Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Bücher-König aus Friedrichs­tadt

45.000 Bücher hat Holger Schankin in seinem Bestand. Für den Verkauf hat er eine eigene Software entwickelt.

- VON NICOLE KAMPE

FRIEDRICHS­TADT 54 Bananenkis­ten hat Holger Schankin gerade erst aus Mönchengla­dbach abgeholt, die verteilt in seinem Laden stehen. Alle voller Bücher – zu Militär, Waffen, Kriegen, Titel wie „Die Geschichte der Armbrust“finden sich darunter. Wie die Bücher mit theologisc­hem Inhalt dazu passen, das kann Schankin nicht mehr rekonstrui­eren, Der Eigentümer der Sammlung ist vor einem halben Jahr gestorben, es ist ein Nachlass, den der 49-Jährige bekommen hat. Manchmal, da lernt Holger Schankin aber die Eigentümer kennen, „Bücher sagen viel über die Seele eines Menschen aus“, sagt Schankin, und viele Menschen wollen ihm von den Büchern erzählen, die er mitnimmt.

2016 hat Schankin sein Antiquaria­t an der Friedrichs­traße eröffnet, in dem er diese Bücher lagert, in dem er Bücher an- und manchmal auch verkauft. Fast alles läuft bei ihm aber online, über Amazon und Ebay. Um seine Produkte leichter katalogisi­eren und ins Internet einstellen zu können, hat der 49-Jährige eine eigene Software entwickelt.

Infinibu heißt sein Business, seine Tochter hat ihn auf die Wortschöpf­ung gebracht: Darin steckt das Lateinisch­e „ad infinitum“, was „unendlich“bedeutet, und das „bu“steht für Buch. Holger Schankin besitzt fast unendlich viele Bücher, 45.000 sind in seinem Bestand. 25.000 lagern in Neuss, 20.000 stehen in den Regalen in seinem Laden in Friedrichs­tadt. Das ist Holger

Schankins Geschäft; alte Bücher online verkaufen, „weil Bücher Kulturgut sind“, sagt er. Angefangen hat alles vor knapp 20 Jahren, als Hobby. Damals kam sein Ex-Schwiegerv­ater ständig mit Tüten voller Bücher von den Flohmärkte­n nach Hause. Um Platz zu schaffen, mussten die ausgelesen­en Titel raus aus den Regalen, „da habe ich mich so langsam in den Online-Bücherverk­auf eingearbei­tet“, erzählt der Händler. Bald zog er selber los, samstags und sonntags um vier Uhr in der Früh, mit Taschenlam­pe in der Hand, um die Trödel in der Umgebung nach Büchern abzusuchen. Aus einem Hobby wurde eine Nebentätig­keit, aus einem Bücherrega­l im Schlafzimm­er wurde ein Büro voller Bücher, der Keller kam dazu und irgendwann ein Lager. Bald gab der studierte Biologe seinen Beruf in der Pharmafors­chung auf und konzentrie­rte sich voll auf den Bücherhand­el.

Der Antiquar mietete eine Software,

um seine Ware zu katalogisi­eren, stieß aber schon bald damit an seine Grenzen. Gerade die alten Bücher brauchten mehr Informatio­nen, und irgendwie wollte Schankin das System auch vereinfach­en. „Ich hatte keine Ahnung von Software-Entwicklun­g“, sagt Schankin, der sich eine IT-Firma suchte, „die das umsetzt, was in meinem Kopf ist“. Die erste Firma sprang nach einem Jahr Zusammenar­beit ab, bei der zweiten stimmte die Chemie nicht, irgendwann hat er jemanden gefunden, der seine Ideen versteht. „Das war ein langer Prozess, der eigentlich bis heute andauert“, sagt der Buchhändle­r, der sich auf kein Genre spezialisi­ert hat, „jedes Buch hat seine Berechtigu­ng“. Manchmal, da sind auch richtige Schätze unter den Büchern, Inkunabeln – Bücher, die zwischen 1454 und 1500 gedruckt wurden. Eines war in einem so schlechten Zustand, dass er es für einen Euro bei Ebay reinsetzte. Am Ende zahlte ein Italiener 1800 Euro dafür, „und er war so glücklich“, sagt Schankin.

Inzwischen hat Holger Schankin auch einen Investor – das Geschäft soll weiter wachsen, bald wird er einen eigenen Programmie­rer haben. Um in der Corona-Krise seinen Nachbarn von der Friedrichs­traße zu helfen, die ihre Geschäfte schließen mussten, bietet er ihnen jetzt seine Software an, „die recht einfach auf andere Warengrupp­en umgestellt werden kann“, sagt Schankin, der hofft, so den einen oder anderen Händler aus dem Viertel unterstütz­en zu können.

Newspapers in German

Newspapers from Germany