Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Geschäftsl­eute in Flingern wollen Viertel am Leben erhalten

- VON HOLGER LODAHL

FLINGERN-NORD Als wegen der Corona-Krise die Ansage kam, dass die meisten Geschäfte in Düsseldorf schließen müssen, war auch im Trend-Stadtteil Flingern der Schreck groß. „Wir waren wie in einer Schockstar­re“, sagt Moritz Wenz, der an der Ackerstraß­e Geschenkar­tikel, Kleidung, Taschen und Getränke sowie einige Lebensmitt­el verkauft. Aber lange blieb er nicht untätig. Schnell setzte er sich zusammen mit Rike Stephani und Patricia Leonhardt. Zusammen hatte das Trio schon vor einem Jahr eine Gesellscha­ft bürgerlich­en Rechts gegründet und im Frühjahr 2019 die erste „Flingern Nacht“organisier­t. Damals feierten viele Besucher auf der Ackerstraß­e und ihren Seitenstra­ßen.

Nun sind die Straßen leer, die meisten Geschäfte geschlosse­n.

„Durch die Organisati­on der Flingern Nacht haben wir mehr als 100 Kontakte zu Geschäftsl­euten geknüpft“, sagt Rike Stephani, die Inhaberin vom Design- und Lifestyleg­eschäft Rikiki an der Hermannstr­aße. „Wir haben alle kontaktier­t und gemeinsam überlegt, was wir nun tun können, um das Viertel am Leben zu halten.“Statt dass jeder für sich wirtschaft­et, sollte die Kraft der Gruppe genutzt werden, sagt Patricia Leonhardt, die das Café Hüftgold an der Ecke Ackerund Lindenstra­ße betreibt. Schnell stellte sich heraus, dass viele Nachbarn schon mit eigenen Ideen aktiv waren. Das Flingern-Nacht-Trio sammelt die Aktionen und publiziert alles auf Facebook und Instagram.

Welches Geschäft hat wann geöffnet? Wer gibt Rabatte? Organisier­t jemand Konzerte, um sie im Internet zu übertragen? Und wo gibt es Gutscheine zu kaufen? Wer braucht

Unterstütz­ung?

„Vergangene Woche war noch viel improvisie­rt, aber inzwischen klappt es gut“, sagt Moritz Wenz. Kunden würden ihre Stammgesch­äfte

in Flingern vermissen und suchten den Kontakt. „Bei mir im Hüftgold zum Beispiel sind manche Gäste jeden Morgen zur gleichen Zeit zum Essen gekommen“, berichtet Patricia Leonhardt. Nun seien diese Kunden froh, wenn sie den selbst gebackenen Kuchen abholen können. „Wenn ich einen Kuchen fertig habe, veröffentl­iche ich Fotos online, schon kommen die ersten Anfragen.“Ähnlich geht es auch Wenz und Stephani. Neue Ware wird fotografie­rt, auf Facebook gepostet und im besten Falle schnell verkauft.

„So haben wir alle einige Einnahmen, um wenigstens einen Teil der Kosten zu decken“, sagt Moritz Wenz. Aber es geht der Flingern-Gruppe nicht nur ums Geld. Ebenso wichtig sei, das gesellscha­ftliche Leben im Stadtteil zu erhalten. „Viele Nachbarn haben Sorgen wegen der Corona-Krise“, weiß Rike Stephani. „Diese Ängste können wir gemeinsam bewältigen.“Und irgendwann werde das öffentlich­e Leben wieder möglich sein, da sind sich alle einig. Nur wann, das ist zurzeit ungewiss. „Die Bürger in Flingern machen sich Gedanken über die Frage, was genau sie eigentlich an Flingern mögen und ob das in einem Vierteljah­r noch da sein wird“, hat Rike Stephani erfahren. Indem jeder nun durch Kaufen und Bestellung­en seine Händler supportet, könnte die Zeit bis zum Ende der Krise überstande­n werden.

Für die nächste Flingern-Nacht aber ist die Zukunft noch zu unsicher. Geplant war die Aktion für Juni, der Termin ist aber abgesagt.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Patricia Leonhardt, Moritz Wenz und Rike Stephani (v.l.) versuchen nun mit anderen Händlern rund um die Ackerstraß­e, das Viertel am Leben zu erhalten.

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