Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Ein Ständchen im Seniorenheim
Zwei Musikstudenten haben gestern im Garten des Paulushauses in Itter für die Menschen gespielt, die seit der CoronaKrise von der Außenwelt abgeschnitten sind. Unter anderem gab es auch AC/DC zu hören.
ITTER Magret Teusch kommt aus dem Schwärmen nicht mehr raus: „Das war ein wunderbares Konzert. Richtig was fürs Herz.“Eine besondere Freude für sie und die weiteren knapp 150 Bewohner des Seniorenheims Paulushaus in Itter. „Wir haben ja wegen Corona fast gar nichts mehr“, fügt die Bewohnerin an.
Umso willkommener ist gestern Nachmittag der Besuch von Nerses Ohanyan mit seiner Querflöte und Miroslav Nikic mit seinem Akkordeon. Sie studieren an der Essener Folkwang Universität für Künste. Die beiden Musiker haben zudem Aufnahme gefunden in den Verein „Yehudi Menuhin Live Music Now“, der alle zwei Jahre zwischen 90 und 100 Musiker vorspielen lässt, um die besten 30 auszuwählen. Die unterstützt der Verein dann finanziell. Denn für jedes Benefizkonzert, das die jungen Musiker spielen, gibt es eine Gage.
Für den Auftritt gestern im Garten des Seniorenheimes hat der Vorsitzende des Vereins für den Bezirk Ruhr, Michael Caspari, den 30-Jährigen und den 27-Jährigen ausgesucht und dabei ein gutes Händchen bewiesen. Über eine halbe Stunde lang musizieren sie auf einer Holzbühne, die im Garten des Heimes über einen Teich ragt für die Besucher, die zumeist im Innenhof sitzen. Die Akustik ist super, die Sonne wärmt die Gesichter der Bewohner und die Musik die Herzen. „Mir hat besonders gut ‚Bei mir bist du schön’ gefallen“, sagt Helga Gries. Zudem hat es ihr die Spielweise von Flötist Nerses
Ohanyan angetan.
Er und sein Studienkollege haben die Stücke auch ausgewählt. Worauf sie geachtet haben? „Es sollte was Fröhliches sein“, sagt Ohanyan. So spielen sie unter anderem einen Tango aus Carmen, die Titelmelodie des Films „The Green Hornet“und einen Song von Jethro Tull. Zum Schlussapplaus kommt eine Radfahrerin mit ihren Söhnen auf dem
Weg hinter dem Paulushaus gefahren. Sie hat als Zaungast einen Teil des Konzertes verfolgt. Weil sie in der Nähe wohnt, ist sie dann schnell losgefahren, um ihre beiden Jungs zu holen. Doch mit der Schlussnote kehren sie zurück. „Oh Nein, können Sie nicht noch eine Zugabe spielen?“, fragt die Mutter die Musiker. Die lassen sich nicht lange bitten und spielen ein eigenes Arrangement
von AC/DCs „Thunderstruck“.
Heimleiterin Carolin Stein ist der Kloß im Hals anzuhören, als sie sich im Namen aller Zuhörer bedankt. Das führt noch einmal zu großem Applaus. Der ist kaum verklungen, da fragt Stein bei Michael Caspari zaghaft an, ob eine Wiederholung auch ohne Corona möglich ist, und vielleicht auch ein Konzert im Benrather Schwesterhaus, der Residenz
Haus Schlosspark.
Dieser Wunsch wird sicherlich in Erfüllung gehen, 120 Konzerte organisiert die Ruhr-Abteilung des Menuhin-Vereins jedes Jahr. Die Musikstudenten treten in Justizvollzugsanstalten, Seniorenheimen, Förderschulen und Werkstätten für Behinderte auf. In den jetzigen Zeiten natürlich nur, wenn der Abstand gewahrt werden kann.