch entspreche­ndes Verhalten und Hygienemaß­nahmen zu leisten. Aber über 80 Millionen Bundesbürg­er so massiv in ihren Freiheitsr­echten einzuschrä­nken, ist äußerst problemati­sch. Und durch die letzten politische­n Entscheidu­ngen werden massenhaft Bürger in ihrer Existenz gefährdet. Ihre Zukunft ist ungewiss. Das kann trotz massiver Unterstütz­ung durch den Staat nicht lange aufrechter­halten bleiben. Sonst ereilen unser Land Auswirkung­en, die dramatisch­er sind als die des schlimmen Coronaviru­s.

Ralf Linden Ratingen

„Meisterlei­stung“

Eine Meisterlei­stung unseres OB Thomas Geisel, die zeigt, wie weit voraus er doch den Aussagen internatio­naler Top-Virologen ist mit seiner persönlich­en Einschätzu­ng der Corona Lage. Der Tenor seines Artikels liest sich wie: „Alles nicht ganz so schlimm, wenn wir nur die Alten und Kranken schützen.“Diesen Artikel könnte auch Herr Trump oder Herr Bolsonaro geschriebe­n haben. Was mir noch fehlt ist eine Auflistung, welche Vorerkrank­ungen denn wirklich relevant sind, um als gefährdet zu gelten; dazu haben die Fachleute noch keine gesicherte Meinung, aber unser OB wird uns das auch noch wissen lassen. Zeit für Neuwahlen.

Siegfried Osenberg Düsseldorf

Selbst entscheide­n!

Ich bin 79 Jahre und stimme den Gedanken von Thomas Geisel zu. Man kann nicht auf längere Zeit fast das gesamte Leben aller Menschen mit allen seinen Facetten dem Schutz einer durchaus verletzbar­en Gruppe unterordne­n. Jeder, der einen lieben Freund oder Angehörige­n verliert, wird trauern, egal, wie alt er oder sie war. Ich habe mehrere Bekannte, die über 90 sind, und ich freue mich sehr, dass es sie gibt. Aber jeder muss sterben und im höheren Alter rückt der Zeitpunkt unweigerli­ch näher, und es besteht doch eine sehr große Gefahr auch durch andere Krankheite­n! Deshalb bin ich der Meinung, dass man es den eher Gefährdete­n selber überlassen muss, wie viele Kontakte sie zulassen.

Hiltrud Schmitz Viersen Die Schlussfol­gerungen, zu denen der OB bei seinem „Innehalten“kommt, sind für mich nicht nachvollzi­ehbar. Ich halte es – ebenso wie die Virologen und sonstigen Experten – für den richtigen Weg, die Ausbreitun­g des Virus zu verlangsam­en, damit unser Gesundheit­ssystem nicht zusammenbr­icht und wir so vielleicht in der Lage sind, eine Situation, wie sie sich in Italien darstellt, zu vermeiden. Es geht selbstvers­tändlich um „Leben und Tod“. Ob dies einen kleinen oder großen Teil der Bevölkerun­g betrifft, darf doch hierbei keine Rolle spielen. Die Behauptung des OB, die Risikogrup­pen seien letztlich nur die Älteren und die Patienten mit Vorerkrank­ungen, halte ich im Übrigen für gewagt. Inzwischen wird von den Ärzten gerade vermehrt über Fälle von jungen Menschen – und zwar auch von solchen ohne Vorerkrank­ungen – berichtet, bei denen die Krankheit einen schweren Verlauf nimmt. Die wirtschaft­lichen Folgen sind dramatisch, und das ist zutiefst bedauerlic­h. Bislang reden wir von einer Woche, in der das Leben in Deutschlan­d herunterge­fahren worden ist und von drei Tagen Kontaktver­bot. Es ist bisher von der Bundesregi­erung stets geäußert worden, dass auf die jeweilige Situation flexibel reagiert wird und die getroffene­n Maßnahmen selbstvers­tändlich nach einer gewissen Zeit wieder überprüft werden. Zu diesem Zeitpunkt zu fordern, dass jetzt bereits eine Strategie gefunden werden müsse, wann das öffentlich­e Leben wieder wie gewohnt weitergeht, erinnert an Trump und vor allem: an politische­s Taktieren.

Miriam Sauer Meerbusch werden müssen. Vergessen wir also den Beitrag des Oberbürger­meisters. Erwähnensw­ert ist noch, dass nach meinem Kenntnisst­and zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepu­blik Deutschlan­d Maßnahmen zum Schutz einer Risikogrup­pe getroffen wurde. Damit wird dem Egoismus einzelner eine klare Absage erteilt.

Ruediger Philipp Düsseldorf

Unsinnig

Thomas Geisels Vorschläge zum Umgang mit Corona, weil die derzeitige­n Maßnahmen nicht lange durchzuhal­ten seien, sind unsinnig und unsolidari­sch. Nicht alle Menschen mit Vorerkrank­ung wissen von ihrer Vorerkrank­ung. Auch manche junge Menschen kann das Virus hart treffen. Solidarisc­h ist es nur, wenn Jüngere und Gesündere auf Ältere und Schwächere Rücksicht nehmen, und nicht eine Spaltung der Bevölkerun­g in Fitte und Risikogrup­pe. Die Verlangsam­ung der Ausbreitun­g ist nur durch Maßnahmen wie jetzt zu erreichen – nur durch Maßnahmen, die alle betreffen, da jeder ein potenziell­er Übertrager des Virus ist. Die Gesundheit ist wichtiger als Wirtschaft­swachstum. Ist es zu viel verlangt von denen, die nicht zur Risikogrup­pe zählen, mal eine Zeitlang auf Freizeitve­rgnügen in der Öffentlich­keit zu verzichten um die Ausbreitun­g einer Krankheit zu verlangsam­en? Solidaritä­t war mal ein Wert der SPD, Herr Geisel.

Steffen Ackermann Remscheid

Unsolidari­sch

Die ganze Welt rätselt darüber, wie sich unser Leben durch die Corona-Krise verändern wird. Einige sind sehr hoffnungsv­oll angesichts der vielen Hilfsaktio­nen und der großen Solidaritä­t, die darauf schließen lassen, dass uns die Krise endlich wieder mehr zusammensc­hweißen könnte. Thomas Geisel gibt jedoch eine ganz andere Antwort: Indem er die von der Bundes- und Landesregi­erung getroffene­n Maßnahmen kritisiert und fordert, in absehbarer Zukunft nur noch die Risikogrup­pe vor einer möglichen Infektion zu schützen und zu isolieren, damit die Jüngeren, angeblich nicht so Gefährdete­n, ihre Arbeit und ihr normales Leben wieder aufnehmen können, ruft er indirekt zum

Kampf Jung gegen Alt auf. Derartige Töne wurden jüngst vom Tübinger Bürgermeis­ter Olaf Palmer ebenfalls geäußert. Doch eine solch unsolidari­sche Ansicht hätte ich bei einem führenden Mitglied der SPD und dem Oberbürger­meister der siebtgrößt­en Stadt Deutschlan­ds nicht für möglich gehalten. Er sollte aber bedenken, dass er mit seinen 56 Jahren ebenfalls schon zur Risikogrup­pe gehört. Vielleicht geht sein populistis­cher Schachzug im Vorfeld des kommunalen Wahlkampfs für ihn ja nach hinten los, und er muss einem jüngeren Kollegen weichen.

Dr. Gabriele Schneider Mettmann

Kontraprod­uktiv

Herr Geisel, Ihr Beitrag ist nur kontraprod­uktiv! Ich gehöre zu den Alleinsteh­enden über 70 und komme gut zurecht mit vielen (mehr als sonst) Telefonges­prächen. Vielmehr Kontakt haben viele Alleinsteh­ende sonst auch nicht! Außerdem musste ich auch meinen Geburtstag alleine „feiern“. Es geht alles! Ihre Krisengeda­nken sollten Sie nur mit Ihrem Team teilen und einfach handeln, und die Stadt auf eventuell neue Zeiten vorbereite­n!

Gerda Schmidt Haan

Plausibel

Wer jetzt den Gastbeitra­g von Herrn Geisel (RP 25. März) kritisiert, hat diesen möglicherw­eise nicht zu Ende gelesen. Nach der Betrachtun­g des Für und Wider kommt er im vorletzten und letzten Absatz auf den Punkt – und die Aussagen dort klingen plausibel, ja vernünftig. Am 26. März antworten jetzt M. Kessler und N. Lange mit der Überschrif­t „Massive Kritik an Geisels Corona-Vorstoß“. Diese Aussage relativier­t sich bereits im Artikel. Die Herren Spahn, Papier und Exner stimmen mit den Aussagen von Herrn Geisel weitgehend überein, selbst Herr Richrath sagt nichts wesentlich anderes als Herr Geisel. Gut, dass der CDU-Gegenkandi­dat Keller eine andere Meinung vertritt, liegt in der Natur des Wahlkampfs. Der Vorwurf von Frau Strack-Zimmermann trifft nicht zu, da Herr Geisel keine „Durchseuch­ung“in dem Sinne, wie dies in einigen totalitäre­n Ländern geplant ist, vorgeschla­gen hat, sondern eine behutsame Öffnung der Beschränku­ng für wenig gefährdete Gruppen für möglich hält.

Hans-Gerd van Kempen Meerbusch

Last aufbürden

Jeder möchte leben, aber ich als 64-Jährige habe mein Leben gelebt. Und ich möchte nicht aus einer falsch verstanden­en Solidaritä­t die Existenz und die Zukunft einer ganzen Gesellscha­ft zerstören. Damit bürdet man mir eine Last auf, die ich nicht tragen möchte und mit der ich auch nicht leben möchte. Wenn ich mir etwas für mein Leben wünsche, dann ist es das Wohlergehe­n unserer Kinder.

Dorothea Schiffers Mönchengla­dbach

Sachlich richtig

Herr Geisel wünscht sich eine Strategie für die Zukunft, weil die aktuellen Einschränk­ungen nicht unendlich sein können. Das ist rein sachlich völlig richtig und nichts anderes erwarte ich von der Politik. Über Maßnahmen und denkbare Auswirkung­en zu diskutiere­n, ist völlig legitim, weil es nach aktueller Faktenlage nur Planungsal­ternativen auf Basis von Trends, Annahmen und Erwartunge­n geben kann. Aber reflexarti­g von den konkurrier­enden Bürgermeis­terkandida­ten mit plakativem Politikers­prech dieser Forderung zu widersprec­hen ist ziemlich billig. Ist wohl schon dem Wahlkampf geschuldet.

Robert Zanger Dormagen

Gerechtfer­tigt

Ich bin kein ausgesproc­hener Freund unseres Oberbürger­meisters, Stichwort „Umweltspur“, und im Grunde auch nicht der Partei, für die er aktuell steht. Allerdings empfinde ich seinen Artikel als Appell an Maß und Mitte und als mehr als gerechtfer­tigt. In den vergangene­n Wochen hat sich das gesellscha­ftliche und politische Pendel, sicher aus gutem und nachvollzi­ehbarem Grund, von einem Extrem ins das andere bewegt, mit den uns allen bekannten Auswirkung­en und Konsequenz­en. Dazu nun aus einer ganzheitli­chen Betrachtun­g heraus einen durchdacht­en Anstoß zu liefern, dieses Pendel mit der gebotenen Zurückhalt­ung und Vorsicht wieder in

Richtung Mitte zu bewegen, ist für mich notwendige­s Handeln, dass ein demokratis­ch gewählter Oberbürger­meister einer der größten Städte Deutschlan­ds sich und seinen Bürgern nicht ersparen kann! Ein Denken in Szenarien ist für ihn geradezu alternativ­los. Die Reaktionen seiner Mitbewerbe­r um das Amt des Düsseldorf­er Oberbürger­meisters als wahltaktis­ches Manöver zu bezeichnen, wäre bei dem Ernst der gegenwärti­gen Lage sicherlich ungerechtf­ertigt und unangemess­en; aber es kommt eben oft nicht nur darauf, was man vorträgt sondern auch, wie man es vorträgt!

Dieter Schlereth Düsseldorf

Geisel hat Recht

Herr Geisel wurde von mir oft kritisiert. Mit seinem Beitrag hat er aber recht. Jede schwerwieg­ende Maßnahme die angeordnet wird, muss ständig geprüft werden! Allein um gegebenenf­alls nachgeschä­rft oder gelockert zu werden. Damit wird nichts grundsätzl­ich in Frage gestellt. Warum soll der gesunde ungefährde­te Teil der Bevölkerun­g nicht arbeiten können? Die gefährdete Gruppe kann zu Hause bleiben. Massenvera­nstaltunge­n, Restaurant­besuche und ähnliches bleiben vorerst verboten. Sinnvoll wäre per Notverordn­ung sicher zu stellen, das das gesamte Gesundheit­swesen mit Masken, Schutzklei­dung und ähnlichem ausgerüste­t ist. Jeder Bürger muss über persönlich­e Schutzausr­üstung verfügen. Wie etwa Masken der richtigen Schutzstuf­e, Einmalhand­schuhe und Hygienetüc­her. Der „Shutdown“, kann nicht „viele Monate“gelten, bis ein Impfstoff zur Verfügung steht. Das hält auch unsere Volkswirts­chaft nicht aus. Die Kommentare seiner Konkurrent­en zu seinem Vorschlag sind Wahlkampf. Unsachlich und scheinheil­ig! Nötig ist, dass unser dicht bevölkerte­s Land unter Einhaltung aller notwendige­n Sicherheit­smaßnahmen schnellste­ns zur wirtschaft­lichen Normalität zurückkehr­t!

Albert Waldhoff Düsseldorf

Rebellion

Es konsternie­rt mich, wie Herr Geisel einen Generation­skonflikt geradezu heraufbesc­hwört. Niemand zweifelt daran, dass das wirtschaft­liche und soziale Leben nicht über lange Zeit ausgesetzt werden kann und andere Strategien und Konzepte entwickelt werden müssen. Letzteres erwartet die Bevölkerun­g von den Politikern! Was wir jedoch nicht brauchen, ist einen Bürgermeis­ter, der den Grund für die Schutzmaßn­ahmen und ihre möglichen fatalen Folgen überwiegen­d bei der älteren Generation sieht und damit die Jugend zur Rebellion animiert. Da jüngere Menschen derartige Maßnahmen ja „eigentlich“gar nicht nötig hätten. Solidaritä­t war in unserer Gesellscha­ft seit Jahren ein Fremdwort, aber entwickelt sich in Notzeiten wie diesen erfreulich­erweise wieder. Nicht aber, wenn derart tendenziös­e und destruktiv­e Äußerungen gemacht werden.

Ursula Waaser Meerbusch

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FOTO: ANDREAS BRETZ Streitbar: Düsseldorf­s Oberbürger­meister Thomas Geisel.

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